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Hotel-Chef Alexander Dressel machte die Vorfälle öffentlich: Seine Mitarbeiterin Victoria Peters hat Potsdam aufgrund von rassistischen Anfeindungen nach nur wenigen Tagen verlassen.

© Carsten Holm

Empörung in Potsdam nach Rassismus-Vorfall: "Klare Kante gegen die Rassisten zeigen"

Unterstützung für Hotelchef Alexander Dressel, der einen Fall von Alltagsrassismus in Potsdam öffentlich machte. Ein Politiker hat in einem Sternerestaurant in der Innenstadt bereits Hausverbot.

Potsdam - Die rassistischen Beleidigungen gegenüber einer Mitarbeiterin des Luxushotels Bayrisches Haus haben in Potsdam für große Empörung gesorgt. Hoteldirektor Alexander Dressel hatte die Anfeindungen, die seine Mitarbeiterin Victoria Peters erfahren musste, öffentlich gemacht. Die 22-Jährige, die erst vor drei Wochen in das Team des Romantik-Hotels gekommen war, erlebte sowohl von Hotelgästen als auch in einem Linienbus von einem Passagier teils heftigste rassistische Anfeindungen aufgrund ihrer Herkunft. Peters’ Eltern waren 1990 aus Nigeria gekommen, die junge Frau selbst ist aber in Deutschland geboren.

Gauland hat Hausverbot

Jörg Frankenhäuser ist Dressels Branchenkollege, betreibt das Potsdamer Sternerestaurant „Kochzimmer“ und solidarisiert sich mit dem Hotelchef des Bayrischen Hauses: „Ich kann meinen Kollegen Alexander Dressel nur unterstützen und danke ihm vor allem, dass er solchen Alltagsrassismus öffentlich gemacht hat und aktiv anprangert – da bin ich ganz bei ihm.“ Dressel, der erst im Nachhinein von den rassistischen Anfeindungen gegen seine Mitarbeiterin erfahren hatte, sagte unter anderem, „man muss klare Kante gegen die Rassisten zeigen und darf diesen Arschlöchern keine Plattform bieten“.

„Kochzimmer“-Chef Frankenhäuser bekräftigt Dressels Haltung: „Wir haben bei uns diese geschilderten krassen Erfahrungen zwar nicht gemacht, aber als Gastronom positioniere ich mich klar gegen solche rassistischen Äußerungen und solche Gäste.“ Diese gebe es auch in Potsdam, so der „Kochzimmer“-Chef. Leute, die Rassismus und Ausgrenzung schüren, wenn auch unterschwellig, müsse man abwehren. Frankenhäuser zählt dazu auch den AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland. „Der hat Hausverbot, bereits seit 2016 als wir noch in Beelitz waren“, sagt Frankenhäuser. Mögliche Negativreaktionen auf das Hausverbot „sind mir egal, die nehme ich in Kauf“, sagt der Sternerestaurant-Betreiber. Dadurch bekäme man Rassismus zwar auch nicht getilgt, aber man positioniere sich und zeige Haltung, so etwas nicht zu dulden. „Das sollte Gemeinschaftsanliegen aller in Hotellerie und Gastronomie sein“, findet Frankenhäuser, der an Zivilcourage, Solidarität und für Unterstützung gegen Rassismus appelliert. Potsdams anderer Sternekoch Tim Raue ließ zu den rassistischen Vorfällen im Bayrischen Haus übermitteln, dass „dazu leider kein Statement“ zu bekommen ist.

