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Wissenschafts- und Kunstmäzen Hasso Plattner.

© Andreas Klaer

Exklusiv-Interview: „Es gibt kein schöneres Grundstück“

Der Unternehmer und Mäzen Hasso Plattner über die Bedingungen seines neuen Angebots, seine alte Liebe für den Osten und den Plan, seine private Kunstsammlung in Potsdam zusammenzuführen

Herr Plattner, wie sind Sie darauf gekommen, eine Kunsthalle zu stiften?

Mit dem Gedanken trage ich mich schon länger. Ich denke, ich verstehe etwas von Kunst, es liegt mir nahe. Es wäre eine tolle Sache. Mäzenatentum in der Kunst ist ja nun wahrlich nichts Neues. In den USA ist es sogar eher die Regel, dass Kunsttempel privat finanziert worden sind.

Was treibt Sie da an?

Ich will etwas schaffen, was auch in einhundert Jahren noch da ist und Wert hat, wenn sich niemand mehr erinnert, wer Hasso Plattner war. Potsdam ist sicher ein idealer Ort. Die Stadt ist selbst ein ästhetisches Kunstwerk, hat aber keine Kunsthalle. Essen hat eine, Mannheim hat eine.

Was wollen Sie in der Kunsthalle zeigen?

Da muss ich etwas ausholen. Die Kunsthalle ist ein langfristiges Projekt, nichts, was man einfach so aus dem Boden stampft. Manches muss man jetzt tun, etwa ein Grundstück zu suchen, sonst hätten Sie ja auch nicht davon Wind bekommen. Stiften ist gar nicht so easy. Es sind also noch viele Fragen zu klären. Ich bin dabei, die bisher ausschließlich auf Ausbildung ausgerichtete Hasso-Plattner-Förderstiftung, über die unter anderem das Potsdamer HPI, das Hasso-Plattner-Institut, finanziert wird, um den Zweck der Kunstförderung zu erweitern. Da müssen andere Beteiligte, im wesentlichen die Familie Plattner, noch zustimmen. Die Stiftung wird sich darum kümmern, eine Kunstsammlung für die Halle aufzubauen.

Was für Kunst?

Ich habe als ersten Schritt veranlasst, eine Kunstsammlung mit Werken aus der ehemaligen DDR und aus den neuen Bundesländern anzulegen, also Kunst aus dieser Region, aus den letzten 60 Jahren. Wenn DDR-Künstler in den Westen gewechselt sind, hatten sie die Chance, berühmt und damit teuer zu werden. Ich glaube, dass die Dagebliebenen auch gute Kunst gemacht haben. Diese möchte ich ausstellen. Einige Bilder hängen bereits im Hasso-Plattner-Institut, weitere werden langsam über Organisationen angekauft. Diese Kunst wird den ersten permanenten Ausstellungsteil der Halle bilden, die zudem mit wechselnden Ausstellungen bestückt werden soll.

Was fasziniert Sie an sozialistischen und postsozialistischen Bildern?

Ich bin ja Westberliner, der Osten hat mich immer interessiert. Ich hatte keine Berührungsängste, habe Ostfernsehen geguckt, mich an Olympiasiegern aus der DDR genauso erfreut, besonders, wenn sie aus Berlin oder dem Umland kamen. Das waren ja nicht wenige. Ich habe nicht pauschal mitgemacht, wenn alles, was nur irgendwie mit DDR zu tun hatte, als schlecht bezeichnet wurde. Ich habe eine nostalgische Beziehung zu dem Landstrich, der Berlin umgibt. Das war ja auch der Grund, warum ich mit dem Hasso-Plattner-Institut nach Potsdam gegangen bin. Als ehemaliger Havelländer fühle ich mich dieser Region verpflichtet, obwohl ich in Baden-Württemberg mein Geld verdient habe. Für die Kunsthalle wäre Potsdam ein sehr schöner Standort, die Stadtverwaltung und an vorderster Stelle der Oberbürgermeister möchten natürlich, dass es Potsdam wird.

Das klingt, als wäre es nicht definitiv?

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin dazu bereit. Aber wenn ich eine Kunsthalle bauen lasse, muss sie in der Stadt gewollt, darf nicht aufgesetzt sein. Ich will nichts aufzwingen. Wenn ich das Gefühl habe, dass sie nicht gewollt wird, dann werde ich es nicht machen. Ich habe überhaupt keinen Grund, mich gegen die Bevölkerung in der Stadt zu stellen, selbst wenn es eine Minderheit ist. Die Kunsthalle ist ein Anliegen, das von vorne bis hinten Freude machen soll. Wenn es die nicht macht, werde ich es nicht tun.

