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Ud Joffe (2.v.r) sorgte während eines Rundgangs auf der Baustelle der Synagoge für einen Eklat.

© ZB

Eklat bei Synagogen-Rundgang: „Was Joffe macht, ist verlorene Zeit“

Die Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam distanziert sich vom Auftreten von Ud Joffe. Die vom Vorsitzenden der Synagogengemeinde erhobenen Vorwürfe seien haltlos.

Potsdam - Als die Rede auf Ud Joffe kommt, stöhnt Evgeni Kutikov am Telefon vernehmbar auf. Wie viele andere Potsdamer auch hat der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Stadt Potsdam in der Zeitung vom Auftritt des Vorsitzenden der Synagogengemeinde bei einem Presserundgang von Kulturministerin Manja Schüle gelesen. Dort hatte Joffe den Architekten der neuen Potsdamer Synagoge als „Verbrecher“ bezeichnet, Vergleiche mit der DDR-Diktatur und der Nazizeit gezogen und einen Journalisten geschubst.

„Alle Juden in Potsdam sind betroffen von den Ausfällen von Herrn Joffe“, sagt Kutikov. Im Unterschied zur Synagogengemeinde, die sich vor Jahren von der Jüdischen Gemeinde Stadt Potsdam abgespalten hat, stehe die Jüdische Gemeinde von Anfang an hinter dem Bau der Synagoge. „Wir unterstützen den Bau“, sagt Kutikov. „Alles, was Ud Joffe macht, verstehen wir als verlorene Zeit.“

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Dass es auf der Baustelle Verstöße gegen Vereinbarungen mit den Gemeinden gegeben haben soll, sieht er nicht. „Alle Vorwürfe, dass dort irgendetwas nicht koscher ist, sind haltlos.“ Dann wird der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Stadt Potsdam noch einmal sehr deutlich: „Die Synagoge hätte schon seit Jahren stehen können.“ In seiner Gemeinde habe es eine Reihe älterer Mitglieder gegeben. Sie hätten sich auf den Neubau gefreut. „Aber mittlerweile sind diese Menschen verstorben, ohne dass sie eine Gelegenheit hatten, in dem neuen Bau zu beten“, sagt Kutikov. „Das finde ich sehr traurig.“

Joffe erhebt Vorwürfe gegen Landesbetrieb für Bauen und Liegenschaften

Joffe seinerseits wandte sich am Mittwoch an die Mitglieder des Brandenburger Landtags. In einem Schreiben, das er als Vorstandsmitglied des Landesverbands West der jüdischen Gemeinden zusammen mit den beiden übrigen Vorständen Feliks Byelyenkow und Albert Bravo unterzeichnete, wirft er dem Landesbetrieb für Bauen und Liegenschaften (BLB) einen Verstoß gegen einen Beschluss des Landtags vor, wonach beim Bau der Synagoge „die Interessen der künftigen Nutzer im Vordergrund stehen“ sollten. 

Joffe hatte den rund 15,9 Millionen Euro teuren Entwurf des Architekten Jost Haberland, der mittlerweile gebaut wird und Anfang 2024 fertiggestellt sein soll, bereits bei seiner Präsentation 2019 massiv kritisiert und zwischenzeitlich eigene Entwürfe für die Synagoge vorgelegt.

Ud Joffe von der Synagogengemeinde hatte Jost Haberlands Entwurf für die neue Synagoge bereits vor Jahren heftig kritisiert.
Ud Joffe von der Synagogengemeinde hatte Jost Haberlands Entwurf für die neue Synagoge bereits vor Jahren heftig kritisiert.

© Visulisierung: Haberland Architekten

Angesichts des Streits unter den Gemeinden hatte sich das Land im Sommer 2021 mit der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden (ZWST) in Deutschland zusammengetan. Sie soll die Synagoge in den ersten drei Jahren nach Fertigstellungbetreiben und gemeinsam mit den Potsdamer jüdischen Gemeinden ein Nutzungskonzept erarbeiten.

Der Landesverband West wirft der ZWST vor, kein Vermittler zwischen den Gemeinden, sondern nur ein „leerer Vorwand“ gegen deren Beteiligung am Bau zu sein. „Dass die ZWST die Rolle eines leeren Vorwands gerne übernimmt, wirft uns zurück in die Erinnerung an schlimme Zeiten unserer jüdischen Geschichte in diesem Land“, heißt es in dem Schreiben wörtlich. „Das dürfte Sie nicht erfreuen und wir hätten uns gewünscht, dass auch Sie die Rückschlüsse aus der Geschichte ziehen und Fehler der Vergangenheit vermeiden.“

Der Jüdische Landesverband West wurde 2012 als Bund der jüdischen Kultusgemeinden in Brandenburg gegründet und führt seit 2016 seinen heutigen Namen. Neben dem „Landesverband West“ gibt es in Brandenburg den „Landesverband der jüdischen Gemeinden Land Brandenburg“: Nur dieser Verband, dem in Potsdam die Jüdische Gemeinde Stadt Potsdam und die Gemeinde Adass Israel angehören, wird vom Zentralrat der Juden auf dessen Website als Mitglied genannt. 

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