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Platzmangel. Weil die Mosche in der Straße Am Kanal zu klein wurde, beteten viele auf der Straße.

©  HK

Exklusiv: Platz für Moschee für Potsdams Muslime gefunden

Noch beten Muslime in Potsdam jeden Freitag in der Tropenhalle Biosphäre. Doch jetzt ist ein größeres Quartier gefunden - dort, wo die Al Farouk Moschee schon jetzt ihren Sitz hat: In der Straße Am Kanal im Stadtzentrum. Die Miete sollen die Muslime selbst zahlen.

Potsdam - Potsdams Muslime sollen ab Herbst nicht mehr in der Biosphäre beten müssen: Die Stadtspitze hat eine Möglichkeit gefunden, dem Verein der Muslime in Potsdam größere Räumlichkeiten zur Miete zur Verfügung zu stellen. Die Pläne stellt der federführende Ordnungsbeigeordnete Mike Schubert (SPD) zur Stunde gemeinsam mit dem Vereinsvorstand vor.

Der große Raum soll genügend Platz für die Freitagsgebete bieten 

Die Lösung für das besonders beim Freitagsgebet massive Platzproblem ist überraschend unkompliziert: Der Verein kann nach PNN-Recherchen ein an seine bisherigen Räumlichkeiten in der Straße Am Kanal 61 angrenzendes ehemaliges Heizhaus nutzen. Das Gebäude gehörte bisher der mehrheitlich kommunalen Energie und Wasser Potsdam (EWP), wurde aber nicht mehr als Heizhaus genutzt. Es soll über einen großen Raum verfügen, der genügend Platz für die Freitagsgebete, zu denen meist rund 200 Muslime kommen, aber auch für die Vereinsarbeit bietet. Nach PNN-Informationen ist der Verein der Muslime mit diesem Angebot der Stadt mehr als einverstanden und will sich in die Herrichtung des Heizhauses einbringen. Für die Anmietung der Biosphäre hatte das Land 30 000 Euro zur Verfügung gestellt. 

Es handelt sich um eine ordnungsbehördliche Maßnahme

Bereits seit Herbst 2016 finden die Freitagsgebete der Muslime, darunter zahlreiche Flüchtlinge, in der Veranstaltungshalle der Biosphäre im Bornstedter Feld statt - getrennt vom Betrieb der Tropenhalle. Dorthin hatte Ordnungsbeigeordneter Schubert die Gläubigen im Rahmen einer ordnungsbehördlichen Maßnahme ausquartiert, nachdem die Räume der Al Farouk Moschee Am Kanal zu klein geworden waren: Muslime mussten auf dem Gehweg beten, es kam feindliche Stimmung auf, die AfD nutzte dies und platzierte Infostände parallel zum Freitagsgebet. Um dem verfassungsrechtlichen Auftrag einer freien Religionsausübung gerecht zu werden, bot Schubert in dieser Situation im Rahmen einer sogenannten ordnungsbehördlichen Maßnahme die Biosphären-Halle als Ausweichort an. Klar war jedoch, dass es nur eine Interimslösung sein kann. Die Stadt zahlt für jedes Freitagsgebet 1500 Euro für Miete und Reinigung.

1000 Euro Miete soll der Verein der Muslime monatlich zusätzlich zahlen

Das soll mit dem Heizhaus anders werden: Für dieses soll der Verein der Muslime selbst Miete zahlen – die Rede ist von rund 1000 Euro im Monat. Damit sollen alle Kosten abgegolten sein. Die Summe war das Limit, das der Verein selbst genannt hatte; der Vorstandsvorsitzende Kamal Mohamad Abdallah betont immer wieder, der Verein lasse sich nicht aus fraglichen Quellen finanzieren, verfüge deshalb nur über begrenzet Mittel.

Vor gut vier Monaten waren die Potsdamer Muslime im Zuge einer Buchveröffentlichung des ARD-Journalisten Constantin Schreiber in die Kritik geraten.  Schreiber, der Arabisch spricht, hatte für das Buch „Inside Islam“ ein Freitagsgebet in Potsdam inkognito besucht und unter anderem klare Missionierungsaufrufe gehört. Zudem soll der Imam sich integrationsfeindlich geäußert haben. Die Potsdamer Muslime hatten sich gegen den Vorwurf gewehrt, erst kürzlich hatte ein vom Beigeordneten Schubert initiiertes klärendes Gespräch zwischen dem Muslimeverein-Vorsitzenden Abdallah und Journalist Schreiber stattgefunden; eine öffentliche Diskussion soll folgen.

Moschee und Vereinsräume im Zentrum sollen bei Integration helfen

Der brandenburgische Verfassungsschutz hatte nach der Veröffentlichung Schreibers keinen Anlass für eine Beobachtung des Potsdamer Vereins der Muslime gesehen. Es fehlten die nötigen Anhaltspunkt auf verfassungsfeindliche Bestrebungen, sagte Verfassungsschutzchef Carlo Weber Ende März dieses Jahres. Gleichwohl werde in den Predigten „ein ziemlich konservatives Islambild vermittelt“, das sicher die Integration nicht beschleunige, so Weber weiter. Einzelpersonen würden jedoch observiert.

Für die Stadtspitze ist klar: Es gibt keine Vorbehalte des Verfassungsschutzes, den Muslime-Verein ordnungsbehördlich zu unterstützen. Die jetzt gefundene Lösung mit der Moschee im Heizhaus wird von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD befürwortet. Die Verantwortlichen hegen wohl auch die Hoffnung, mit der zentralen Lage der neuen Räume der Al Farouk Moschee eine Vereinsarbeit zu befördern, die Flüchtlingen beim Ankommen hilft – ein Quartier weit außerhalb sei allein deshalb nicht infrage gekommen.

Auch die Potsdamer Tafel bekam Räume von der Stadt

Vermieter des Moschee-Heizhauses soll die Stadt werden; per Erbpacht soll das Gebäude von der EWP an den Kommunalen Immobilien Service gehen und dann direkt vom Verwaltungsfachbereich vermietet werden.

Eine ähnliche Lösung hat die Stadt für die Potsdamer Tafel gefunden, die eine neue Ausgabe- und Lagerstätte brauchte. Der Verein, der ehrenamtlich Lebensmittel an Bedürftige verteilt, mietet ebenfalls direkt von der Stadt. Ein städtisches Quartier hatte einst auch die Jüdische Gemeinde Potsdam erhalten – im Gebäude der ehemaligen Feuerwache in der Werner-Seelenbinder-Straße.

Über den neuen Raum der Al Farouk Moschee sollen heute die Anwohner schriftlich und die Muslime beim Freitagsgebet informiert werden – dann noch in der Biosphäre. 

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