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Landeshauptstadt: Ermyas M.: Anklage erhoben Den beiden Verdächtigen droht mehrjährige Haft

Etwas mehr als vier Monate nach dem Überfall auf den Deutsch-Äthiopier Ermyas M. hat die Staatsanwaltschaft Potsdam die Ermittlungen abgeschlossen und Anklage gegen die beiden Verdächtigen erhoben.

Von Sandra Dassler

Etwas mehr als vier Monate nach dem Überfall auf den Deutsch-Äthiopier Ermyas M. hat die Staatsanwaltschaft Potsdam die Ermittlungen abgeschlossen und Anklage gegen die beiden Verdächtigen erhoben. Dem 29-jährigen Hauptbeschuldigten Björn L. aus Wilhelmshorst wird gefährliche Körperverletzung und gemeinschaftliche Beleidigung vorgeworfen. Er soll in der Nacht zum Ostersonntag den in Potsdam lebenden Ingenieur Ermyas M. mit einem Faustschlag ins Gesicht so schwer verletzt haben, dass dieser nur durch eine Notoperation gerettet werden konnte und Monate lang im künstlichen Koma lag.

Dem zweiten Angeklagten, Thomas M. aus Potsdam, wirft die Staatsanwaltschaft unterlassene Hilfeleistung vor, weil er sich wie der Hauptverdächtige vom Tatort entfernte und das offensichtlich schwer verletzte Opfer an einer Potsdamer Straßenbahnhaltestelle liegen ließ. Thomas M. muss sich weiterhin ebenfalls wegen gemeinschaftlicher Beleidigung verantworten. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Gernot Remen, begründete dies damit, dass beide Angeklagten ihr Opfer als „Scheiß Nigger“ beschimpften. Diese Worte waren auf der Mailbox der Ehefrau von Ermyas M. aufgezeichnet, die der Ingenieur vor dem Überfall anrufen wollte. Durch die Auswertung der Stimmen waren die Ermittler auf die nun Angeklagten gestoßen.

Ein rechtsradikaler oder rassistischer Hintergrund sei trotz der Beschimpfung allerdings nicht erkennbar, sagte Staatsanwalt Remen: „Im Zusammenhang mit der verbalen Auseinandersetzung, die zwischen Opfer und Tätern erfolgt war, erfüllt diese Äußerung lediglich den Straftatbestand der Beleidigung.“ Beide Männer seien zudem nicht einschlägig vorbestraft: „Sie sind nicht mit fremdenfeindlichen Parolen in Erscheinung getreten und auch nicht mit Körperverletzungsdelikten.“

Ursprünglich hatte die Bundesanwaltschaft gegen beide Tatverdächtigen wegen versuchten Mordes ermittelt. Auch dieser Vorwurf lässt sich für die Staatsanwaltschaft nicht halten. „Ob man bei einem einzigen Faustschlag eine Tötungsabsicht unterstellen kann, ist fraglich“, so Staatsanwalt Remen: „Zwar hatte dieser eine Schlag verheerende Folgen, man kann aber nicht davon ausgehen, dass der Beschuldigte sein Opfer umbringen wollte.“ Trotzdem drohen den beiden Angeklagten nach Meinung der Staatsanwaltschaft hohe Haftstrafen. Ihre Anwälte sehen dies anders und gehen eher von Freisprüchen beziehungsweise von Bewährungsstrafen aus.

Der Überfall auf Ermyas M., der kaum eine Erinnerung an das Geschehen hat, löste große Betroffenheit aus, weil zunächst vieles auf einen rassistischen Hintergrund hindeutete. Eine nigerianische Delegation, die Potsdam besuchte, hatte ihr Potsdamer Hotel storniert und eine Unterkunft in Berlin gebucht, auch eine Diskussion um die No-Go-Areas wurde unter anderem durch den Fall Ermyas M. ausgelöst. Vor zwei Wochen hatte sich ein Schweizer selbst der Tat bezichtigt, dies aber später wieder zurückgezogen. Sandra Dassler

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