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Wenig einladend. Rund um die Medienstadt Babelsberg hat sich in den vergangenen Jahren bereits viel getan, neue Wohnquartiere und Bürohäuser sind entstanden. Am gleichnamigen Bahnhof ist die frische Brise bislang spurlos vorbeigeweht. Hier dominieren Farbschmierereien und Tristess.

© Andreas Klaer

Entschmuddelt: Am Bahnhof Medienstadt wird es langsam schöner

Der Bahnhof Medienstadt ist heruntergekommen, das Umfeld aber wird zunehmend lebendiger. Ein Besuch.

Potsdam - Mit Cookies- und Stracciatella-Eis sitzt Jacqueline zusammen mit René am Bahnhof Medienstadt, die Sonne lässt die Chromstühle blitzen. Mittagspause für die Angestellte von Radio Teddy, die ihren Nachnamen nicht preisgibt. Aber das Angebot hier gefällt ihr mittlerweile ganz gut: „Es ist besser geworden in den letzten Monaten, seit hier die Eisdiele und die Pizzeria aufgemacht haben“, sagt sie. Nur eine Salatbar würde sie sich noch wünschen, für mehr Vielfalt in der Pause.

Seit Februar gibt es die Eisdiele San Giorgio. Für die schönen Tage stehen kleine Tischchen und Stühle auf dem Kopfsteinpflaster am Rand des Bahnhofsvorplatzes, für 1,20 Euro pro Eiskugel gibt es Mango, Quark mit Waldfrucht oder dunkle Schokolade. „Um die Mittagszeit ist es voll, und zwischen 16 und 17 Uhr kommen auch viele“, beschreibt Antonio Palummo, Chef der Eisherstellung hier und in der gleichnamigen Eisdiele am Alten Markt, die im Frühjahr eröffnet hat.

Der Bahnhof Medienstadt, früher Bahnhof Drewitz ist das tägliche Eingangstor für hunderte Mitarbeiter der Medien- oder IT-Branche, für Studenten der Filmuni oder Schüler am Filmgymnasium. Doch das Image der Ecke ist nicht das Beste. Jan Kretzschmar, der mit seiner KW Development GmbH eine ganze Reihe von Wohn- und Geschäftshäusern in der Medienstadt gebaut hat, sagte bei einer Debatte vor einem Jahr: „Das ist wirklich kein Empfang, wenn man am Bahnhof Medienstadt aussteigt.“ Die meisten kommen aus dem Zug und gehen schnell weiter.

Am Bahnhof selbst hat sich nichts geändert. Das Wartehäuschen ist farbverschmiert und etwas heruntergekommen. „Einladend ist das wirklich nicht“, findet Martina Wiedemann. Sie arbeitet in der Medienstadt und pendelt täglich hierher. „Der Bahnhof ist düster und dreckig.“ In den kommenden zehn Jahren hat die Deutsche Bahn auch keine Renovierung des Bahnhofs geplant, wie sie Ende Mai bekannt gegeben hatte. Am Vorplatz hätte sich aber etwas getan, findet Wiedemann. „Das ist angenehmer und menschlicher geworden, seit die Eisdiele da ist. Da hole ich mir fast jeden Tag ein Eis.“

Die Eisdiele und die Pizzeria „Lo Spuntino“ wenige Meter weiter, an der Ecke zur Großbeerenstraße, gehören zusammen. Inhaber Giorgio Cuccia betreibt auch noch die Pizzeria Piazza Toscana in der Rudolf-Breitscheid-Straße und die Osteria Nr. 1 in der Jutestraße in Babelsberg. Mauro Crimaldi, Chef der Osteria und des neuen Ladens, sagt, die Initiative sei von seinen Kunden ausgegangen. „Viele von ihnen arbeiten hier in der Medienstadt und haben mir gesagt, sie haben die Nase voll davon, immer das gleiche zu essen.“ Er findet harte Worte: „Hier war doch nichts.“ Am Bahnhof ist sonst noch ein Asia-Imbiss, ein Thai- und Sushigeschäft und eine Bude mit Falafel und Döner.

Sebastian Eich sitzt vor einer großen Schüssel Reisnudeln mit Hühnchen. Der Mitarbeiter der IT-Branche kommt öfter mittags zu einem der Läden, heute ist asiatisch dran. Viele der Beschäftigten der zahlreichen Softwarefirmen und Medienunternehmen gehen mittags in die Kantine des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) oder in das Schnellrestaurant im Foyer der Filmstudios. „Es ist gut, dass die Abwechslung zugenommen hat“, sagt Eich. Nur liegen die Terrassen alle in Richtung der viel befahrenen Wetzlarer Straße, der Geräuschpegel ist kaum zu ignorieren. „Ein Biergarten oder etwas anderes besser Geschütztes hier wäre optimal“, sagt Eich.

Viel Betrieb am Mittag

Damit kann „Lo Spuntino“ nicht dienen. Unter der schwarzen Markise neben der Straße stehen Bierbänke, auf denen an diesem frühen Nachmittag einige Touristen sitzen. „Ist doch ganz nett hier“, sagt einer der jungen Männer und beißt in die Pizza, neben ihm eine Papiertüte mit Souvenirs aus dem Filmpark.

Innen ist die Pizzeria hip eingerichtet. Mit schwarzen und weißen Metrofliesen, die Wände schwarz mit weißen Zeichnungen von Pizza, Zwiebeln und Tomaten, kleine Holztische und schwarze Kunstlederbänke. Crimaldi ist zufrieden: „Mittags ist viel Betrieb, die Leute kommen aus den Büros, aus dem Filmstudio, aus der Schule.“ Für 2,50 bis 3,20 Euro gibt es bei ihm ein großes Stück Pizza. Alkohol wird keiner ausgeschenkt, aus Prinzip. „Wir wollen hier keine Trinker“, sagt Crimaldi, das schrecke Familien ab. Am Wochenende sei es ruhiger, da kommen ein paar Anwohner.

Davon erzählt auch Sophia, die in der Nähe wohnt. Die Neunjährige hat sich mit ihrer Hortgruppe, alle in gelben Warnwesten, und den Betreuerinnen Eis geholt. Sie haben einen Ausflug mit dem Wassertaxi gemacht. „Die Pizzeria finde ich gut, weil es dort lecker schmeckt. Früher mussten wir Pizza bestellen oder mit dem Auto fahren, jetzt kommen wir hierher.“

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Hintergrund

Das Gelände rund um den Filmpark und die Großbeerenstraße wird sich in den kommenden Jahren wohl noch einmal deutlich verändern. Wie berichtet sollen auf dem brachliegenden Gelände rund um den Vulkan und die Metropolishalle ein Hotel- und Kongresszentrum für rund 1000 Tagungsteilnehmer sowie rund 500 Wohnungen gebaut werden. Vorangetrieben wird das Mammut-Projekt von Filmparkchef Friedhelm Schatz. Zuletzt war von einer halben Milliarde Euro Gesamtinvestition die Rede. Der Bauausschuss hat im Mai bereits sein grünes Licht für die öffentliche Auslegung des Bebauungsplans gegeben. Ab 2020 soll gebaut werden.

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