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Dieser Sommer war ungewöhnlich trocken. Hier ein Foto vom Ruinenberg im Park Sanssouci. 

© Jana Haase

Entscheidung im Stadtparlament: Potsdam beschließt Plan für mehr Klimaschutz

Potsdam will den Kohlendioxid-Ausstoß senken. Dafür gibt es nun ein neues Maßnahmenpaket. Ein Überblick, was das beinhaltet. 

Potsdam - Für mehr Klimaschutz in Potsdam haben die Stadtverordneten am Mittwoch einen neuen Aktionsplan beschlossen. Die Entscheidung im Stadtparlament fiel mit großer Mehrheit. Die Maßnahmen gehören zu dem vom Bundesumweltministerium aufgelegten „Masterplan 100 Prozent Klimaschutz“, bei dem Potsdam und 21 andere Kommunen ihre Treibhausgasemission bis 2050 um 95 Prozent und ihre Endenergie um 50 Prozent gegenüber 1990 senken wollen. Potsdam hat dafür knapp 550 000 Euro Förderung erhalten. Die PNN geben einen Überblick über die wichtigsten Maßnahmen im Plan.

Klimaschutz bei Bauvorhaben

Bei Bauvorhaben in Potsdam soll der Klimaschutz als Planungsprämisse künftig stärker verankert werden. Unter anderem soll das Rathaus laut dem Konzept prüfen, wie Energiekonzepte in Bebauungspläne eingearbeitet werden können – zum Beispiel, ob so Solardächer oder bestimmte Energiestandards vorgeschrieben werden können. Beispiele für so ein Vorgehen gebe es bereits in Hannover, in Potsdams Partnerstadt Bonn oder Frankfurt am Main. Solche Standards sind auch aktuell in der Debatte – beim umstrittenen Bauvorhaben der Firma Semmelhaack an der Ketziner Straße im Ortsteil Fahrland. Wie berichtet hatte sich der frühere Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) 2017 über das Votum des Ortsbeirats hinweggesetzt, der höhere Energiestandards für die dort geplanten Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften gefordert hatte. Im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes könne man den Investor nicht zu höheren Standards zwingen, wenn man dies gegenüber anderen Bauherren unterlasse, hatte Jakobs noch im September erklärt – daher müsse man über eine stadtweite Regelung debattieren. Das wird nun angestoßen.

Als weitere Einzelmaßnahmen für den Klimaschutz werden im Konzept die Sanierungs- beziehungsweise Umbaubemühungen für den Schlaatz und den Rathaus-Campus an der Hegelallee genannt. Für beide Bereiche seien Energiekonzepte geplant, die auch die Verkehrssituation beleuchten sollen. Geprüft wird ferner, ob und wie sich für die sogenannte Gagfah-Siedlung im Bereich der Babelsberger Behringstraße, Filchnerstraße und Bruno-H.-Bürgel-Straße ein energetisches Quartierskonzept erstellen lässt.

Neue Mobilitätsagentur

Die Idee ist schon einige Jahre alt, soll nun aber ab 2019 umgesetzt werden: Eine Mobilitätsagentur soll Potsdamer und Touristen künftig über Alternativen zum Auto informieren. Nach PNN-Informationen soll das Büro im Hauptbahnhof eingerichtet werden. Ziel ist es, übersichtlich zum öffentlichen Nahverkehr, zu Fahrradleihstationen, zu Carsharing-Angeboten und ähnlichen Angeboten zu informieren. Zudem hatte die Bauverwaltung schon vor einem Jahr angekündigt, dass auch eine Pendlerbörse im Internet geplant ist – und man bei Arbeitgebern für das Bilden von Fahrgemeinschaften werben will.

Kommunale Unternehmen im Boot

Für mehr Klimaschutz sollen die großen kommunalen Unternehmen der Stadt wie Pro Potsdam, Stadtwerke oder Klinikum sich stärker miteinander vernetzen, um Synergien zu nutzen. So soll es beispielsweise beim Ausbau der Fernwärme konkrete Zielvereinbarungen zur Treibhausgas- und Energieeinsparung geben.

