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Eiscafé feiert 20. Geburtstag: Eis am Tor

„Eis mag doch jeder“, dachte Sandra Zeisberg und gründete vor 20 Jahren ihr Eiscafé am Brandenburger Tor. Alles ist hausgemacht, ausgefallene Eissorten und leckere Torten.

Potsdam - Eis, Kuchen, Torten: „Das sind alles Dinge, die Menschen glücklich machen“, sagt Sandra Zeisberg. Vor 20 Jahren machte die heute 50-jährige Unternehmerin das zu ihrem Geschäftsmodell und vom Glück, so scheint es, hat sie selbst auch eine Portion abbekommen. Das Eiscafé Potsdam am Ende Fußgängerzone kurz vor dem Brandenburger Tor läuft von Anfang an prima. „Wir haben 1999 am Pfingstwochenende eröffnet – würde ich so nie wieder machen“, sagt Zeisberg und lacht. Mit so einem Ansturm hatten sie nicht gerechnet.

Seitdem hat sich manches verändert, es wurden mehr und ausgefallenere Eissorten, es wurden mehr Torten, die ziemlich bald direkt im Haus gebacken wurden. Und es kam vor zehn Jahren – nur wenige Häuser weiter – die Eismanufaktur dazu. Ein kleiner Laden, in dem es wieder andere Eissorten gibt, davon viele vegan, glutenfrei und laktosefrei, von Schokoladen Sorbet bis Sweet Matcha. Die Nachfrage ist da, sagt Zeisberg, und sie reagierte damals im richtigen Moment. „Wenn dir eine Kundin mit Tränen in den Augen erzählt, dass sie sich seit Jahren zum ersten Mal getraut hat, wieder Eis zu essen, das ist doch toll.“

Die Dinge nicht so schwer nehmen

Was sich seit 20 Jahren nicht verändert hat, ist der Ort – trotz der stetig steigenden Gewerbemieten in Potsdams Innenstadt. „Ich möchte hier noch in 20 Jahren Eis verkaufen, aber ob das nun geht oder nicht, da mache ich mir jetzt keine Sorgen.“ Grübeln ist nicht gut, das hat Zeisberg im vergangenen Jahr erfahren müssen, als sie schwer krank war. Sie habe daraus gelernt, nicht nur auf das Geschäft sondern auch auf sich selbst zu achten und die Dinge nicht so schwer zu nehmen.

Bei all dem hilft ihr, dass sie zwar Geschäftsfrau ist, die Branche aber von der Pike auf gelernt hat. Und dass sie nie größenwahnsinnig war. „Ich muss keine Dependancen irgendwo in Brandenburg gründen. Die Qualität geht vor“, sagt sie. Ihre ganze Kraft und Liebe steckt sie in das Café in Potsdam.

Geboren wurde Zeisberg in Berlin, dann zog die Familie nach Potsdam. Für sie als Teenager eine schreckliche Vorstellung. „Potsdam? Das kennt doch keiner.“ Doch dann fand sie es immer besser in der neuen Stadt. In den Schulferien arbeitete sie im Interhotel, heute das Mercure, und machte nach der Schule eine Ausbildung zur Kellnerin in einem großen Hotel in Leipzig. Anschließend begann sie im neu eröffneten Grand Hotel in Ost-Berlin zu arbeiten.

Vom Schuhladen zum Eiscafé

Als nach 1989 das Klima rauer wurde und die von ihr geschätzte Kollegialität darunter litt, entschied sie sich zu gehen. Dann wollte sie lieber selbstständig sein. Das Objekt in der Brandenburger Straße stand leer und Zeisberg griff mutig zu. „Ok, machen wir eben ein Eiscafe“ habe sie damals gedacht. Eis mögen doch alle und auch sie kann das bis heute täglich essen. Zunächst musste allerdings der frühere Schuhladen grundlegend um- und zum gemütlichen Café ausgebaut werden – eine große Investition.

Zu schaffen war das nur mit Familie und Freunden, sagt Zeisberg. So war es und so blieb es: „Wir sind ein großes Team. Ohne meine Mitarbeiter und Unterstützer geht gar nichts.“ Selbst ihre Mutter, 75 Jahre alt, packt noch mit an. Sie kümmert sich um Pflanzen und Dekoration und bringt auch mal einen Mittagsimbiss für die Mitarbeiter vorbei. Wenn die Stimmung in der Mannschaft gut ist, dann müsse man auch keine Angst vor Personalmangel haben, sagt die Chefin. In Spitzenzeiten sind es 60 bis 80 Mitarbeiter, in Teilzeit oder Vollzeit, von Produktion bis Abwasch. Manche sind Studenten und kommen jede Semesterferien wieder. Zeisberg ist wichtig, ein gemischtes Team zu haben, auch Leute, die gut anlernen können.

Keine Pülverchen

Das Wichtigste ist natürlich das Eis. Etwa 20 Sorten sind im Sommer täglich im Angebot. Alles wird vor Ort hergestellt. Chef-Eismann ist Sören Pollich, seit 13 Jahren dabei. Zwei Eismaschinen stehen in der kleinen Manufaktur im Hinterhof. Ob ein Eis gut wird, hänge maßgeblich von der Qualität der Zutaten ab. Bei ihr kommen keine Pülverchen rein, sondern natürliche Zutaten, Vanille aus Vanilleschoten und vor allem saisonales Obst.

Von anderen Eiscafés will sich Zeisberg absetzen, in dem sie neue Sorten anbietet. Ihr Vorteil ist, dass sie schnell reagieren kann. Den Kundenwunsch „macht doch mal was mit Quark-Mohn“ kann sie sofort ans Eislabor weitergeben. Neben der Sortenvielfalt soll sich ihr Eis von anderen unterscheiden, weil es kompakter und von größerer Dichte ist. Nicht leicht und cremig, sondern voller Substanz und Geschmack. Eine Spezialität sind Eissorten, bei denen die einzelnen Komponenten nicht vermischt, sondern im Behälter geschichtet werden. Mandel und Marille erinnert an Torte, ist aber Eis.

Muskeln vom Eisverkauf

Kinder wollen noch immer am liebsten die Klassiker, Vanille, Erdbeere und Schoko. Unentschiedene muss man beraten können. „Man lernt die Kunden einzuschätzen“, sagt Service-Chef Martin Block. Und man bekomme Muskeln. An einem Tag seien es schon mal 600 Kugeln im Straßenverkauf. „Die erste Woche ist die schlimmste, danach hat man Muskelkater“, sagt Block.

Zur Weiterbildung besuchen sie Eismessen und schauen sich neue Maschinen an. Bei der Gelatissimo in Stuttgart haben sie am Eiswettbewerb teilgenommen und mit dem Himbeereis den ersten Platz belegt. Das schmeckt nicht nur Touristen. Zeisberg sagt: „Ich bin stolz, dass wir auch viele Potsdamer Stammgäste haben.“ Auch Prominente? Zeisberg lächelt. „Die man so kennt, die waren alle schon da, mehr sag ich nicht.“

Stammgäste sind auch zwei Damen, die um 11 Uhr bei Kaffee und Kuchen sitzen. „Die Obsttorten“, sagt eine, „sind hier richtig gut.“ Und manchmal sogar noch warm, auch der Kuchen ist selbstgemacht, nach eigenen Rezepten. Für Erdbeer-Karamell- Baiser kommen Gäste sogar aus Berlin.

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