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Gummistiefel, Seil, Nagel: Im Güldenen Arm werden Werke von Günther Jahn gezeigt.

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Fabulierfreudige Fantasie: "Im Güldenen Arm" zeigt Werke von Günther Jahn

In aller Stille ist im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ eine Ausstellung mit Werken von Günther Jahn eröffnet worden.

Potsdam - Kraftvolle Farben durchdringen die Bilder, glühendes Rot und lichtes Blau leuchten, die gedeckten Farben glimmen eher leise hervor. Eine intensive Farbgebung durchpulst Günther Jahns Malerei. Im historischen Museumshaus „Zum Güldenen Arm“, das vom Kulturbund betrieben wird, wurde am Wochenende eine Ausstellung mit einer Werkauswahl des Malers Günther Jahn eröffnet, aufgrund der Corona-Einschränkungen in aller Stille ohne Besucher. Doch die Bilder kann nun jeder unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsbestimmungen betrachten.

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Günther Jahn, Jahrgang 1933, hat bis zu seinem Tod im Jahr 2011 in der ehemaligen Residenzstadt Sondershausen gelebt. Musik und bildende Kunst waren und sind prägend für diese Stadt. Jahn gehörte zu den Künstlern, die ab den 1960er-Jahren frischen Wind in seine Heimatstadt bringen wollten, unangepasst und ungefällig. Aber die Kulturzensoren der DDR waren misstrauisch und hatten ein scharfes Auge auf die Kunst von Günther Jahn.

Man warf Jahn westliche Dekadenz vor

1964 zeigte er in einer Ausstellung im Schlossmuseum Sondershausen unter anderen Holzschnitte. Er brachte expressive Porträts verschiedener Zeitgenossen aufs Papier, stilistisch in der klassischen Moderne angesiedelt. In den Gesichtern spiegeln sich die Brüche des Lebens und der Umwelt wider. Das geforderte neue optimistische Menschenbild ist auf ihnen nicht zu erkennen. Die Grafiken waren den SED-Oberen ein Dorn im Auge. Westliche Dekadenz warf man Jahn vor. Günther Jahn wurde öffentlich auf Versammlungen gemaßregelt. Angehende Bibliothekare, die in Sondershausen studierten, waren angehalten, sich kritisch über den Künstler zu äußern. Sie mussten einen Aufsatz schreiben, in dem die Frage „Entspricht die Gesamtkonzeption der Ausstellung der sozialistischen Kulturpolitik?“ zu beantworten war. Günther Jahn musste aus der Schlossgalerie die nicht genehmen Holzschnitte entfernen.

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"Man schafft eine neue Wirklichkeit"

Die seit vielen Jahren als Hornistin im Babelsberger Filmorchester wirkende Tochter des Künstlers, Katharina Jahn, hat die Günther Jahn Stiftung mit initiiert. Ihr sind die frühen grafischen Arbeiten ihres Vaters besonders ans Herz gewachsen. Trotz der schmerzvollen Erfahrungen, die Günther Jahn durch die staatlichen Eingriffe in seine künstlerische Freiheit erleben musste, war er von der künstlerischen Qualität der Holzschnitte überzeugt, so Katharina Jahn. Die eher selten gezeigten Blätter gehören jedenfalls zu den Höhepunkten der aktuellen Ausstellung „Im Güldenen Arm“, die von der Stiftung und privaten Sammlern ausgerichtet wird.

Der Besucher wird aber auch in eine andere Welt geführt, in Günther Jahns Sehnsuchtsland, das nicht festgelegt ist. Ein Arkadien wäre wohl nicht schlecht gewesen. Doch glücklicherweise konnte er selbst malen. An einen Freund schrieb der Künstler: „Man schreibt seine Träume und Gefühle und Ideen auf. Man bildet die Wirklichkeit nicht ab, sondern schafft eine neue Wirklichkeit. Es sind Bilder aus der inneren Anschauung, kleine Musikstücke oder kleine Gedichte, wenn du willst.“ Bei so manchen Bildern meint man, man nehme an verschiedenen Theateraufführungen in Öl oder in Pastell teil, denn des Malers Bildfindungen sind von fabulierfreudiger Fantasie. Geheimnisvolles, Rätselhaftes, Traumhaftes, Hintergründiges, Heiteres, Surreales und Abstraktes findet sich in ihnen. 

Günther Jahn, Der Grenzgänger, Malerei und Grafik von 1962 bis 2010, „Im Güldenen Arm“, Hermann Elflein-Straße 3, Mi-So 12 bis 18 Uhr. Finissage: 5. Juli, 15 Uhr

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