Erste Wahl für Ihre Kunsthalle ist das Grundstück in Potsdams Mitte vis-à-vis des Stadtschlosses, wo jetzt der Plattenbau des Hotel Mercure steht.

Für eine Kunsthalle gibt es in Deutschland kein schöneres Grundstück. Wenn es zur Verfügung stehen würde, dann wäre es ein Klassiker, insbesondere, wenn man ein Gebäude will, das der Bevölkerung völlig zugänglich ist. Es ist wahrscheinlich in ganz Deutschland der fantastischste Bauplatz. Er ruft danach, dass er langfristig öffentlich genutzt wird, nicht durch ein irgendwie geartetes Wirtschaftsunternehmen, eine Verwaltung oder gar einen Wohnblock.

Sie kennen die Potsdamer Streitlust. Sie befürchten, dass es Debatten um den Abriss des Hotels gibt?

Natürlich, das ist ja auch nicht einfach. Ich lese die PNN, ich lese die kritischen Stimmen. Manche betrachten das Hotel als Aushängeschild der Architektur der 70er und 80er Jahre in Potsdam. Auf der anderen Seite: Ich will gar nicht die nostalgische Diskussion über das barocke Potsdam aufmachen. Das Hotel passt nicht an diesen Platz. Aber das ist eine Sache, die die Stadt mit sich, mit der Bürgerschaft austragen muss. Ich bin dafür nicht genügend Potsdamer, bin ja nicht einmal richtiger Bürger der Stadt, sondern habe nur einen Nebenwohnsitz hier. Das muss Potsdam entscheiden.

Dennoch, Sie wollen das Hotel-Grundstück für die Kunsthalle kaufen?

Es ist für die Kunsthalle ein erstklassiger Kandidat. Wenn es zur Verfügung steht, würde die Hasso-Plattner-Förderstiftung es kaufen. Es gibt aber auch andere Grundstücke in Potsdam. Sie können sich vorstellen, dass der Standort gegenüber dem Schloss ein anderes Preisschild hat als ein etwas bescheideneres Areal anderswo in der Stadt. Die Stadtverwaltung hat mir auch Alternativen vorgeschlagen, da gibt es welche, die attraktiv, andere, die nicht geklärt sind. Sie wissen ja, Liegenschaften in Potsdam sind ein Dauerthema. Vor 20 Jahren wäre es noch leichter gewesen, jetzt sind viele Grundstücke schon weg. Es gibt natürlich vom Rathaus gewisse Präferenzen, gleich das Problem mit dem Hotelbau zu lösen. So leicht findet man ja keinen, der eine Kunsthalle baut. Aber wie gesagt: Es muss eine Sache sein, die Spaß macht. Ich brauch’ das nicht, und ich brauche schon gar keinen Ärger deswegen.

Wann rechnen Sie mit einer Entscheidung zum Kauf des Mercure-Grundstücks?

Das muss derjenige sagen, dem das Grundstück heute gehört. Außerdem gibt es baurechtliche Dinge zu klären, es existieren Verträge. Diese Probleme kann ich nicht lösen. Ich kann nur zusagen: Sollte es das freie Grundstück geben, sollten die Probleme gelöst sein, dann wäre es sehr interessant, dann werde ich nicht absagen. Es ist klar von mir identifiziert, dass das ein einmaliger Standort für die Kunsthalle ist.

In Potsdam findet man nahezu alle historischen Baustile, aber es fehlt ein spektakulärer Bau der Neuzeit. Ist das Ihr Ansatz?

Ja, die Kunsthalle muss modern sein. Wenn es der Standort in der Nähe des Schlosses wird, das ja sehr nah nach dem Original von Knobelsdorff gebaut wird, dann muss sich die Kunsthalle zurücknehmen – oder abheben. Es muss etwas Modernes, Gutes, aber Bescheidenes werden. Man kann in Potsdam nichts Verrücktes machen wie in Bilbao

Sie meinen Frank O. Gehrys avantgardistisches Guggenheim-Museum

ja, das passt in Potsdam nicht in die Landschaft. Das habe ich dem Oberbürgermeister auch zugesagt: Wenn wir die Kunsthalle in Potsdam bauen, dann abgestimmt, mit Rücksicht auf das Gesamtstadtbild.

Haben Sie einen Wunsch-Architekten?

