zum Hauptinhalt

Etwas HELLA: Chinesen passen auch noch rein

Morgens halb zehn in Deutschland, speziell in der Brandenburger Straße: Knoppers muss man da nicht knabbern. Man kann vielmehr ganz gemütlich frühstücken gehen oder auf die Schnelle etwas einkaufen, denn an Bäckereien und Cafés mangelt es wirklich nicht in Potsdams Flaniermeile.

Morgens halb zehn in Deutschland, speziell in der Brandenburger Straße: Knoppers muss man da nicht knabbern. Man kann vielmehr ganz gemütlich frühstücken gehen oder auf die Schnelle etwas einkaufen, denn an Bäckereien und Cafés mangelt es wirklich nicht in Potsdams Flaniermeile. Die Stühle sind schon herausgestellt und die Kissen auf die Sitze gelegt, falls es gerade mal nicht regnet in diesem Sommer. Der Lieferverkehr rollt langsam ab und der heftige Ansturm hat noch nicht eingesetzt. Der kommt erst später.

So gegen 12 Uhr ist es vorbei mit der Gemütlichkeit. Potsdamer und jede Menge Touristen wuseln im Zickzack-Marathon durch die Straße. Fragt sich nur, wer mehr Stehvermögen hat und den Platz auf der Straße gewinnt: der Mensch oder einer der vielen Werbe-Aufsteller. Die sind schon wieder trotz guter Vorsätze, einfühlsamem Verständnis für Blinde und Sehbehinderte und der nicht gerade heftigen Angst vor dem Ordnungsamt bis in die Straßenmitte vorgerückt. Was leider öfter zu blauen Flecken führt. Am Menschenbein, nicht beim Aufsteller. Es sei denn, man führt rachsüchtigerweise Farbbeutel mit sich.

Aber ich will niemanden anstiften. Trotzdem ist noch jede Menge Platz in der Straße für Musikanten, Tierschützer, Bauarbeiter, die immer wieder das Pflaster flicken, Baustelleneinrichtungen und die paar Chinesen, die der Geschäftsführer der Potsdam-Marketing und Service GmbH gern noch hier hätte. China sei der Tourismus-Markt der Zukunft, sagt er. Chinesen sind ja meist klein und zierlich. Allerdings auch manchmal laut, wenn sie in größeren Gruppen anreisen. Aber das sollen Gruppen ja bekanntlich immer sein, wenn sie zuhauf kommen. Mallorca singt davon gerade ein Abschiedslied an die saufenden und randalierenden Deutschen. Und ehe die Chinesen den Babelsberger Park oder den Heiligen See als Badeparadies entdecken, ist garantiert noch etwas Zeit. Laut Potsdam-Tourismus-Chef sind Chinesen in Potsdam nämlich unterrepräsentiert.

Und dann kann man Touristenströme ja auch lenken. Zum Beispiel in die Brandenburger Straße. Wer hätte gedacht, dass wir einmal nicht mehr neidisch auf Sanssouci blicken, das den Touristen-Ansturm kaum bewältigen kann, während in der Brandenburger gähnende Leere herrscht. Vorbei, vorbei und das ist nicht nur dem Barberini-Effekt zu danken, behaupte ich mal kühn.

Nun sollte man den Chinesen doch endlich noch die Biosphäre im Bornstedter Feld anbieten, egal ob sie daraus ein Haifischbecken oder einen Skiabfahrtsslalomberg machen. Ich kann den Vorschlag nicht oft genug wiederholen, denn dann wäre das Problem mit der überteuerten Tropenhalle ja vielleicht gelöst.

Aber egal ob das mit der Biosphäre klappt oder nicht: Spätabends in Deutschland, speziell in der Brandenburger Straße, habe ich das Terrain wieder ganz für mich. Nur die Stühle sind dann leider reingeräumt oder angekettet.

Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false