zum Hauptinhalt

Entwicklung von Potsdams Mitte: Neuer Streit an der Alten Fahrt

Während sich Hasso Plattners geplantes Kunstmuseum im Palast Barberini zunehmend hüllenlos zeigt, gibt es Zwist um die Entwicklung der Brache nebenan. Der Investor Abris Lelbach weicht von den B-Plan-Vorgaben ab. Daran gibt es Kritik.

Von Peer Straube

Potsdam - Während sich der prächtige Palast Barberini langsam aus seinem Baugerüst schält, tobt um die Entwicklung der Nachbargrundstücke an der Alten Fahrt Streit. Ganz konkret geht es um die drei Grundstücke Brauerstraße 4–6 in der neuen Bauzeile nördlich von Hasso Plattners geplantem Kunstmuseum, die dem Berliner Investor Abris Lelbach gehören und die den künftigen Abschluss der Haveluferbebauung bilden sollen.

600 Quadratmeter mehr Nutzfläche

Insgesamt vier Wohn- und Geschäftshäuser will Lelbach auf dem Areal errichten. Um den geplanten L-förmigen Komplex mit vier- und fünfgeschossigen Gebäuden genehmigt zu bekommen, ist allerdings eine Befreiung von den Vorgaben des Bebauungsplans nötig. Denn gleich in mehreren Punkten weicht der Investor nach PNN-Informationen von den B-Plan-Vorgaben ab. So ist das Dachgeschoss des markanten Eckgebäudes nicht wie gefordert als Staffelgeschoss geplant, sondern als volles Geschoss, das nicht hinter der übrigen Fassade zurückweicht. Zudem soll das zum Wasser weisende Gebäude um ein Geschoss aufgestockt werden – statt drei soll es vier Geschosse bekommen. Bei der Vorstellung der Pläne im nicht öffentlichen Teil des Bauausschusses am Dienstagabend erntete der Investor dafür teils harsche Kritik. Dabei rieben sich einige Ausschussmitglieder nicht nur an der Massivität des geplanten Ensembles, sondern auch an der damit verbundenen Wertsteigerung: Durch die geplanten Änderungen bekommt Lelbach insgesamt 600 Quadratmeter mehr Nutzfläche – bei den in Potsdam herrschenden Bodenpreisen ist das ein recht üppiger Zugewinn.

Lelbach hingegen sieht sich zu Unrecht kritisiert. Die eingereichten Pläne entsprächen eins zu eins dem Ergebnis eines Architekturwettbewerbs, der eigens für die Bebauung dieser Flächen durchgeführt worden war. Er setze jetzt lediglich die Ergebnisse dieses Wettbewerbs um, sagte Lelbach im Anschluss an die Diskussion im Ausschuss den PNN.

Gründe für den Streit liegen zwei Jahre zurück

Zum Verständnis ist ein Blick in die Vorgeschichte wichtig, denn die Gründe für den Streit liegen inzwischen zwei Jahre zurück und hängen mit den Umständen zusammen, unter denen die Grundstücke damals an Lelbach verkauft wurden.  Lelbach hatte den Zuschlag für das Areal im Juni 2013 erhalten – ohne Ausschreibung hatte die Stadt die direkte Vergabe an Lelbach im Eilverfahren durch die politischen Gremien gepeitscht. Der Grund: Die Stadt wollte schnell die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Mäzen Hasso Plattner sein Kunstmuseum im benachbarten Palast Barberini einrichten kann. Lelbach, dem das Barberini-Grundstück damals noch gehörte und der Plattner für das Museumsprojekt gewinnen konnte, hatte damals argumentiert, dass die Grundstücke in der Brauerstraße 4–6 für die Baustelleneinrichtung des Museums gebraucht würden – und für die nötigen Parkplätze. Die Stadtverordneten änderten daraufhin den B-Plan und machten damit auch den Weg für eine Tiefgarage mit 50 bis 80 Plätzen auf den drei Grundstücken frei.

Diese Vorzeichen haben sich längst geändert: Bereits im vergangenen Jahr hatten Plattners Museumsplaner überraschend bekannt gegeben, dass Lelbach aus dem Barberini-Projekt ausgeschieden war – planmäßig, wie es hieß, obwohl zuvor öffentlich nichts auf eine Trennung hingedeutet hatte. Nach PNN- Informationen ließ Plattners Förderstiftung, die Bauherr und Träger des Museums ist, die Parkplätze gegen Zahlung einer hohen Summe bei der Stadt ablösen. Auch Lelbach musste nachbessern: Zwar hatte er für die Grundstücke damals nach eigener Aussage bereits einen Betrag gezahlt, der sogar leicht über dem Verkehrswert lag. Doch hatte die Stadt auf einen Passus in dem Vertrag bestanden, wonach Lelbach für den Fall, dass auf seinem Grundstück nicht die Parkplätze für das Barberini-Museum entstehen, nochmal nachlegen muss. „Der musste damals richtig bluten“, erinnert sich ein am Verfahren Beteiligter.

Bauausschuss: Kein Einspruchsrecht 

Zur Gestaltung des Ensembles wurde dann besagter Architekturwettbewerb durchgeführt – zur Jury gehörten unter anderem der damalige Baudezernent Matthias Klipp (Grüne), Vertreter des Bauausschusses, der benachbarten Wohnungsgenossenschaft und des Gestaltungsrates sowie mehrere Architekten. Gewonnen hatte ihn der bekannte deutsch-russische Architekt Sergei Tchoban, der von Lelbach auch mit der weiteren Planung beauftragt wurde. Tchoban, zu dessen Referenzliste unter anderem der im Bau befindliche Wolkenkratzer Federazija in Moskau befindet, ist auch in Potsdam kein Unbekannter: So hat er etwa auch für die Speicherstadt Häuser entworfen. Tchobans Erstentwurf sei innerhalb des Wettbewerbs mehrfach überarbeitet worden, sagte Lelbach. Alle Jurymitglieder seien damals mit den Änderungen nicht nur einverstanden gewesen, sondern hätten diese sogar ausdrücklich begrüßt. Schon damals habe die Bauverwaltung eine Befreiung von den Vorgaben des B-Plans in Aussicht gestellt. Die derzeitigen Bauausschussmitglieder erreichte diese Information offenbar erst jetzt. Einspruchsrecht haben sie nicht: Die Bauverwaltung stellte Lelbach auch gestern eine Befreiung in Aussicht.

Zur Startseite