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Auf dem Parkplatz am Campus Griebnitzsee sind drei Gedenktafeln enthüllt worden, die an den Verlauf des Todesstreifens quer durch das heutige Studentendorf erinnern.

© Ottmar Winter

Entlang des ehemaligen Todesstreifens: Gedenktafeln geben Einblicke in das DDR-Grenzregime

Großformatige Fotografien eines ehemaligen Soldaten rufen die Realität der deutschen Teilung wieder wach. Drei Tafeln stehen auf dem Parkplatz am Campus Griebnitzsee.

Potsdam - Ein Parkplatz, eine Straße und ein kleiner Grünstreifen vor den Bahngleisen: Es ist schwer vorstellbar, dass sich an dieser unscheinbaren Stelle am Rande des Campus Griebnitzsee einst der sogenannte Todesstreifen befand, der Ost- und Westdeutschland voneinander trennte und Hunderte Menschen das Leben kostete. „Dort, wo Sie gerade stehen, war vermutlich schon der Kontrollstreifen, wo man auf Sie geschossen hätte“, sagt Ronald Sima zu den anwesenden Journalist:innen. „Irgendwo da hinten müsste damals ein Wachturm gewesen sein.“

Sima ist Kurator des Projektes „Grenzzonen – Zonengrenze“, das von der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, der Stiftung Berliner Mauer und der Karl-Hamann-Stiftung umgesetzt wurde. Insgesamt zehn Gedenktafeln mit großformatigen Fotografien aus den Jahren 1983 bis 1984, die die Realität der deutschen Teilung wieder wachrufen sollen, wurden im Rahmen des Projektes entlang der ehemaligen Grenze aufgestellt und am Montag eingeweiht.

Kurator Ronald Sima.
Kurator Ronald Sima.

© Ottmar Winter

Mauer war nur ein Teil des ausgedehnten Grenzstreifens

Drei der Tafeln befinden sich am besagten Parkplatz auf dem Campus Griebnitzsee, etwa auf halbem Wege zwischen Hasso Plattner-Institut und Stahnsdorfer Brücke. Sie zeigen neben den Befestigungsanlagen der DDR auch einen Grenzsoldaten, der „Spurensicherheit herstellt“, wie es der Infotext zu den Tafeln verrät: Ein junger Mann in Militärkleidung zieht eine Harke hinter sich her, um seine Fußspuren im Grenzgebiet zu verwischen, die durch den Gang zur Fütterung der Wachhunde entstanden waren. Die Hunde liefen an Laufseilen oder in zwei Meter breiten und 30 bis 50 Meter langen Laufgattern und sollten DDR-Flüchtlinge in die Hände der Wachtposten treiben.

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Die Fotos unterstreichen auch, dass die Mauer nur ein Teil des ausgedehnten Grenzstreifens war, der zwischen 60 und 80 Metern breit sein konnte. „Diese seltenen Fotografien bieten Einblicke in das komplexe System der Militär- und Überwachungsanlagen und den dazugehörigen Versorgungseinrichtungen, die oftmals gar nicht mit der Berliner Mauer verbunden werden“, heißt es im Infotext. Die anderen sieben Tafeln befinden sich in Steinstücken, Kleinmachnow und am Teltowkanal im heutigen Gewerbegebiet, wo sich der ehemalige Grenzübergang Drewitz befand.

Grenzsoldat machte die Aufnahmen „unerlaubt und unter persönlichem Risiko“

Bei den Fotos handelt es sich um Privataufnahmen eines ehemaligen Grenzsoldaten, der zwischen November 1982 und April 1984 seinen Wehrdienst bei der Diensthundestaffel des DDR-Grenzregiments 44 in Potsdam leistete. Sie wurden „unerlaubt und unter persönlichem Risiko“ aufgenommen; mit welcher Intention, ist unklar.

„Wir wollen hier daran erinnern, dass Freiheit nichts Selbstverständliches ist“, sagt Sima und dankt insbesondere der Naumann-Stiftung als Hauptinitiatorin des Projektes, die auch die Aufstellung der Tafeln übernommen hat. „Es ist wichtig, dass wir authentische Gedenkorte haben“, sagt FDP-Landesvorsitzende Linda Teuteberg, die bei der Einweihung vor Ort ist.

Linda Teuteberg (v. l.), Oliver Günther, Marcus Kölling, kaufmännischer Geschäftsführer des Hasso-Plattner-Instituts, und Ronald Sima bei der Einweihung.
Linda Teuteberg (v. l.), Oliver Günther, Marcus Kölling, kaufmännischer Geschäftsführer des Hasso-Plattner-Instituts, und Ronald Sima bei der Einweihung.

© Ottmar Winter

Auch Oliver Günther, Präsident der Universität Potsdam, meldet sich zu Wort. „Alle Campus-Standorte der Universität haben massive historische DDR-Bezüge, die eigentlich alle kennen sollten, die hier studieren. „Die Mauer verlief damals quer durch das heutige Studentendorf.“ Wo genau, ist jedoch schwer zu sagen; bis heute gibt es auf dem Campus keine Informationen oder Gedenktafeln, die auf die ehemalige Grenze hinweisen.

Kurator äußert Unmut über die Landeshauptstadt

Sima dankt indes dem HPI, das sich dazu bereit erklärt hatte, die drei Gedenktafeln auf ihrem Grundstück aufstellen zu lassen. Eigentlich sollten sie an einer anderen Stelle stehen, näher an den Orten, die auf den Fotos zu sehen sind, doch die Deutsche Bahn, die Eigentümerin der entsprechenden Grundstücke ist, habe nicht auf die Anfragen reagiert, sagt Sima. Auch bei einigen der anderen Gedenktafeln gab es Probleme mit der Aufstellung, etwa weil der zuständige Forstbetrieb forderte, dass die Initiator:innen des Projektes die Verkehrssicherungspflicht rund um die Gedenktafeln übernehmen müssten, um im Falle von Unfällen keine Haftung übernehmen zu müssen.

Zudem äußert Sima seinen Unmut über die Landeshauptstadt, die für die zwei Gedenktafeln in Steinstücken Miete verlange: Die Eigentümer der anderen drei Grundstücke hatten den Stiftungen die Kosten erlassen, die Potsdamer Verwaltung behandele die Gedenktafeln in Steinstücken hingegen wie gewerbliche Werbetafeln.

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