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Europameisterschaft der Tierpräparatoren: Täuschend echt

Der Potsdamer Tierpräparator Christian Blumenstein holte Platz zwei bei der Europameisterschaft der Tierpräparatoren in Salzburg.

Neugierig beobachten die beiden Gelbhalsmäuse mit ihren kugelrunden Knopfaugen, wie der Hirschkäfer den Baumstamm hochkrabbelt. Der dicke schwarze Käfer mit seinem mächtigen Kiefer scheint so groß wie die beiden Nager zu sein. Fast meint man, dass sich die Tiere bewegen und jeden Moment aufeinandertreffen werden.

Am vergangenen Wochenende hat Christian Blumenstein, der Präparator des Naturkundemuseums Potsdam, für sein Exponat der beiden Mäuse und des Hirschkäfers einen Sonderpreis der Europameisterschaft der Tierpräparatoren in Salzburg bekommen. Mit seiner Arbeit konnte Blumenstein den zweiten Platz in der Kategorie „Award of Excellence“ belegen. Blumenstein war insgesamt mit sieben Exponaten bei der Europameisterschaft vertreten, die alle sehr gute Bewertungen von der Jury bekamen.

Blumensteins Arbeiten sind nicht nur detaillierte Abbildungen von der Natur und ihren Tieren, sondern sehr ästhetische, künstlerische Kompositionen, die einen erstaunen. Da rekelt sich der Fischotter auf seinem Rücken im Kiesbett eines Seeufers und blickt in die Augen eines wunderschönen Eisvogels, der auf einem nahen Ast thront. Oder es beobachtet eine kleine, auf ihren Hinterbeinen stehende Maus im herbstlichen bunten Blätterdickicht eine Fliege auf einem Fliegenpilz. Alle Präparate von Blumenstein wirken täuschend echt. Der Präparator, der seit 1985 im Naturkundemuseum arbeitet, nimmt seit 20 Jahren an den Meisterschaften teil. 2008 und 2012 konnte er sogar den Weltmeistertitel der Präparatoren holen. Seine Arbeiten für das Naturkundemuseum seien allerdings weniger aufwendig als die für die Meisterschaften, erklärt Blumenstein bei der Präsentation seiner diesjährig prämierten Exponate am Donnerstag. „Für die Sammlung im Museum zu präparieren macht auch viel Spaß, ist aber weitaus weniger kreativ“, sagt der 50-Jährige. Im Museum, mit seinen – mittlerweile einer halben Million – Exponaten, wird die Natur Brandenburgs gesammelt und archiviert. Die Ausstellungen und Sammlungen sollen die Entwicklungen in der Artenvielfalt darstellen, Einblicke in die biologische Vielfalt und wissenschaftliche Untersuchungen ermöglichen, erklärt Blumenstein. Daher müssen die Exponate authentisch und anatomisch korrekt sein. „Alle Materialien sind echt“, sagt Blumenstein. Auch die Äste, Blätter und Pilze, die er für manche Arbeiten benutzt.

Blumenstein hat bereits in den frühen 80er-Jahren ein Praktikum im Naturkundemuseum gemacht und durfte damals bei der ersten Dauerausstellung mithelfen, wo er grüne Wiesen präparierte. „Das hat mich einfach geflasht“, erzählt er. Seine Leidenschaft für die Natur und das Präparieren habe aber schon im Kindesalter angefangen. Ganz klassisch, wie er sagt, als Käfersammler mit 13 Jahren. „Da bin ich mit Opa auf die Wiese. Mit dem Kescher.“ Das war damals im Fläming, in Borkwalde. Seine Ausbildung hat Blumenstein später im Museum für Naturkunde in Berlin und im Naturkundemuseum Potsdam, damals noch dem Bereich Naturkunde des Potsdam Museums, abgeschlossen. An sein erstes Präparat kann er sich nicht mehr erinnern. Und auch, wie viele Präparate er im Jahr anfertigt, kann er nicht genau beantworten. Kein Wunder, denn Blumenstein arbeitet an mehreren 100 in jedem Jahr. Allein 20 Wölfe habe er im vergangenen Jahr präpariert. Und vor allem bei Projekten mit Insekten und Fischen kämen sehr schnell viele Exponate zustande. Seine Werkstatt befindet sich im zum Naturkundemuseum gehörenden Nachbargebäude und nimmt eine ganze Etage ein.

„Ich brauche sehr frische Exponate“, erklärt der Präparator seine Arbeit. Wenn die Tierkörper bereits vertrocknet seien oder der Verfallsprozess eingesetzt habe, sei eine Präparation nicht möglich. Meistens wird dabei die Haut der Tiere abgezogen, gewaschen, gegerbt und dann auf Kunststoffkörper gezogen. Drähte ersetzen die Gelenke. Bei kleineren Tieren könne auch das Zellwasser durch Hartwachs ausgetauscht werden. Für die Ausstellungen und Meisterschaften werden die Exponate nachgearbeitet. „Die Augenlider schrumpfen beim Präparieren. Den flüssigen Ring ersetze ich dann künstlich, damit es möglichst echt aussieht.“ Wichtig für seine Arbeit sei vor allem, die Referenzen zu kennen, eigene Beobachtungen in der Natur zu machen. Blumenstein, der sich bestens in Naturkunde und Biologie auskennt, ist nebenbei seit vielen Jahren als Naturfotograf unterwegs.

Das Naturkundemuseum zeigt Blumensteins Präparate der diesjährigen sowie vergangener Meisterschaften am 17. und 18. März von jeweils 9 bis 17 Uhr. Blumenstein wird vor Ort sein und Fragen zu seiner Arbeit und Naturkunde im Allgemeinen beantworten.

Sarah Stoffers

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