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Die Zentrale der ILB in der Potsdamer Steinstraße.

© mdf

Ex-ILB-Hochhaus in Potsdam-Babelsberg: Der Staat als Mieter

Das Land Brandenburg verzichtete auf den Kauf des früheren ILB-Komplexes in der Steinstraße in Potsdam-Babelsberg. Staatliche Institutionen zahlen jetzt Miete an einen Privatinvestor.

Babelsberg - Wo einst die Landesförderbank ILB bis zu ihrem Umzug in die neue Zentrale am Potsdamer Hauptbahnhof residierte, ziehen nach und nach neue Mieter ein. Es sind Behörden des Landes und öffentlich-rechtliche Anstalten. So verlegt das Landesamt für Statistik Berlin-Brandenburg mit seinen 150 Mitarbeitern im Dezember seinen Sitz von der Behlertstraße in das Büro-Hochhaus in der Steinstraße am Stadtrand. Der Landesbetrieb für Straßenwesen belegt einen Querriegel des Gebäudes. Zudem wird die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, kurz Bima, als möglicher Mieter gehandelt.

Auch die Kriminalpolizei könnte von der Henning-von-Tresckow-Straße in die Steinstraße umziehen. Der Grund: Die Büros in der Innenstadt sind marode und müssen laut Finanzministerium nach einer Havarie – weil Wasser in die Büros eindrang – saniert werden. Ein Mietvertrag für Büros in dem früheren ILB-Komplex sei noch nicht geschlossen worden, derzeit liefen noch Absprachen, teilte das Polizeipräsidium mit. Doch aus dem Umfeld von Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke heißt es, es laufe auf die Steinstraße hinaus. Daneben haben nach offiziellen Angaben die Stadtwerke Potsdam ebenfalls Flächen angemietet. 

Landesbetrieb, Landesamt, vielleicht sogar Polizei und Bima – es sind alles Behörden, staatliche Unternehmen und eine Anstalt des öffentlichen Rechts, die staatliche Aufgaben erfüllt. Doch die Miete zahlen sie, also der Staat nicht ans Land – sondern an einen Privatinvestor. Zwar erklärte das Finanzministerium auf PNN-Anfrage, das Gebäude sei dem Land nicht zum Kauf angeboten worden. „Der Erwerb des Gebäudes durch das Land war nicht Gegenstand der Verhandlungen, da zum Zeitpunkt des Verkaufs des Grund und Bodens kein dauerhafter Landesbedarf für das gesamte Gebäude bestand. Dies gilt bis dato.“

Doch nach PNN-Informationen hatte das Land Brandenburg zumindest ein Vorkaufsrecht für die Immobilie. Denn ihm gehörte Grund und Boden. Per 1995 vereinbarter Erbbaupacht errichtete das Unternehmen Deutsche Anlage-Leasing den Bürokomplex und vermietete ihn an die ILB. Als die den Vertrag nicht verlängerte, habe der Gebäudeeigner „eine Anschlusslösung für das Objekt“ suchen müssen. Dabei habe sich der Erbbaupachtvertrag als Problem „bei der Platzierung des Objektes am Markt“ erwiesen. Deshalb habe der Gebäudeeigner den Erwerb des Grundstücks begehrt. Und damals habe lediglich Bedarf für den Landesbetrieb für Straßenwesen bestanden, der weniger als 25 Prozent der Büros mietet – das aber für mindestens zehn Jahre. Ein Erwerb des Gebäudes durch das Land sei deshalb nicht in Betracht gekommen.

Wie viel das Land ein Ankauf gekostet hätte, wieviel der Käufer, die Cells Group, zahlte und wie hoch nun die Miete für die staatlichen Institutionen ist, darüber herrscht Stillschweigen. Auch darüber, dass ILB-intern ein Kauf durch das Land – für etwa elf Millionen Euro – durchaus Thema war. Ebenso ist fraglich, ob tatsächlich kein dauerhafter Landesbedarf besteht, wenn nun der Großteil der Büros von staatlichen Institutionen belegt ist.

Ende September hatte die in Berlin und München ansässige Cells Group verkündet, dass sie das Bürohochhaus im Frühjahr für einen deutschen Privatinvestor erworben und die Verwaltung übernommen habe. Bereits im zweien Quartal habe das Unternehmen Mietverträge für 12 800 von insgesamt 18 400 Quadratmetern Bürofläche abgeschlossen. Eine Vermietungsquote von 70 Prozent also, wie das Unternehmen stolz verkündete. „Weitere Mietverträge sollen bis zum Jahreswechsel abgeschlossen werden, um eine zeitnahe Vollvermietung sicher zu stellen“, heißt es in der Erklärung vom September. Gemeint ist etwa die Polizei.

Hätte das Land den Bürokomplex gekauft, würde die Miete der staatlichen Institutionen an den Brandenburgischen Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen gehen. Dieser untersteht dem Finanzministerium, geführt von Christian Görke, der auch Vize-Ministerpräsident der rot-roten Regierung und Landeschef der Linken ist. Alexander Fröhlich

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