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In Krampnitz soll ein neues Stadtviertel entstehen.

© A. Klaer

Entwicklung der Krampnitz-Kasernen in Potsdam: Offerten im Rechtsstreit

Auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne Krampnitz sollen einmal 3800 Menschen wohnen. Die Stadt Potsdam will das Gelände inzwischen selbst entwickeln. Allerdings gehört es ihr nicht – nun haben sich die umstrittenen Käufer an die Stadtverordneten gewandt.

Potsdam - Das Vorhaben der Stadt Potsdam, für die Entwicklung der Krampnitz-Kasernen zu einem Wohngebiet ein Enteignungsverfahren einzuleiten, ist vorerst ins Stocken geraten. Die Stadtpolitik hat eine entsprechende Beschlussvorlage der Bauverwaltung zur Einleitung von Enteignungen vorerst auf Eis gelegt. Grund sind mehrere Gerichtsverfahren zwischen dem Land Brandenburg und dem Firmenverbund der TG Potsdam. Für November wird eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) erwartet, zudem läuft ein weiteres Verfahren am Landgericht Potsdam, wo im Dezember entschieden werden könnte. Zudem hat offenbar ein Schreiben der Anwälte der TG-Gesellschaft an das Rathaus und an den Entwicklungsträger Eindruck bei den Stadtverordneten hinterlassen.

Zweifel an der Seriösität des Unternehmens

Ende August hatten die Vertreter des Finanzministeriums und der TG Potsdam vor dem Landgericht Vergleichsgespräche vereinbart. Dabei formulierte das Ministerium weitreichende Mindestanforderungen. Die TG griff dies auf und will damit alle bisherigen Zweifel an der Seriosität des Unternehmens, die in der 2010 publik gewordenen Immobilienaffäre um Landesflächen laut wurden, zerstreuen. Mitarbeiter des Ministeriums sagten eine „konstruktive Prüfung“ zu.

Wie berichtet ist das Land Brandenburg weiterhin Eigentümer der Teilflächen in Krampnitz, für die TG-Gesellschaften gibt es jedoch Auflassungsvormerkungen in den Grundbüchern. Im Zuge der Immobilienaffäre um die frühere Landesfirma BBG, die ehemalige Militärflächen im Landesauftrag vermarktet, hatte das Land 2010 den Verkauf der Krampnitz-Kasernen mit einem Wiederkaufrecht rückgängig machen wollen. 2014 gab es einen erneuten Anlauf. Deshalb laufen mehrere Prozess dazu. Die zuständige Zivilkammer am OLG hatte allerdings bereits im vergangenen Jahr deutlich gemacht, dass das Land wenig Chancen hat, mit seinem Vorgehen durchzukommen.

Wenig Chancen für das Land Brandenburg

Auch das Landgericht sieht offenbar wenig Chancen für das Land Brandenburg und hat deshalb einen Vergleich angeregt, wonach das Land die Flächen der TG endgültig überträgt und diese das Areal dann entsprechend den Plänen der Stadt entwickelt. Nun will die TG vor dem Landgericht mit klaren Ansagen und Zusicherungen das Land weiter unter Druck setzen. Bis Ende dieser Woche muss das Finanzministerium darauf reagieren, Mitte Dezember will dann die Zivilkammer am Landgericht selbst entscheiden. Das könnte sich allerdings auch erübrigen, wenn das OLG zuvor eine Entscheidung verkündet.

Die TG-Gesellschaften wollen das Bauprojekt mit Wohnungen für rund 3800 Menschen mit einer Erfüllungsbürgschaft in Höhe von 20 Millionen Euro absichern. Diese soll bereits zwei Monate, nachdem ein Vergleich zustande kommt, hinterlegt werden. Damit sichern die TG-Firmen dem Land die Erfüllung des Vertrags zu, selbst wenn sie insolvent geht. Zudem will sich die TG-Gruppe verpflichten, keine Grundstücke en bloc zu verkaufen, keine Privatstraßen zu bauen, die Kosten der Erschließung des neuen Quartiers zu tragen und die Straßen kostenlos an die Stadt Potsdam zu übertragen. Weiterhin soll die Planung der Stadt für das Entwicklungsgebiet umgesetzt werden, die Stadt soll dafür auf ihre Vorkaufsrechte verzichten. Alle Gerichtsverfahren würden mit dem endgültigen Verkauf der Flächen durch das Land an die TG-Firmen und den Abschluss einer städtebaulichen Rahmenvereinbarung mit Potsdam beendet werden. Dann würde die TG auch die Normenkontrollanträge in einem weiteren Verfahren vor dem OLG gegen die Entwicklungssatzung der Stadt, der schärften Waffe der Kommunen im Baurecht, fallen lassen. Überdies will die TG-Gruppe sich per Vertrag mit dem Entwicklungsträger verpflichten, an denkmalgeschützten Gebäuden Sicherungsmaßnahmen durchzuführen.

Großes Misstrauen

Das Rathaus selbst prüft die Vorschläge noch. Dort halten sich die Verantwortlichen bedeckt, zumal dem zuständigen Fachbereich nach der Beurlaubung von Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) die politische Führung abhanden gekommen ist. Klipp hatte die Enteignung vorangetrieben. Mit dem Finanzministerium war sogar abgesprochen, dass Potsdam auch das Land enteignet, um das dringend benötigte Wohnungsbauprojekt durch städtische Gesellschaften voranzutreiben – und um nicht auf den Ausgang des Rechtsstreits warten zu müssen, sondern mit dem Wohnungsbau beginnen zu können.

Das Finanzministerium prüft die neuen Vorschläge noch, die die eigenen Mitarbeiter mitformuliert haben. Das Misstrauen ist nach der Krampnitz-Affäre groß – auch die Sorge, erneut undurchsichtigen Investoren aufzusitzen. Das politische Risiko erscheint dem von Christian Görke (Linke) geführten Ressort nach der ersten Krampnitz-Pleite mit staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, einem Untersuchungsausschuss des Landtags und offenbarten Mängel im Ministerium selbst hoch.

Doch die TG-Gesellschaften haben inzwischen neue Eigentümer – und die geben sich selbstbewusst und verweisen auf die Vorteile für die Stadt. Die behielte mit dem Entwicklungsgebiet und der Erfüllungsbürgschaft weiter höchste Kontrolle. Neuer TG-Eigentümer ist die Gartenstadt-Gesellschaft Hellerau AG (GGH), dahinter steht der Leipziger Unternehmer Oliver Bechstedt. Dieser ist mit der Sanierung und dem Verkauf denkmalgeschützter Immobilien bekannt geworden – und einem nach Ansicht von Anlegerschützern umstrittenen Vermarktungsmodell, ähnlich wie schon die TG. Allerdings hat Bechstedt auch eine Reihe von Referenzen bei der Sanierung und Vermarktung von historischer Bausubstanz vorzuweisen.

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