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Erben Wilhelms II.: Geheimverhandlungen zwischen Hohenzollern und Bundesregierung

Die Hohenzollern verhandeln mit der Bundesregierung über die Rückgabe von Kunstgegenständen und Wohnrecht in Schlössern in Potsdam.

Potsdam - Über ein Jahrhundert ist es her, dass in Deutschland die Monarchie abgeschafft wurde, Kaiser Wilhelm II. abdanken musste. Doch nun hat sein Ururenkel Georg Friedrich Wilhelm von Preußen, 43 Jahre, Chef des Hauses Hohenzollern und damit auch direkter Nachfahre der preußischen Könige, Forderungen an die öffentliche Hand der Bundesrepublik. Eine davon lautet: "Das Haus Hohenzollern erhält ein dauerhaftes, unentgeltliches und grundbuchlich zu sicherndes Wohnungsrecht ... im Schloss Cecilienhof, auf Schloss Lindstedt oder in der Villa Liegnitz." Alle drei Häuser befinden sich in der Residenzstadt Potsdam, wo seine Vorfahren residierten und der Prinz mit seiner Familie lebt. Welches Schloss favorisiert wird, ist bislang nicht bekannt, nur der nächste Paragraph: "Das Auswahlrecht und das Bestimmungsrecht ... zu weiteren Einzelheiten, über die die Parteien eine einvernehmliche Lösung anstreben werden, steht dem Hause Hohenzollern zu."

Was wie ein Anachronismus wirkt, sind Originalpassagen aus dem Entwurf für den "Vertrag über eine abschließende Vermögensauseinandersetzung in der Form eines rechtsverbindlichen, außergerichtlichen Vergleiches", den das Haus Hohenzollern am 20. Februar 2019 über seinen Rechtsanwalt an die Bundesregierung geschickt hat. An die zuständige Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU). Das Zwölf-Seiten-Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, ist der bisherige Höhepunkt in den höchst brisanten wie langwierigen Geheimverhandlungen zwischen dem Haus Hohenzollern und der öffentlichen Hand. Es ist der Auslöser, dass diese nun eskalieren, ja womöglich vor dem jähen Ende stehen. Verhandelt, sondiert, unter höchster Diskretion, wird seit mindestens fünf Jahren. Nie drang davon bisher etwas an die Öffentlichkeit, obwohl es vor allem um hunderte zum Teil national bedeutsame Kunstwerke aus Museen in Berlin und Brandenburg, um kostbare Gemälde, Antiquitäten, Porzellan und Archivalien der früheren Preußenkönige geht, auf die das Haus Hohenzollern Eigentumsansprüche erhebt.

Für die öffentliche Hand sitzen gleich sechs Beteiligte am Tisch: Es sind der Bund, vertreten durch die "Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien", angesiedelt im Bundeskanzleramt, sowie die Länder Berlin und Brandenburg. Und es sind die Institutionen, die das Preußenerbe in ihrer Obhut haben, die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG), die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) und das Deutsche Historische Museum (DHM).

Dass die Hohenzollern um Immobilien aus früherem Familienbesitz gestritten haben und streiten, war bereits bekannt. Erst vor ein paar Wochen hat bundesweit für Schlagzeilen gesorgt, dass das Landgericht Koblenz eine Klage von Georg Friedrich Prinz von Preußen abschmetterte, der Burg Rheinfels zurückerhalten wollte, einst ein Sitz der Hohenzollern. Und bekannt ist auch, dass die Hohenzollern versuchen, vom Land Brandenburg eine Entschädigung von mindestens 1,2 Millionen Euro für Schlösser aus enteignetem früherem Familienbesitz wie Schloss Rheinsberg oder das Potsdamer Marmorpalais einzuklagen. Das Land hatte das abgelehnt, begründet mit NS-Verstrickungen des damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm. Dieses Verfahren liegt beim Potsdamer Verwaltungsgericht. Und zwar auf Eis. Beide Seiten haben sich darauf verständigt, es vorerst ruhen zu lassen, wegen der Verhandlungen um die Kunstwerke.

