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Markant. Die viereckigen Waben an den Verbindungsstücken der Fachhochschule werden ab der kommenden Woche demontiert. Solche Fassadenelemente sind typisch für DDR-Bauten. Wer eines der Teile für zu Hause oder das Büro haben möchte, kann sich bei der Pro Potsdam melden.

© Ralf Hirschberger/dpa

Fachhochschule Potsdam: Ein Stück FH für jedermann

Der Sanierungsträger verschenkt die viereckigen Waben der FH-Fassade. Die Bürgerinitiative „Mitteschön“ lädt am Sonntag zur Dinner-Demo.

Von Valerie Barsig

Potsdam - Ein Stück Ostmoderne zum Aufheben: Wenn am heutigen Freitag die Vorbereitungen für den Abriss der leer gezogenen Fachhochschule am Alten Markt beginnnen, können sich Potsdamer einen Teil der charakteristischen Waben-Fassade beiseitelegen lassen. Das gab die kommunale Bauholding Pro Potsdam, die mit ihrem Sanierungsträger den Abriss vollzieht, am Donnerstag auf PNN-Anfrage bekannt. Die erste Anfrage erhielt die Pro Potsdam über den Kurznachrichtendienst Twitter. Ein Nutzer namens Sebastian schrieb dort: „Kann ich eine Wabe für mein Büro haben?“ Die Pro Potsdam antwortete, er möge eine E-Mail mit seiner Anfrage senden – und sagte zu, jeden, der ebenfalls eine Wabe haben möchte, auf eine Liste zu setzen.

Die wird relevant, wenn die charakteristischen Teile der Fassade des umstrittenen Gebäudes ab nächster Woche demontiert werden. Ein Teil der Elemente soll dann dem Studienbereich Konservierung und Restaurierung der Fachhochschule als Lehrmaterial zur Verfügung gestellt werden, teilte der Sanierungsträger mit. Auch dem Potsdam Museum und dem Museum Barberini sollen Teile übergeben werden. „Wer privat Interesse an den Waben hat, kann sich an den Sanierungsträger wenden“, sagte Pro-Potsdam-Sprecherin Jessica Beulshausen. Der Sanierungsträger führe die Liste der Interessenten. „Dabei gilt das Prinzip: first come, first serve.“ Interessierte können sich per Mail an info@propotsdam.de melden.

Fassade war charakteristisch für DDR-Bauten der 70er-Jahre

Die Fassade mit den Lamellen und Formsteinen war in den 1970er-Jahren charakteristisch für die damalige DDR-Bauweise. Nach der Sprengung des Stadtschlosses und der Zerstörung des Potsdamer Stadtkerns im Zweiten Weltkrieg wurde bereits 1962 ein großer Gebäuderiegel westlich der Nikolaikirche geplant, heißt es auch im Buch „Das andere Potsdam“ von Autor Christian Klusemann. 1971 bis 1977 entstand schließlich das Institut für Lehrerbildung (IfL) – die heutige FH –, das von den Architekten Sepp Weber, Wolfgang Merz, Dieter Lenz und Herbert Gödicke geplant wurde. Die Fassade des damaligen IfL erinnere durch die plastische Fassadengestaltung mit Waben und Lamellen an das „Home Federal Savings and Loan“-Gebäude von Architekt Ludwig Mies van der Rohe in Iowa, schreibt Klusemann. In den vorliegenden Quellen habe er allerdings keinen Hinweis zu van der Rohe ausmachen können. Gleichzeitig seien die hervorspringenden Fassadenelemente der Versuch eines Bezugs auf das historische Potsdam, heißt es im Buch. Gleiches gelte auch für das „Potsdam-Gelb“ der Fassade, das sich auch am Schloss Sanssouci wiederfinde.

Fassadenelemente wie die viereckigen Formsteine oder Waben fanden sich allerdings ebenfalls an ähnlichen DDR-Bauten oder Warenhäusern aus der Zeit wieder. Denn solche „Betonstrukturelemente“ wurden in der DDR häufig genutzt, um monotone Fassaden, wie zum Beispiel an Plattenbauten, optisch aufzuwerten. Auch im Rosengarten auf der Freundschaftsinsel steht eine Betonmauer aus Formsteinen. Sie wurde von Gartenarchitekt Walter Funcke und der Landschaftsarchitektin Hiltrud Berndt zu den Weltfestspielen der Jugend und Studenten 1973 realisiert.

„Stadtmitte für alle“ kritisiert Verschenken der Waben

Das Verschenken der charakteristischen Waben-Formsteine der FH stößt bei André Tomczak vom Bündnis „Stadtmitte für alle“ auf Kritik. Es sei ein Unding, dass die Steine einfach verschwinden würden, sagte Tomczak. Nach der knapp zehnstündigen Besetzung der FH vor fünf Wochen ist die Lage angespannt. Mit der Verbretterung und zwei Kameras sorgen FH und Sanierungsträger im Vorfeld der beginnenden Abrissarbeiten für die Sicherung des Gebäudes. Die Bürgerinitiative „Mitteschön“ hingegen begrüße die Entwicklung in der Potsdamer Mitte, teilte Sprecherin Barbara Kuster mit. Am Sonntag lädt das Bündnis von 18 bis 22 Uhr zu einer Dinner-Demo auf dem Alten Markt ein. Dabei sollen Bilder und Filme zur Entwicklung der Mitte gezeigt werden. Zusätzlich wird es Führungen durch die Nikolaikirche sowie Essens- und Getränkestände geben. Ab 20 Uhr tritt die Band Mueckenheimer auf. Mit dem Fest wolle man mit den Potsdamern den Wiederaufbau der Mitte feiern, heißt es. Bereits vor zehn Jahren hatte eine Dinner-Demo für den Wiederaufbau des Stadtschlosses stattgefunden, zu der – wie auch jetzt – viele prominente Potsdamer eingeladen sind.

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