Immer wieder Vorfälle

Dabei ist auch in der sich gern als weltoffen und tolerant darstellenden Stadt Potsdam Alltagsrassismus vorhanden, sagt Bernhard Fricke, der in Potsdam Flüchtlingspfarrer in der Evangelischen Kirche ist. „Komisch angeguckt zu werden ist ein Gefühl, das vor allem Menschen afrikanischer Herkunft kennen“, so Fricke. Bei Syrern oder anderen, die nicht so auffallend anders aussehen, sei diese Erfahrungen weniger ausgeprägt. Allerdings erzählen die Flüchtlinge immer mal wieder von abwertenden Handbewegungen, dem Wegdrängeln bei Bus und Bahn oder an der Kasse, erzählt Fricke, der sich seit fünf Jahren in Potsdam für Flüchtlinge einsetzt. Selbst in Behörden mache der Alltagsrassismus nicht immer Halt. „Wenn ausländische Menschen die Behördenmitarbeiter bitten, etwas langsamer zu sprechen, damit das Gesagte verstanden wird und die Antwort kommt, sie müssten eben die Sprache beherrschen, tut das manchen weh“, erzählt Fricke. Für Dressels Haltung, klare Kante gegen Rassismus zu zeigen, „gibt es keine Alternative“, betont Fricke.

"Auch in Potsdam durchdringenden Alltagsrassismus"

Das Gute sei, in Potsdam sei diese Haltung gewollt. „Auch wenn Potsdam keine Insel der Glückseligkeit“ in Sachen Rassismus sei, sagt Fricke. Das bestätigt auch Ingmar Pech, die Leiterin der Antidiskriminierungsberatung bei der Opferperspektive Brandenburg. „Es gibt auch in Potsdam durchdringenden Alltagsrassismus, sei es in Bahn, Bus, im Schwimmbad oder unter Nachbarn“, so Pech. Allerdings gebe es in der brandenburgischen Landeshauptstadt eine größere Offenheit, das Problem anzusprechen und eine stärkere Haltung dagegen vorzugehen – „das ist in weiten Teilen Brandenburgs anders“, weiß die Beratungsstellenleiterin Pech. Die Fachfrau lobt die Reaktion von Potsdams Hotelchef Dressel, die ganze Geschichte an die Öffentlichkeit zu bringen. „Es ist wichtig, dass sich in Verantwortung stehende Menschen positionieren und klare Haltung gegen Rassismus zeigen.“ Man dürfe die Räume nicht Rassisten überlassen.

"Wir stehen für Toleranz und Integration"

Beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Brandenburg (Dehoga) steht man hinter Dressels klaren Äußerungen: „Wir verurteilen solche rassistischen Anfeindungen auf das schärfste“, sagt Hauptgeschäftsführer Olaf Lücke. Man sei eine internationale Branche, „vielleicht die internationalste in ganz Brandenburg“, so Lücke weiter.

Hotellerie und Gastronomie würden im Bundesland die meisten Mitarbeiter mit Migrationshintergrund und aus anderen Ländern beschäftigen. „Vor diesem Hintergrund ist unsere Haltung klar: Wir stehen für Toleranz und Integration.“ Lücke betont, dass ihm „vergleichbare Fälle aus unserer Branche“ in Brandenburg nicht bekannt seien.

Rassistische Vorfälle beschädigen den Wirtschaftsstandort

Ebenso wie Dehoga-Chef Lücke weist auch der Geschäftsführer der brandenburgischen Wirtschaftsförderung (WFBB), Steffen Kammradt, auf die Weltoffenheit von Brandenburg auch als Wirtschaftsstandort hin. „Internationale Unternehmen sowie Fach- und Arbeitskräfte aus aller Welt sind fester Teil unseres Wirtschaftslebens“, sagt er. „Wir sehen darin ein Standortplus, das die Position Brandenburgs im Standortwettbewerb stärkt“, so der Wirtschaftsförderer.

Die Potsdamer Industrie- und Handelskammer nimmt ebenso deutlich Stellung: „Tourismus und Fremdenfeindlichkeit schließen sich aus“, sagt deren Pressesprecher Detlef Gottschling. „So wie wir Wertschätzung erwarten, ist es eine Selbstverständlichkeit, Menschen, die zu uns als Gäste oder Mitarbeiter kommen, mit Respekt und Freundlichkeit zu begegnen. Umso betrüblicher ist es, wenn es Vorfälle gibt, die der regionalen Wirtschaft Schaden zufügen.“

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