Mit der deutschen Geschichte verwoben

Eine Rückgabe von Kunstwerken aus öffentlichen Museen an die Hohenzollern? Dass darüber überhaupt verhandelt wird, hat mit der Geschichte der Hohenzollern zu tun, dem wichtigsten deutschen Adelsgeschlecht, die eng mit der deutschen Geschichte verwoben ist. Seit 1415 hatte die Dynastie zunächst das Kurfürstentum Brandenburg, ab 1701 das Königreich Preußen, ab 1871 das deutsche Kaiserreich regiert, ehe Kaiser Wilhelm II. am 9.November 1918 abdanken musste. Schon damals gab es Streit um das frühere Vermögen der Krone, um die sogenannte "Fürstenenteignung", die nach jahrelangen Verhandlungen mit einem Vergleich endete. Rechtskraft bekam der mit dem "Gesetz über die Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Preußischen Staat und den Mitgliedern des vormals regierenden Preußischen Königshauses" vom 26.10.1926: Der Staat Preußen behielt 75 Schlösser, die Hohenzollern bekamen 39 Schlösser zurück, samt Inventar, etwa das Marmorpalais in Potsdam, Schloss Rheinsberg und auch das Berliner Schloss Monbijou. Es war seit 1877 ein Hohenzollern-Museum, blieb es nach 1926 auch weiter, nun vom Staat finanziert und verwaltet. Es gehörte damals samt seinen Beständen weiter den Hohenzollern. Auch das ist ein Hintergrund für die aktuellen Auseinandersetzungen. Denn frühere Bestände des Schlosses Monbijou, das im Zweiten Weltkrieg beschädigt und auf Order des SED-Magistrats Ende der 1950er Jahre abgerissen wurde, befinden sich heute in öffentlichen Museen.

Mit der Bodenreform nach 1945 war unter sowjetischer Militäradministration und der DDR im Osten Deutschlands die nächste Enteignung der Hohenzollern gefolgt, die auch mit der friedlichen Revolution und der deutschen Einheit 1989/1990 nicht angetastet wurde. Prinz Louis Ferdinand, damals Chef des Hauses Hohenzollern, hatte zwar gleich 1990 Rückgabe-Ansprüche auf frühere Schlösser angemeldet. Aber das scheiterte vor Gerichten, wie es damals hieß, an der klaren Rechtslage.

Einiges ist strittig

Im Unterschied zu den Immobilien muss nach den dramatischen Umbrüchen der deutschen Geschichte des letzten Jahrhunderts die Rechtslage bei Mobilien, also Kunstwerken, früherem Interieur und Archivalien der Hohenzollern, juristisch komplizierter sein. Sonst würde nicht verhandelt. Einfach ist es noch bei Exponaten wie "Reichsschwert", "Reichszepter" und "Königskrone" in der aktuellen Hohenzollern-Ausstellung im Schloss Charlottenburg, die eindeutig im Privatbesitz und als Leihgaben ausgewiesen sind: "Eigentum SKH Georg Prinz von Preußen", ja SKH, "Seiner Königlichen Hoheit". Aber ansonsten ist einiges strittig, wem was gehört.

Beide Seiten versuchen daher seit geraumer Zeit, einen Kompromiss auszuloten, der ähnlich dem Gesetz von 1926 und diesmal ein für alle Mal die Eigentumsverhältnisse regelt. Es ist ein Poker, bei dem es um Millionenwerte geht.

Die öffentliche Hand ist zu Zugeständnissen bereit, auch zur Herausgabe von bestimmten Werken. Das geht zum Beispiel aus der gemeinsamen "internen Stellungnahme" der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin Brandenburg, dem Deutschen Historischen Museum vom 21. September 2017 "mit Vorschlag für die Fortführung der Verhandlungen" hervor. Erstellt wurde sie damals für eine "Interne Vorbesprechung bei BKM", also der Bundeskulturbeauftragen, und dafür: "Nächster Termin auf Chefebene mit Haus HZ am 16.11.2017 im Bundeskanzleramt." Nach diesem 9-Seiten-Vermerk hatten die drei Institutionen die strittigen Kunstwerke zuvor in "ABC-Listen" eingeteilt, wohinter sich verbirgt, welche für die öffentliche Hand unverzichtbar (Kategorie A), wichtig (Kategorie B) und welche verzichtbar (Kategorie C) wären, also "im Falle einer Gesamteinigung" an die Hohenzollern abgegeben werden könnten. Diese C-Liste war demnach schon zwei Jahre vorher am 17.Februar 2015 an das "Haus HZ" übergeben worden.