So weit ist es noch nicht. Ich beschäftige ein Architekturbüro, um überhaupt eine Vorstellung zu bekommen, wie so etwas aussehen kann. Ich habe ja in meinem Leben noch nie ein Museum gebaut. Es gibt erste Skizzen, die aber noch nicht diskussionsfähig sind. Es ist etwas anderes als ein Office-Gebäude, das man hochzieht wie das HPI oder der Bürokomplex in der Rudolf-Breitscheid-Straße, der bald fertig ist. Mit dem Museum geht das so nicht.

Sie würden mit der Kunsthalle eine lang beklagte Lücke im kulturellen Angebot füllen, da Potsdam bisher kein Kunstmuseum hat.

Ja, Potsdam hat eine Gemäldesammlung vom Alten Fritz in Sanssouci, aber nicht viel mehr. Als Berliner könnte ich natürlich überlegen, mit der Kunsthalle nach Berlin zu gehen. Der Regierende Bürgermeister würde das sicher gern sehen. Doch in Berlin gibt es viel, die Stadt ist mit staatlichen und privaten Galerien bestens versorgt. Es ist einfach so: Was auch immer ausgestellt wird, in Potsdam würde es viel mehr Aufmerksamkeit erregen als in Berlin.

Sie sind selbst leidenschaftlicher Kunstsammler. Verraten Sie, was Sie mit diesen Schätzen vorhaben?

Eigentlich nicht, ich kann aber eines verraten: Ich fällt mir schon schwer, mich von Autos zu trennen, die ich einmal gekauft habe. Das geht sehr langsam, die stehen dann rum, sind eigentlich noch fahrbereit, aber werden nicht mehr benutzt. Mit Bildern ist es ganz anders. Von Bildern, die ich einmal erworben habe, trenne ich mich nicht. Ich möchte deshalb auch vorsorgen, dass, wenn bei mir einmal der Erbfall eintritt, meine Sammlung, meine Bilder, die ich über viele Jahre erworben habe, nicht bei einer Auktion bei Sotheby’s oder Christies auseinander gerissen werden. Es wird deshalb sicher so sein, dass – vorbehaltlich der Zustimmung der Erben, die da ein gewisses Mitbestimmungsrecht haben – Bilder aus dem Privatbesitz der Familie Plattner über die Zeit in das neue Museum einziehen werden.

Das heißt, Potsdams Plattner-Kunsthalle kann auch auf Meisterwerke der Klassischen Moderne hoffen?

Ja, wenn es denn diese Kunsthalle gibt, dann ist das eine zwangsläufige Geschichte. Man kann es so sagen: Es wird Zuwachs aus der privaten Plattner-Sammlung zur ständigen Ausstellung geben.

Sie tun soviel Gutes für die Stadt, das Hasso-Plattner-Institut, das Schloss, jetzt eine Kunsthalle. Was wünschen Sie sich im Gegenzug von Potsdam?

Ich kann mir vorstellen, dass es die üblichen Diskussionen gibt. Ich sage noch einmal ganz klar: Das ist eine Sache der Potsdamer. Wenn sie sagen, ach, so etwas wollen wir nicht, jetzt bestimmt noch der Herr Plattner, was in der Stadtmitte gebaut wird, dann geht es nach Kreuzberg, Friedrichshain oder irgendwo anders in Berlin, obwohl dort kaum ein Hahn danach kräht. Ich mache nichts, wenn wesentliche Teile der Stadt nicht damit einverstanden sind. Ich bin nicht autorisiert als Bürger, als geborener oder lebenslanger Potsdamer. Die haben andere Rechte, über Potsdam zu diskutieren. Ich will nicht als Fremdkörper auftreten.

Das Interview führte Sabine Schicketanz

ZUR PERSON

Hasso Plattner wurde am 21. Januar 1944 in Berlin geboren. Gemeinsam mit vier Partnern gründete er 1972 den Softwarekonzern SAP mit Sitz in Walldorf. Das Unternehmen machte ihn reich: Laut der Liste des Wirtschaftsmagazins „Forbes“ beläuft sich Plattners geschätztes Vermögen auf knapp sieben Milliarden US-Dollar. Er gehört damit zu den reichsten Deutschen. Der passionierte Golfer und Regattasegler engagiert sich seit dem Ende der 90er Jahre in Potsdam. Er gründete am Griebnitzsee das nach ihm benannte Institut für Softwaresystemtechnik, das er privat finanziert – bislang mit rund 200 Millionen Euro. Wenn Plattner in Potsdam weilt, wohnt er auch am Griebnitzsee: Er hat bekanntlich die von Mies van der Rohe erbaute Villa Urbig gekauft, in der während der Potsdamer Konferenz Großbritanniens Premier Winston Churchill residierte. Plattner spendete insgesamt 22 Millionen Euro für Fassade und Kupferdach des Landtags.

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