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Landeshauptstadt: Entwurf für Bibliothek ohne Fassade

„Potsdamer Mitte im Dialog“ : Kontroverse zu Umbauplänen / Architekt reicht Pläne im Januar nach

Innenstadt - Mit einer nach außen offenen Freihand-Zone auf 1093 Quadratmetern soll sich die Stadt- und Landesbibliothek nach dem Umbau im Jahre 2012 präsentieren. „Über den Marktplatz in die Bibliothek“, so sieht es Architekt Reiner Becker, der die Entwürfe am Dienstagabend in der Veranstaltung „Potsdam im Dialog“ vorstellte. Neben der Bibliothek sollen im zweiten Obergeschoss die Volkshochschule und in der vierten Etage nicht näher bezeichnete „Fremdnutzer“ unterkommen.

Viele Anwesende im voll besetzten Theatersaal des Alten Rathauses zeigten sich jedoch irritiert, weil Becker kein Bild der Fassade zeigte. Erst an ihrer Gestaltung würde sich zeigen, ob das Gebäude im Einklang mit der Umgebung stehe. „Bis zum Januar überarbeiten wir die Fassade und stellen sie dann vor“, vertröstet der Architekt die Neugierigen. Nur soviel kam heraus: Nach Norden, also zum Platz der Einheit hin, soll es eine Glasfront geben und nach Süden wegen der Lichtfülle eine wie auch immer geartete geschlossene Lösung.

Bibliothekschefin Marion Mattekat will das neue Haus als „Informationsdienstleister der Zukunft“ entwickeln. Sowohl traditionelle als auch virtuelle Angebote sollen in einer neuen Qualität verfügbar sein. Das Magazin im dritten Obergeschoss werde zwar weniger Bestände aufnehmen, aber auch die ausgelagerten Informationsträger würden sich elektronisch abrufen lassen und blieben nach wie vor zugänglich.

Beckers Büro hatte die Ausschreibung für den Umbau 2005 gewonnen, ein Workshop folgte ein Jahr später. Die zuständigen Fachausschüsse haben inzwischen die Pläne gebilligt. Die Bedingung, dass der Stahlbetonbau aus den siebziger Jahren zur neuen Bibliothek umgebaut werden soll, findet nicht die ungeteilte Zustimmung. Fachhochschulprofessor Ludger Brands erneuerte seine bereits in den PNN geäußerte Kritik an dem Entwurf. Er orientiere sich nicht am historischen Grundriss, bemängelte er. Es sei zudem nicht klar, wie sich die Nachbargebäude anschließen. In fünf Jahren werde die Reue kommen, sieht Brands bereits voraus. „Dann werden wir fragen: Was ist denn da passiert, haben wir nicht aufgepasst?“

Brands Meinung teilten viele der Anwesenden, darunter eine starke Bibliotheks-Lobby, nicht. „Was soll das Dogma vom barocken Stadtgrundriss, wir leben im 21. Jahrhundert“, war zu hören. Die Potsdamer Bibliotheksgesellschaft, die Bibliotheksleitung, das Land und der Kommunale Immobilienservice (KIS) drängen auf einen zügigen Fortgang. Laut KIS-Werksleiter Bernd Richter müssen bis Ende 2011 Planung, Auftragsvergabe und Baustart in Sack und Tüten sein, damit die Hauptstadtmittel in Höhe von 6,8 Millionen Euro nicht „verfallen“. Zehn Millionen Euro kostet der Umbau insgesamt. Als „Erpressung“ empfinden andere die finanzielle Zwangslage und opponieren gegen den „Glaskasten“ und den „Fremdkörper“ an dieser Stelle.

Stadtentwicklungs-Chef Oliver Graumann sagt angesichts der Einwände von Brands und anderen: „Ich bedauere, dass diese Diskussion erst jetzt geführt wird.“ Stadtverordnete Karin Schröter (Die Linke), die den Kulturausschuss leitet, kann die Auffassung Graumanns nicht nachvollziehen, denn seit 1993 werde über die Bibliothek diskutiert, alle Gremien hätten die Umbau-Entwürfe gebilligt. „Ich bin sehr, sehr froh, dass wir an diesen Punkt gelangt sind“, so Schröter. Und: „Jetzt muss die Bibliothek kommen, sonst kommt sie nie.“ Ihr Vorgänger als Vorsitzender des Kulturausschusses, Eberhard Kapuste (CDU), stimmt Schröter zu. Es sei „ein stetiger Weg“ bis zu vorgelegten Entwürfen, die er nach wie vor befürworte, zurückgelegt worden, sagte er.

Größere Eingriffe in die Becker-Planungen wie ein anderes Dach oder Veränderung der Kubatur würden das Projekt in Gefahr bringen, warnt Richter. Für Abriss und Neubau fehlten die Mittel. Der KIS-Chef beziffert die Umbaukosten auf 1 200 Euro pro Quadratmeter und sagt: „Dafür ist ein Neubau nicht zu kriegen.“

Moderatorin Natalie Gommert kündigte an, die überarbeiteten Fassadenentwürfe des Architekturbüros Becker auf einer nächsten Veranstaltung zur Diskussion zu stellen.Günter Schenke

Günter Schenke

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