Es folgten Spannungen. So intervenierte im August 2015 der Anwalt des Prinzen wegen der geplanten Hohenzollern-Ausstellung im Schloss Charlottenburg, beschwerte zum einen über nicht korrekte Ausweisung von Leihgaben in einem Katalog beschwert, aber auch, dass das "Ansehen des Hauses" beschädigt werde. Denn auch darum geht es dem Prinzen: Um das Bild seiner Vorfahren. Das Haus Hohenzollern kündigte dann sogar am 24.9.2015 alle Leihverhältnisse mit der Stiftung. Eine Erneuerung der Leihverträge gehört ebenfalls zur aktuellen Verhandlungsmasse.

Den Abzug allein der bisherigen Leihgaben könnte die Schlösserstiftung, wie es intern eingeschätzt wurde, allerdings noch verschmerzen. Zitat: "Die Rückgabe der in diesen Verträgen enthaltenen 87 Kunstwerke … würden die preußischen Schlösser zwar außerordentlich bedauern, jedoch würde sie keines der von der SPSG betriebenen Museumsschlösser in seiner Existenz in Frage stellen."

Unüberbrückbare Differenzen

Die Bundeskulturbeauftragte hatte danach einen Mediator eingesetzt, einen bestens vernetzten, mit guten Drähten zum Adel: Berlins frühere Senatskanzleichef André Schmitz (SPD) bemühte sich um Vermittlung. Sein Auftrag war demnach auch, "eine Lösung zu den gekündigten Leihverträgen und für die Beteiligung des Hauses HZ an der Errichtung eines neuen HM zu erarbeiten." Also an einem neuen Hohenzollernmuseum. Nach Gesprächen mit der "Generalverwaltung des vormals regierenden Königshauses", so der offizielle Titel, schickte Schmitz im Juli 2016 dann einen internen Besprechungsvermerk an die öffentliche Hand, in dem die Sichtweise und die Bedingungen des Hauses Hohenzollern für eine außergerichtliche Einigung im Vermögensstreit formuliert waren.

Doch es zeigte sich, dass die Positionen im Grunde unüberbrückbar waren, schon damals. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und das Deutsche Historische Museum bewerteten in ihrer gemeinsamen fachlichen und juristischen Stellungnahme für den Bund die von Schmitz übermittelten Hohenzollern-Forderungen weitgehend als überzogen und unakzeptabel. Danach hatte das Haus Hohenzollern damals etwa vorgeschlagen, für die Werke aus dem einstigen Hohenzollernmuseum in Berlin - es geht um 3000 Positionen, die heute in Museen verteilt sind - eine Wertermittlung durchzuführen, und dann alles zur Hälfte zwischen beiden Seiten aufzuteilen. Die Stiftungen dazu: "Das Haus HZ fordert erstmals auch eine Bewertung der Bestände nicht nach Bedeutung für das öffentliche Interesse das ist das Vorgehen der ABC-Listen) sondern nach Marktwert". Und: "Ganz abgesehen davon, dass die Teilung nach einem Handelswert die Aussage des Prinzen karikiert, dass ihm die Erinnerung an die kulturhistorischen Leistungen seiner Vorfahren wichtig sei, ist eine Bewertung eines so umfangreichen Bestandes eine Aufgabe, die erhebliche Kosten mit sich bringt und mehrere Jahre dauern würden. Wertfestlegungen würden zudem zu einer neuen Quelle von Streit führen, da der Kunstmarkt heute kaum noch eine Geradlinigkeit in der Preisbildung hat." Als Beleg führten die Fachleute einen damals ein Porträt des preußischen Hofmalers Antoine Pesne an, einen damaligen Restitutionsfall, bei dem die Stiftung mit Erben verhandelte. Zitat: "Als Basis zur Einigung mit den Erben wurden im April 2017 Preisgutachten von vier international tätigen, großen Aktionshäusern eingeholt, deren Schätzungen 7.000, 60.000, 80.000 und 140 000 Euro lauteten."