Erstmals ein Energienutzungsplan

Für eine klimaschutzorientierte Entwicklung der Stadt schafft das Rathaus neue Planungsinstrumente: Einen sogenannten Energienutzungsplan sowie eine Stadtklimakarte mit einer Gründachstrategie. Damit sollen beispielsweise Vorrangflächen für den Einsatz bestimmter Energieversorgungstechnologien, Frischluftquellen oder auch Versickerungsflächen angesichts zunehmender Starkregenereignisse ausgewiesen werden. Der für kommendes Jahr geplante Energienutzungsplan werde zum Beispiel schon erfolgreich in Nürnberg eingesetzt – und könne mit einer stadtweiten Analyse von energetischen Potenzialen die Bemühungen der wachsenden Stadt in Sachen Klimaschutz maßgeblich unterstützen, wie es im Konzept heißt. Der 125 000 Euro teure Plan soll extern erarbeitet werden.

Auch Grundschulen einbezogen

Ausgeweitet und professionalisiert werden soll das Klima-Messprojekt der Grundschule am Humboldtring. Nun sollen solche Messstationen an drei weiteren Schulen errichtet werden und der Klimabildung dienen. Nebeneffekt: Die Daten sollen auch für eine Stadtklimakarte verwendet werden, die die Universität Potsdam zusammen mit dem Rathaus entwickelt. Aus dieser Karte soll eine Begrünungsstrategie für Dächer und Fassaden abgeleitet werden.

Klimawandel in Potsdam

Als Auswirkung des menschengemachten Klimawandels gilt die diesjährige Trockenheit in Potsdam – bisher sind in diesem Jahr nur 312 Liter pro Quadratmeter Regen gefallen, knapp die Hälfte der sonst üblichen Werte. Deswegen hatte zuletzt die Schlösserstiftung Alarm geschlagen, weil ihre Baumbestände unter der Wasserknappheit leiden (PNN berichteten).

Veranstaltungen zum Klimagipfel

Zur 24. UN-Klimakonferenz in Katowice gibt es auch in Potsdam Veranstaltungen: So zeigt Greenpeace am Freitag ab 20 Uhr bei freiem Eintritt den Dokumentarfilm „Guardians of the Earth“ im Kuze, Hermann-Elflein-Straße 10. 

Die Stiftung Garnisonkirche beteiligt sich am Freitag mit anderen Kirchen in Deutschland am Projekt „Klimaglocken 2018“. Dabei wird ab 12 Uhr am Glockenspiel auf der Plantage am Rechenzentrum ein für die Klimakonferenz komponiertes Stück gespielt.

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Hintergrund: Klimawandelleugner berät AfD-Jugend

Die Potsdamer AfD-Jugend lässt sich von einem aus Kritikersicht notorischen Klimawandelleugner beraten. Für eine Veranstaltung „Klimawandel und Energiewende“ beim „Patriotischen Stammtisch“ am gestrigen Mittwochabend hatte die Junge Alternative (JA) Michael Limburg eingeladen, wie Kreischef Hans-Cornelius Weber auf PNN-Anfrage bestätigte. Limburg, selbst AfD-Mann, ist auch Vizechef des Europäischen Instituts für Klima und Energie – ein Verein, der von Wissenschaftlern und Journalisten als wichtiges Zentrum für Klimawandelleugner angesehen wird. JA-Kreischef Weber sagte, bei so einem wichtigen Thema müsse man auch Thesen diskutieren, „welche konträr zu der herrschenden Meinung stehen“. Aus seiner Sicht lasse sich auch bezweifeln, ob monokausale Erklärungen für den Klimawandel, die alle Änderung auf Kohlendioxid zurückführen, „der Weisheit letzter Schluss sind“. Journalisten waren bei dem Treffen nicht zugelassen.

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