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Etwas HELLA: Schafe weiden im Stadtkanal

Stadtkinder kommen viel zu selten mit Tieren in Berührung. Der nächste Bauernhof ist weit und Potsdam hat noch immer kein funktionierendes Tierheim mit einem Kleintierzoo.

Stadtkinder kommen viel zu selten mit Tieren in Berührung. Der nächste Bauernhof ist weit und Potsdam hat noch immer kein funktionierendes Tierheim mit einem Kleintierzoo. Es gäbe allerdings schon jetzt Möglichkeiten. Kind und Tier auch in der Stadt zusammenzubringen und Ressourcen zu nutzen, die bisher brachliegen. Ich könnte mir nämlich vorstellen, dass Potsdam einen Wanderschäfer einstellt, der die kuschligen Wollträger über all die Wiesen und Grünanlagen führt, bei denen es offenbar zu viel Mühe macht, sie in Schuss und das wuchernde Grün kurz zu halten.

Als besondere Möglichkeit böte sich da der Stadtkanal an. Die Herde sollte wegen der überschaubaren Menge an Gras nicht allzu groß sein. Dafür aber sind die Schafe dort, erst einmal in den Stadtkanalgraben bugsiert, sicher. Sie können nicht ausbüchsen und der Wanderschäfer hätte Zeit, kurz um die Ecke mal ein Bierchen zu trinken oder sich die kostenlose Ausstellung über Potsdams Geschichte anzusehen. Wenn er dann auch noch bei der Fotoausstellung von Max Baur vorbeischaut, kann er sogar entdecken, wie schön der Stadtkanal – mit Wasser drin – früher einmal ausgesehen hat.

Leider kann man nicht damit rechnen, dass sich Freunde vom Stadtkanalverein, den es ja einmal gegeben haben soll, zu den Gras rupfenden Bählämmern gesellen. Man hört so gar nichts mehr von ihm und seinen ambitionierten Plänen. Dabei wäre gerade bei zwei, drei den Stadtkanal abweidenden Tieren menschliche Gesellschaft sehr gut. Denn erstens essen Menschen selten Gras oder Löwenzahn, es sei denn, Letzterer ist mit Essig und Öl als Salat angerichtet. Sie sind also keine echte Weidekonkurrenz. Und zweitens könnten sie für nette Gesellschaft sorgen, denn das Schaf ist wie der Mensch ein Herdentier. Doch egal ob Verein oder nicht, die Schafliebhaber würden ihre Kinder mitbringen und alle gemeinsam könnten sich darüber unterhalten, welche grundsätzlichen Möglichkeiten so eine Kanalwiese im Besonderen und der vor sich hin wartende Stadtkanal im Allgemeinen hat. Und die Hobbyschäfer dürften den Vierbeinern elegant aus dem Graben helfen, wenn es – natürlich mit Wanderschäfer – zur nächsten Weide geht.

Ich würde mich, kommt das Projekt zustande, sogar verpflichten, eine Aufstellung von Wiesen und Weiden zu machen, die ebenfalls eher wie eine grüne Hölle statt wie eine gepflegte städtische Grünanlage aussehen. Ich mache das natürlich kostenlos, denn ich weiß, die Stadt muss sparen. Vielleicht kriege ich etwas Wolle zum Pulloverstricken ab. Die Schafskötel würde ich allerdings nicht aufsammeln. Aber wen stören die schon in einem Stadtkanal, der still vor sich hin grünt und auch mal gedüngt werden muss, wenn schon sonst nichts Aufregendes mehr dort passiert.

Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam

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