Es geht um fast 4000 Werke

Und wie bei den Beständen des einstigen Hohenzollern-Museums schlug das Haus Hohenzollern nach dem Schmitz-Papier das Fifty-Fifty-Modell auch für das sogenannte Ostvermögen der Hohenzollern vor: Es handelt sich um Kunstwerke aus dem früheren Niederländischen Palais oder auch Schloss Rheinsberg, die in Privatbesitz geblieben waren. Und zwar "um 3919 Werke (156 im heutigen Bundesland Berlin, 3763 im heutigen Bundesland Brandenburg"), wie es im Stiftungs-Vermerk heißt. Sie warnten vor solch einem Vergleich mit dem Haus Hohenzollern, der "einseitig zu Lasten der öffentlichen Hand erfolgen würde." Die "Quintessenz", was eine derartige Einigung bedeuten würde, lautete: "Der Staat verzichtet auf alle Ansprüche gegenüber dem Haus HZ und erhält dafür die Hälfte aller sich derzeit im Besitz öffentlicher Institutionen befindlicher Werke des ehemaligen sowie der sog. Ostsammlung. Er errichtet für das Haus Hohenzollern unter dessen Mitwirkung ein neues Hohenzollernmuseum im Theaterbau von Schloss Charlottenburg und betreibt es", heißt es. "Das ist keine Lösung auf Augenhöhe und negiert sowohl die rechtliche Situation als auch die Leistungen der Fachinstitutionen, weshalb der Vorschlag nicht im Interesse der Öffentlichkeit sein kann." Und zwar auch nicht, weil das Haus Hohenzollern "in Charlottenburg auf Kosten des Bundes ein dynastisches Museum errichten und jegliche Änderung von ihm genehmigt haben will."

Das alles war der Stand im Jahr 2017. Und dann ging am 20.Februar 2019 die offizielle Verhandlungs-Position des Hauses Hohenzollern bei der öffentlichen Hand ein, übersandt vom Berliner Anwalt Eckart Putzier, als Antwort auf den abgestimmten gemeinsamen Vertragsentwurf des Bundes, der Länder und der Stiftungen für einen Vergleich vom Dezember 2018 für die heiklen Verhandlungen.

Hohenzollern fordern Dauerwohnrecht

Doch vom Angebot der öffentlichen Hand ist in der Hohenzollern-Fassung nicht viel übrig geblieben. Im Word-Dokument dominiert seitenweise der knallrote Änderungsmodus. In diesem Entwurf für den "Vertrag über eine abschließende Vermögensauseinandersetzung in der Form eines rechtsverbindlichen Vergleiches" findet sich nicht nur die Forderung nach einem unentgeltlichen Dauerwohnrecht im Schloss Cecilienhof, Schloss Lindstedt oder der Villa Liegnitz, sondern gleich noch "ein dauerhaftes, unentgeltliches und grundbuchlich zu sicherndes Mitbenutzungsrecht ... auf (noch zu vereinbarendes Grundstück, Schloss o.ä.)". Und zwar "für selbst zu veranstaltende private oder öffentliche oder gesellschaftliche Anlässe als Veranstaltungsort."

Das alles steht im komplett neu eingefügten §10. Ziel der Hauses ist ein "Hohenzollern-Museum" ähnlich wie einst im Schloss Mobijou, das ausschließlich die öffentliche Hand betreiben und finanzieren soll. Allerdings reklamieren die Hohenzollern zugleich inhaltlichen Einfluss, nämlich eine "angemessene institutionalisierte Mitwirkung" bei den Einrichtungen der öffentlichen Hand, die Dauerleihgaben des Hauses erhalten. Zitat: "Insoweit ist die öffentliche Hand mindestens und insbesondere verpflichtet, zum einen das Haus Hohenzollern jederzeit so rechtzeitig vorab über alle beabsichtigten eigenen und etwa mit Dritten vereinbarten Ausstellungs-, Publikations- und sonstigen Maßnahmen bezüglich der Dauerleihgaben zu unterrichten, dass dem Haus Hohenzollern eine Mitsprache und Einbringung eigener Vorstellungen ermöglicht wird." Außerdem soll sich die öffentliche Hand verpflichten, das Haus Hohenzollern, wenn es um Leihgaben geht, zu Sitzungen der Organe und Gremien einzuladen "und Rederecht zu gewähren".

