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Eintrag in Potsdams Goldenes Buch: Engagement kennt keine Rente

Filmpark-Chef Friedhelm Schatz hat ebenso wie Politikprofessor Heinz Kleger und Gisela Otto, Vorsitzenden der Deutschen Stiftung gegen Leukämie, seine Unterschrift ins Goldene Buch der Stadt gesetzt. Warum Schatz eigentlich nie "so einer" werden wollte.

Von Valerie Barsig

Ihre Schrift ist schwungvoll: Gisela Otto will nicht nur ihren Namen in das Goldene Buch der Stadt Potsdam setzen, sondern auch eine Botschaft. „Welches Glück, helfen zu können, um Leben zu erhalten“, schreibt sie am gestrigen Dienstag im Rathaus in das Buch. Und: „Dank all jenen, die mir dabei zur Seite stehen.“ Denn das ist der Vorsitzenden der Deutschen Stiftung gegen Leukämie wichtig – dem Team zu danken, das hinter ihr steht.

Gemeinsam mit Filmpark-Chef Friedhelm Schatz und Politikprofessor Heinz Kleger ist sie mit der höchsten Würdigung der Stadt geehrt worden. Kleger belässt es bei seiner Unterschrift, sie ist schnell gesetzt. Friedhelm Schatz schreibt ins Buch: „Ich bin angekommen und werde nicht innehalten.“ Dabei hat er die Ärmel seines Sakkos leger nach oben geschoben. Den Satz zitiert er danach laut. So unterschiedlich die Geehrten an diesem Tag auch sein mögen, sie alle eint: Sie engagieren sich für Potsdam und die Menschen, die in der Stadt leben.

Schatz kommt mit seinem Spruch dem Wunsch von Noch-Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) nach, der die Laudatio für die drei Würdenträger hält. Der wünscht sich, dass Schatz lange „unruhig“ bleiben möge – als Filmpark-Chef, der pro Jahr rund 350 000 Besucher empfängt, aber auch als Bauherr, der derzeit ein Hotel mit Kongresszentrum an dem Babelsberger Areal plant. „So einer wollte ich eigentlich nie werden“, gibt Schatz zu. Mit „so einer“ bezieht er sich auf einen, der so offiziell gewürdigt wird – mit Sektempfang und Häppchen. Einer, der auf seine wilde Babelsberger Zeit zurückblickt. Und resümiert: „Ich bin einfach unheimlich dankbar, die letzten 25 Jahre in dieser Stadt erlebt zu haben.“ Trotz des Rentenausweises in der Tasche werde er nun einen Teufel tun, sich künftig Rosenstöcken im Garten zu widmen, sagt er. „Ich habe zu viele Ideen, um innezuhalten.“

Kleger gab Impulse für die Stadtdemokratie

Ebenso würdigt Jakobs Kleger und Otto mit einer Laudatio. Der Züricher Professor lebt bereits seit 20 Jahren in Potsdam und hat unter anderem 2008 das Neue Potsdamer Toleranzedikt ins Leben gerufen. Auch den Bürgerhaushalt hat er initiiert. Er sei ein Impulsgeber für die Demokratieentwicklung und Toleranz in der Stadtgesellschaft. Otto, die – damals noch Lehrerin in Potsdam – 1996 die Deutsche Stiftung gegen Leukämie ins Leben rief, als ein Schüler von ihr erkrankte, habe bereits vielen Menschen zu einem zweiten Leben verholfen. Rund 40.000 Spender seien bei der Stiftung registriert, sagt Otto nach dem offiziellen Teil der Veranstaltung. „Ich mache das noch, bis ich 100 bin, dann gehe ich in Rente“, sagt sie. Wie lange es noch dauert, bis sie 100 Jahre alt ist, verrät sie aber lieber nicht. Otto ist noch immer aktiv: Die Auszeichnung an diesem Tag bedeute ihr viel, sie sei eine große Anerkennung für 23 Jahre Arbeit.

Auf der Suche nach Knochenmarksspendern

Lieber spricht sie aber über ihre Stiftung, die immer auf der Suche nach neuen Stammzell- und Knochenmarksspendern ist. Seit damals, als ihr Schüler Stefan Leukämie bekam und Otto anfing, die Schule und später die Potsdamer zu mobilisieren, sich als Spender registrieren zu lassen. Stefan hat durch eine solche Spende überlebt. Dennoch: Es braucht noch viel mehr Menschen, die sich registrieren lassen. Denn wer in der Kartei von Ottos Stiftung, die eng mit der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) zusammenarbeitet, landet, fliegt ab dem Alter von 55 Jahren wieder raus. Dann ist man zu alt, um zu helfen. Daher sei es so wichtig, dass sich viele junge Menschen als Stammzell- oder Knochenspender melden, sagt Otto. Gleichzeitig sammelt sie mit ihrer Stiftung stetig Spenden, weil eine so genannte Typisierung rund 50 Euro kostet – und die könne sich nicht jeder leisten.

„Die Auszeichnung bedeutet mir viel, weil ich weiß, dass sie aus verschiedenen Parteien kommt“, sagt Kleger. Wie Schatz wagt auch er den Blick zurück auf 20 Jahre Engagement in Potsdam. 1994 kam er als Professor für Politische Theorie an die Universität und blieb. Inzwischen ist er emeritiert, unterstützt aber nach wie vor die Stadtpolitik mit Rat und äußert sich öffentlich. Fragt man ihn nach dem wichtigsten politischen Moment für die Stadt, nennt er den Beginn der zweiten Amtszeit von Jakobs und damit den Beschluss 2012 ein Büro für Bürgerbeteiligung und den Beteiligungsrat zu schaffen. „Ich hoffe, dass es mit Mike Schubert so weitergeht“, sagt Kleger und spannt so den Bogen zur aktuellen Stadtpolitik. 

Schubert muss jetzt seine Wahlversprechen konkretisieren

Schubert müsse nun sein Wahlversprechen für mehr Bürgerbeteiligung konkretisieren. Das werde nicht leicht, vor allem im Hinblick auf schwindendes Bürgervertrauen in die Politik. Die Arbeit des Beteiligungrates und der „Werkstadt für Beteiligung“ müsse selbstkritisch reflektiert werden. Als erste Maßnahme müsse Schubert für die Menschen eine Übersicht schaffen, was bisher erreicht wurde und wo Prioritäten liegen, sagt Kleger. Und mahnt: „Alle Parteivertreter müssen sich auf Beteiligungsebene besser organisieren.“ Das koste allerdings Zeit. Gleichzeitig müssten die Werkstadt und der Beteiligungsrat bekannter gemacht werden. Genauso wie Otto und Schatz liegt Kleger Potsdam am Herzen. Das zeigen ihre Unterschriften im Goldenen Buch – die mehr sind, als nur Namen.

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