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Exklusiv: Sozial bauen in Potsdams Mitte? Lieber doch nicht

Es war Kern der Kompromisses zwischen Linke und Rathauskooperation, um das Bürgerbegehren gegen den Abriss von Fachhochschule und Staudenhof abzulehnen. Doch nun wollen die Potsdamer Wohnungsgenossenschaften gar keine Sozialwohnungen in der Stadtmitte bauen.

Innenstadt - Bezahlbares Wohnen in der Potsdamer Mitte – dafür sollten sich die Potsdamer Genossenschaften am Umbau der Mitte auf dem Stadtgrundriss aus der Vorkriegszeit beteiligen. So jedenfalls wurde von Seiten des Rathauses in der Debatte um das Leitbautenkonzept und das Bürgerbegehren gegen den Abriss von DDR-Bauten in diesem Jahr argumentiert. Doch nach PNN-Recherchen ist dieses Ziel mit den Genossenschaften gar nicht erreichbar.

Um den Genossenschaften den Einstieg in der Mitte beim Bau bezahlbarer Wohnungen zu erleichtern, will die Stadtverwaltung sogar die Verfahrensgrundsätze für die Grundstücksvergabe ändern. Eine Vorlage dazu wurde im Dezember in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht. Darin heißt es, die Änderung „zielt im Wesentlichen auf die Schaffung und Sicherung von bezahlbarem Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung ab“.

Die Genossenschaften wollen Wohnungen mit zwölf Euro Kaltmiete pro Quadratmeter

Aber daran sind die Genossenschaften offenbar kaum interessiert. Wie aus einem Schreiben an die Stadtverwaltung aus dem November hervorgeht, das den PNN vorliegt, rechnen die Genossenschaften mit Kaltmieten von zwölf Euro pro Quadratmeter im Monat, sollten sie wie beabsichtigt in sogenannten Block III – also direkt am Alten Markt – bauen. Zum Vergleich: Würden die Wohnungen mit Fördermitteln des Landes errichtet, würde von den Mietern nur 5,50 Euro pro Quadratmeter verlangt. Das Papier ist von den Vorständen der Genossenschaft „Karl Marx“, der Potsdamer Wohnungsgenossenschaften 1956 (PWG) und der Potsdamer Wohnungsbaugenossenschaft (PBG) unterschrieben. Die Genossenschaften hätten eine Planungsstudie erstellen lassen, um herauszufinden, wie viel nutzbare Fläche zu welchen Kosten im Block III entstehen könne, heißt es.

Im August klang das noch anders: Wenn man es mit dem Anliegen ernst meine, in der Innenstadt langfristig preisgünstigen Wohnraum anbieten zu wollen, müssten auch die Genossenschaften dort zum Zuge kommen, hatte PWG-Vorstand Wolfram Gay damals gesagt. An dem Ziel, den Block III komplett und gemeinsam mit anderen Genossenschaften zu bebauen, halte man fest, sagte Gay nun den PNN – aber ohne Fördermittel. Hintergrund sei, dass die Genossenschaft vorrangig ihre Mitglieder mit Wohnungen versorgen wolle. Das sei mit Belegungsbindungen für Inhaber eines Wohnberechtigungsscheins nicht deckungsgleich.

Bezahlbare Mieten sind für die Genossenschaft nicht sozialer Wohnungsbau

Ähnlich heißt es auch in dem Schreiben an die Stadtverwaltung: Man arbeite nicht gewinnorientiert. Die Genossenschaften wollen Wohnraum schaffen, „den wir für einen Teil unserer Mitgliedschaft als bezahlbar ansehen“. Unter „bezahlbar“ verstehe man nicht die Kostenmiete des sozialen Wohnungsbaus, sondern die langfristig verträgliche Miete für die eigenen Mitglieder.

Details stehen allerdings noch nicht fest. Die Änderung der Verfahrensgrundsätze für die Mitte, die unter anderem eine Vergabe zum Festpreis sowie anhand eines Nutzungskonzepts beinhalten sollen, wird im Januar in den Ausschüssen der Stadtverordnetenversammlung diskutiert. Erst wenn der Festpreis feststehe, könne man genau rechnen, so Sebastian Krause, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft „Karl Marx“. Es gebe noch viele offene Fragen. Auch Sozialwohnungen kämen weiter infrage. Jedoch müsse die Stadtpolitik klären, was sie unter bezahlbarem Wohnraum verstehe.

Fallen die Genossenschaften aus, bleibt nur die Pro Potsdam für Sozialwohnungen

Weiterhin Druck machen die Genossenschaften auch für eine dichtere Bebauung des Block III, der wegen der Gestaltungsvorgaben für die an historischen Vorbildern orientierten Leitfassaden an den Eckgebäuden als kostspielig gilt. Die Gebäudetiefe müsse auf 14 Meter erhöht werden. Außerdem sollen die Innenhöfe bebaut werden, um die Grundstücksflächen maximal auszunutzen.

Verzichten die Genossenschaften tatsächlich auf Fördermittel, könnte der Bau von Sozialwohnungen in der Mitte allein an der kommunalen Wohnungsbauholding Pro Potsdam hängenbleiben. Sie ist auch an anderer Stelle der einzige Investor in Potsdam, der in den vergangenen Jahren auf die 2014 neu aufgelegte Wohnungsbauförderung des Landes zurückgegriffen hat. Bisher steht sie zu ihren Plänen, auch in der Potsdamer Mitte Sozialwohnungen zu bauen.

Weniger gut sieht es indes für günstige Studentenappartements aus. Laut Leitbautenkonzept sollen sie auf einem Grundstück zwischen Bibliothek und Staudenhof errichtet werden. Die SPD hatte sich jüngst dafür stark gemacht, dass das Studentenwerk als Bauherr gewonnen werde. Der Standort sei zwar gut geeignet, sagt Studentenwerks-Chef Peter Heiß dazu. Leisten könne man sich ein Engagement in der Mitte aus eigenen Mitteln aber nicht. Kredite dürfe das Studentenwerk nicht aufnehmen, um die Investition vorzufinanzieren. So sei die Gesetzeslage in Brandenburg – im Unterschied zu den meisten anderen Bundesländern. Das sei misslich, sagte Heiß.

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