Es geht um Millionen

Aber vor allem geht es um Kunst, um Werke, die einen Wert in Millionenhöhe haben dürften. So verlangt das Haus Hohenzollern Teile des früheren Hausarchivs der Könige, ebenso Teile der früheren Hausbibliothek. Bei dieser handelt sich um die Bibliothek der preußischen Monarchen, die insgesamt 19 500 Werke im Bestand hat, darunter die Aquarellsammlung der preußischen Könige. Die Stiftungen hatten schon 2017 in ihrem Vermerk gewarnt: "Die Teilung der Hausbibliothek in der SPSG (z.B. die Aquarellsammlung) sind von allergrößter Bedeutung für die Graphische Sammlung und bilden einen Bestand von höchster nationaler Bedeutung. Eine Teilung dieser von Mitgliedern des preußischen Königshauses angelegten Teilsammlungen würde jedem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen." Außerdem fordert das Haus Hohenzollern "die ca. 1000 Briefe der vormaligen deutschen Kaiserin Auguste Victoria", die voriges Jahr bei Sanierungsarbeiten im Neuen Palais entdeckt worden waren und nun "an das Haus Hohenzollern übergeben" werden sollen: "Es handelt sich um zwei hölzerne Transportkisten, eine Lederschatulle und eine Dokumentenmappe, die teils geöffnete und teils noch versiegelte Korrespondenzen bzw. Briefsammlungen und Notizen von Auguste Victoria enthalten."

Wie dramatisch die Forderungen sind, belegt auch ein Brandenburger Regierungs-Vermerk vom 10.Mai 2019, der allein in Bezug auf Gemälde aus dem einstigen Hohenzollern-Museum im Bestand der Preußischen Schlösserstiftung formuliert: "Nach dem Angebot der öffentlichen Hand soll HZ rund 4 v. H. der Gemälde als Eigentum erhalten (10 von 266 Gemälden). Die in der Stellungnahme von HZ in den Anlagen vorgenommene Zuteilung geht dagegen von rund 45 v. H. aus (119 von 266)." 119 Gemälde.

Ärger über Versteigerungen

Um was es da für Werte gehen kann, zeigte sich 2017 exemplarisch bei einer Versteigerung des Auktionshauses Sotheby in London, auf der Georg Friedrich Prinz von Preußen Stücke aus dem Familienbesitz für 6,4 Millionen hatte versteigern lassen. Darunter war auch ein vergoldeter Trinkbecher, der Friedrich I. gehörte, und für 2,6 Millionen Euro den Besitzer wechselte. Die öffentliche Hand war über den Stil des Hauses Hohenzollern, wie in einem Protokoll-Vermerk zu einer damaligen Besprechung bei der Bundeskulturbeauftragten am 29.6.2017 mit Vertretern Berlins, Brandenburgs und der drei Kultureinrichtungen zu lesen ist, nicht amüsiert. Der Vertreter der Bundeskulturbeauftragten wird darin so zitiert. "Von einer Eintragung dieser Gegenstände in die Kulturschutzliste haben man aufgrund der mit dem Prinzen laufenden Verhandlungen abgesehen, was dem Prinzen auch bekannt gewesen sei." Öffentlich bedauerte damals ein Sprecher von Grütters, dass das Haus Hohenzollern national bedeutsame Kunstwerke im Ausland versteigerte, ohne sie vorher den Stiftungen zum Kauf anzubieten. Die Vergleichsverhandlungen mit dem Prinzen wurden dennoch fortgesetzt, ganz so, als wäre nichts geschehen. Diesmal dürfte das anders sein.

