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Im Film oben wird das tollste Gefühl der Welt erklärt. Im Online-Wörterbuch einwort.org gibt es derzeit schon mehr als 100 Wörter, die in kleinen Filmen erklärt werden.

© einwort.org

"Einwort" aus Potsdam: Erklär mal Windschutzscheibe

Zwei Potsdamerinnen drehen Kurzfilme, die jeweils ein deutsches Wort erklären. Im Internet kann man die Videos sehen und dabei Deutsch lernen – ideal für Flüchtlinge.

Potsdam - Die wackelige Kamera schwenkt über einen Rosenbusch, über Sofakissen mit Blumenmuster, über den bunten Strauß auf dem Kaffeetisch, dann zur Frau mit der Blüte im Haar. „Blumen“, spricht sie langsam und deutlich. Dann sieht man auch noch das geschriebene Wort, aus Grashalmen gelegte Buchstaben. „Blumen“. Wer das zweiminütige Video sieht, der weiß jetzt, was Blumen sind – oder andersherum, der weiß, wie diese schönen bunten Dinger der Pflanzen auf Deutsch heißen. Dabei ist es völlig unerheblich, welche Muttersprache der Lernende sonst spricht. So einfach kann Spracherwerb sein, ganz ohne ein auf eine Zielgruppe festgelegtes Lehrbuch.

Eine Art Online-Wörterbuch für Flüchtlinge

„Wer auf diese Art ein Wort kennengelernt hat, der vergisst das nie“, sagt Patricia Vester. Die Potsdamer Künstlerin und Autorin hat zusammen mit weiteren Akteuren das Projekt „Einwort – das ultimative Sprachportal mit dem Spaßeffekt“ gegründet und entwickelt. Eine Art Online-Wörterbuch für Flüchtlinge, denen die deutsche Sprache fremd ist. Dabei werden Wörter aus dem deutschen Wortschatz in kleinen Filmen erklärt. Mit Bildern, Basteleien, Animationen, mit Musik und dramaturgischem Spiel wird die Bedeutung des jeweiligen Begriffs erklärt. Außerdem wird das geschriebene Wort gezeigt und es wird gesprochen.

Vester und Nouria Asfaha haben Erfahrung in der Flüchtlingsarbeit, sie arbeiten unter anderem in Willkommensklassen für Flüchtlingskinder und bieten weiterführende Lernförderung an. Asfaha ist Übersetzerin und Verlegerin von Lehrmaterialien für Muslime. Bei einer Weiterbildung lernten die beiden Frauen nun das Konzept dieser Sprachvermittlung kennen. Ganz unbekannt war es ihnen nicht. „Ich habe früher meinem Sohn jeden Tag ein Kärtchen mit einer englischen Vokabel in die Brotbox gelegt“, sagt Vester. Weil sie in den Schulen erlebten, wie schwer es den Flüchtlingskindern, aber auch Erwachsenen fällt, die neue Sprache zu lernen, und dass es oft an passendem Unterrichtsmaterial fehlt, wollten sie selber etwas tun. Zusammen mit sieben weiteren Machern und dem Potsdamer Filmemacher Andreas Dresen als Schirmherrn legten sie im Juli los. Erstellten Internet- und Facebook-Seite, einen Youtube-Kanal und produzierten den Trailer.

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Ab sofort konnte jedermann Wort-Filme einsenden oder auf der Seite hochladen. Viele der ersten Filme produzierte das Team gemeinsam mit Kindern und Erwachsenen aus Schulen, Flüchtlingsheimen, mit Freunden. Mal wird draußen in der Natur gedreht, mal in einer Turnhalle, einem Café oder auf einem Schulhof. Es werden gegenständliche und manchmal sehr praktische Wörter wie Toilette und Regenschirm erklärt, Tätigkeiten, Adjektive oder so ganz ungriffige Wörter wie „Musik“ und „Liebe“. In diesem Trickfilm treffen sich Mann und Frau unter zwei gemalten Bäumen und tanzen zu einem Lied, das von einem Kind gesungen wird. Bis die zwei Verliebten zusammenkommen und rote Herzen fliegen. „Liebe“, eindeutig.

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„Das versteht jeder, egal woher er kommt und wie alt er ist“, sagt Vester. Zudem haben die kurzen Filmchen Unterhaltungspotenzial. Mehr als 100 sind bereits im Einwort-Wörterbuch zu sehen – und das macht Spaß. Da rollt ein grüner Frosch seine lange Zunge aus und fängt sich eine Fliege. Aus einem Dutzend Söckchen legen Kinder das Wort Socke auf dem Boden einer Sporthalle. Schüler einer ersten Klasse malten kleine Szenen, wütende und weinende Strichmännchen, dazu machten sie vor, wie es klingt, wenn man sich anschreit und angeschrieben wird. „Schimpfen“ heißt das neue Wort. Eine Wolke am Himmel ist leicht erklärt, eine Hand auf dem rauen Baumstamm zeigt, was „Fühlen“ ist. Längst profitieren nicht nur Schulkinder. „Wir haben uns mal mit ein paar Männern ein Auto angeschaut und Wörter wie Windschutzscheibe und Nummernschild erklärt“, sagt Vester.

Jetzt hoffen die Initiatoren, dass möglichst viele mitmachen und Filme schicken. Es muss nichts Kompliziertes sein. Zudem bieten Vester und Asfaha kurze Workshops an, in denen sie Anleitung für Erzieher und Pädagogen geben. Zum Beispiel wie man so ein Mini-Drehbuch, ein sogenanntes Storyboard, erstellt. „das können schon Erstklässler“, sagt Asfaha.

Auch für die Filmemacher sei es eine schöne Erfahrung, zu erleben, dass man mit einfachen Mitteln einen kleinen Baustein für ein großes Projekts herstellen kann. Schirmherr Dresen war von Anfang an begeistert. Und habe versprochen, nicht nur seinen guten Namen herzugeben, sondern auch mitzumachen, wenn seine eigenen derzeitigen Dreharbeiten beendet sind.

Wortfilm-Kurse im Flüchtlingsheim Staudenhof

Das Einwort-Team gibt demnächst Kurse im Flüchtlingsheim Staudenhof, Wortfilme drehen und Wörter lernen. Weitere Kurse finden im Treffpunkt Freizeit, im Frauenzentrum und dem Mädchentreff Zimtzicken statt. Auch in den Oktoberferien sind Kurse geplant.

Am morgigen Samstag besuchen Patricia Vester und Nouria Asfaha das Toleranzfest auf dem Weberplatz in Babelsberg. „Vielleicht drehen wir spontan Filme über etwas, was uns dort begegnet“, sagt Vester. Am Sonntag beteiligen sich die Filmemacherinnen an der interkulturellen Tafel auf dem Sportplatz Westkurve. Ab 10 Uhr gibt es Picknick und im marokkanischen Zelt werden Wort-Filme gezeigt.

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