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Etwas HELLA: Bahn frei!

Autofahrer aufgepasst, in Potsdams Innenstadt kündigt sich Erschreckendes an. Die Fußgänger wollen sich die City zurückerobern und dort ganz entspannt flanieren, wie sie es bereits ohne Gewissensbisse in der Brandenburger Straße tun.

Autofahrer aufgepasst, in Potsdams Innenstadt kündigt sich Erschreckendes an. Die Fußgänger wollen sich die City zurückerobern und dort ganz entspannt flanieren, wie sie es bereits ohne Gewissensbisse in der Brandenburger Straße tun. Dort versuchen sie sogar schon den Lieferverkehr zu beeinträchtigen, wenn er die Morgenstunden überschreitet. Zukünftig soll es auch in der Friedrich-Ebert-Straße verkehrsärmer zugehen. Und wenn man dieser Entwicklung nicht entgegentritt, dann kommen womöglich noch Nebenstraßen wie die Gutenbergstraße oder die Mittelstraße im Holländischen Viertel dran. Welch schrecklicher Gedanke.

Schließlich hat sich die Menschheit nicht über Jahrzehnte weiterentwickelt, hat geforscht und sich das Leben durch technische Helfer erleichtert, um nun wieder zu den Fußlatschern zurückzukehren. Haben wir es nicht alle eilig und keine Zeit zu vergeuden? Wer Bewegung braucht, kann ja ins Fitnesscenter gehen und sich auf einem – natürlich motorgetriebenen – Laufband abstrampeln oder auf einem Ergometer-Fahrrad etwas für seine Beinmuskeln tun.

Wenn es also am 23. April eine Diskussion zu Verkehrsveränderungen in der Friedrich-Ebert-Straße gibt, gehen Sie hin und wehren Sie den Anfängen! Es gibt nämlich so unverständige Beinarbeiter, und dazu gehören auch die Fahrradfahrer, die am liebsten eine ganz und gar autofreie Innenstadt hätten, nachdem die Geschäfte beliefert sind. Solche gruseligen Beispiele soll es schon in anderen Städten geben. Die wollten das so.

Aber, und da bin ich ganz sicher, die Potsdamer Autofahrer wollen das nicht. Und Parkplätze brauchen sie, natürlich alle, auch die, die gar nicht in der Innenstadt wohnen. Nur wenn das zusammenklappbare Auto, das man auf dem Hausflur oder dem Bürgersteig abstellen kann, endlich erfunden ist, könnte man – vielleicht – darüber diskutieren.

Außerdem muss ich dem Argument, die völlig kahlen Straßenansichten wären unerträglich und öde, sollte zum Beispiel in der Mittel- oder Gutenbergstraße das Parken eingeschränkt werden, sofort zustimmen. Wer käme wohl auf die Idee, Händler und Gastronomen würden die Freiräume ausstaffieren? Und das vielleicht auch noch hübsch und gemütlich? In der Friedrich-Ebert-Straße ist der große Kahlschlag zum Glück nicht zu befürchten. Straßenbahn und Busse müssen da weiterhin durch. Es gibt Haltestellen, sogar hin und wieder eine Bank und – wenn gar nichts mehr Abwechslung bringt – auch Baustellen.

Warum aber will auch ich, die ich mich längst als perfider Radfahrer geoutet habe, keine autofreie Innenstadt? Was hätte die denn für Vorzüge gegenüber all den schicken Einkaufscentern, die regensicher überdacht mit immensen Parkplätzen ausgestattet sind? Wenn ich ehrlich bin, gar keine. Der Regen regnet, die Sonne sticht. Barockes Flair kann man sich auch auf Bildern angucken und wenn nicht mal mehr die Autoabgase stören, dann der Zigarettenqualm unverbesserlicher Raucher.

Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam

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