Bundesregierung lehnt Forderungen ab

Für die öffentliche Hand sind offenkundig Schmerzgrenzen überschritten. Am 10. Mai 2019 haben die Beteiligten bei einem Chefgespräch bei der Kulturbeauftragten der Bundesregierung beraten, wie man mit dem Vertragsentwurf der Hohenzollern umgehen soll. Nach einem Protokoll zu dieser Sitzung ist man sich am Tisch weitgehend einig, dass die Forderungen nicht annehmbar sind, man durch einen Zivilrechtsexperten einen Musterprozess prüfen lassen will. Die Preußische Schlösserstiftung, deren neuer Generaldirektor Christoph Martin Vogtherr teilnahm, vertrat laut Protokoll diese Position: "SPSG geht davon aus, dass mit der Maximalforderung von HZ eine Einigung in weiter Ferne liege. Die bisher auf den Listen festgelegten Konvolute werden auseinandergerissen. Auch seien wichtige Werke darunter. Nicht akzeptabel seien Mitspracherechte der Familie bei der Geschichtsschreibung sowie ein Wohnrecht in einem der früheren Häuser." Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz gab diese Einschätzung ab: "HZ fordere qualitativ hochwertige Gegenstände, um sie entsprechend vermarkten zu können." Und auch das Deutsche Historische Museum, so das Protokoll: "tut sich schwer": "Von den 186 Objekten des Hauses hätte man 14 angeboten, HZ verlange dagegen 144 Objekte. Hier sei eine Einigung sehr schwierig."

Diplomatischer äußerte sich der Vertreter der Bundeskulturbeauftragten, der den Vorschlag machte, dass "man das Schloss Charlottenburg als zweites Monbijou in ein `Hohenzollernmuseum` verwandeln" könne, "ohne dass die Eigentumsfrage geklärt werden müsse." Und: "Ebenso könne man eine Überlegung dahingehend anstellen, ob eine finanzielle Abfindung - wie in Weimar - möglich sei." Aber das hat, laut Protokoll, keine Unterstützung gefunden. "Die Vorschläge zu `Schloss Charlottenburg` und `finanzieller Ausgleich` wurden nicht aufgegriffen." Nach PNN und Tagesspiegel-Informationen haben etwa Berlin und Brandenburg solche Zahlungen strikt ausgeschlossen.

Und Georg Friedrich Prinz von Preußen? Auf eine Tagesspiegel-Anfrage an ihn, auf welcher Grundlage das Haus Hohenzollern welche Kunst- und Sammlungsgegenstände beansprucht, welche Pläne es damit hat und wie es den Stand der Verhandlungen bewertet, hat sich jüngst Berliner Anwalt Markus Hennig gemeldet. Er ist neuerdings mit Presse-Angelegenheiten des Hauses Hohenzollern betraut. "Es handelt sich um ein laufendes Verfahren. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns dazu nicht äußern können", sagt Hennig. "Ich kann lediglich bestätigen, dass die Gespräche gut laufen."

Keine Grundlage für Verhandlungen

In der abgestimmten Ablehnung der öffentlichen Hand, die Prinz Georg Friedrich von Preußen vom 13.Juni 2019 übermittelt worden ist, liest sich das anders. Absender des Schriftstücks, das den PNN und dem Tagesspiegel vorliegt, ist die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien. Unter Verweis auf den Vertragsentwurf der Hohenzollern heißt es darin: "Im Ergebnis dieser eingehenden Beratungen und Prüfungen muss ich Ihnen aber leider mitteilen, dass wir - die Vertreter Berlins, Brandenburgs und des Bundes sowie der drei Kultureinrichtungen - übereinstimmend in den von Ihnen übersandten Unterlagen keine hinreichend geeignete Grundlage für erfolgsversprechende Verhandlungen sehen." Allerdings wird dem Prinzen in dem Brief vorgeschlagen, dass es "aufgrund der konstruktiven Atmosphäre unserer bisherigen Gespräche" am 24.Juli noch eine Verhandlungsrunde aller Beteiligten geben sollte, "um zu beraten, ob es noch einen Lösungsweg in dieser Angelegenheit gibt." Der nächste Akt.

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