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Landeshauptstadt: Eingeflogen nach Babelsberg

Zwei Frauen, ein Laden: In der „Fashionista“ in Babelsberg gibt es Modisches aus Italien. Bei Ingelore und Melanie Weber darf man neben dem Einkauf aber auch schwatzen und Kaffee trinken

Alle paar Wochen packen Ingelore Weber und Tochter Melanie große Koffer und fliegen nach Italien. Oder in die Niederlande. Oder ganz woanders hin. Doch diese Aktionen sind nicht der Reiselust geschuldet – für die beiden Frauen sind diese Tagestouren anstrengende Business-Trips. Von solchen Reisen bringen sie neue Produkte für ihren kleinen Laden mit. Seit drei Jahren gibt es „Fashionista“ und es scheint, als sei das Konzept von Inhaberin Ingelore Weber bestens aufgegangen.

Als die Stadt Potsdam vor einigen Jahren einen Wettbewerb „Ideen und Arbeit“ ausschrieb, bewarb sich Ingelore Weber mit ihrer Idee für ein Damenmodegeschäft. Die gelernte Herrenmaßschneiderin brachte reichlich Erfahrung mit, jahrelang hatte sie in leitender Stellung für bekannte Häuser der Branche gearbeitet. Quereinsteiger hingegen hätten es schwer, sagt sie, denn es reiche eben nicht, nur von der Mode Ahnung zu haben. Auch Materialkunde und Menschenkenntnis gehören dazu. „Nicht jede Frau kann alles tragen“, sagt Ingelore Weber.

2011 eröffnete die heute 53-Jährige den kleinen Laden an einer belebten Kreuzung mitten in Babelsberg. Lange und gründlich hatte sie vor diesem Schritt recherchiert: Wie ist der Einwohnermix, welche Firmen und Institutionen befinden sich in der Nähe? Wie viele Laufkunden kommen vorbei? Und sie hat Bilanzen geschätzt: Würde es reichen, um davon bis zur Rente leben zu können? Mittlerweile reicht es sogar, um ihre Tochter Melanie Weber im Laden zu beschäftigen.

Wer an der „Fashionista“ vorbeikommt, der bleibt zunächst an den aufwendig und liebevoll gestalteten Schaufenstern hängen. Die Kleiderstücke werden präsentiert mit ausgewählter Schuhmode, Taschenwaren, Modeschmuck, mit Tüchern und Wohnaccessoires. Zwischen ausgeblichenem Schwemm-Wurzelholz und Zweigen liegen Kerzen und handgemachte Seifen, Armbänder, Hüte, ein altes, gusseisernes Bügeleisen.

Die kleinteilige Auslage ist Vorgeschmack auf das Innere des Ladens. Ob opulentes Kleid oder kleines Fähnchen - alles wird perfekt in Szene gesetzt. Verführerisch, einladend. Hier darf, hier soll man berühren, in die Hand nehmen, ein Produkt in Ruhe kennenlernen dürfen. Passt es zu mir, zu meinem Stil, zu meinem Kleiderschrank, zu meinem Portemonnaie? Niemand soll sich hier unter Druck gesetzt fühlen, sofort kaufen zu müssen, sagen beide Frauen. Es sei schließlich völlig normal, sich Zeit zu lassen, entspannt zu stöbern, zu probieren, vielleicht später wiederzukommen. „Wir beraten dabei gern, das ist doch unsere Aufgabe, unser Beruf“, sagt Ingelore Weber. Und obgleich der Laden nicht groß ist, war ihr die kleine, einladende Sitzecke wichtig, zwei Korbsessel für Begleiter – oder die Einkäuferinnen selbst. „Ich wollte eine Atmosphäre zum Wohlfühlen“, sagt die Unternehmerin. Zwischen Pullis und Kleidern wird dann geschwatzt: „Über Frauenthemen natürlich, oder Gartenarbeit“, sagt Ingelore Weber. Jeden Freitagnachmittag ab 14 Uhr wird deshalb ganz explizit zum Kaffeeklatsch eingeladen. Wer kommt, der kommt. Geplant sind weiterhin Veranstaltungen mit einer Stylistin, die dann bei Prosecco und Snacks die Kundinnen berät.

Deren Spektrum reicht von jugendlichen Frauen bis zu modebewussten Damen im besten Alter. Entsprechend haben Weber und Weber ihre Produktauswahl gestaltet. Unverzichtbare Basics und Festliches, Bequemes, Sportliches, Klassisches für den Arbeitstag ebenso wie Teile mit verspielten Details – zum Behalten, Verschenken, Mitbringen. Gern unterbreiten sie Kundinnen Vorschläge, was würde zur Figur passen, miteinander harmonieren. „Doch jede Frau hat ihren ganz eigenen Geschmack, letztlich muss sie sich darin wohlfühlen“, sagt Melanie Weber. Auch Männer kaufen bei ihnen. „Einer kam direkt zu mir und meinte: Ich will genau das Outfit, das Sie tragen“, sagt sie und lacht. Die Frau muss zufrieden gewesen sein, vermutet Melanie Weber. Zumindest habe er nichts zurückgebracht.

Genau das wollte Ingelore Weber: sich keiner Firmen-Strategie unterordnen müssen. „Ich wollte meine Kreativität wieder einbringen!“, sagt sie. Deshalb bestellt sie nicht aus dem Katalog, sondern schaut sich selbst genau an, was sie ihren Kundinnen anbieten möchte. Mit Überzeugung agieren sie dabei als ihre eigenen Werbeträger – selbstverständlich tragen sie selbst, was es in ihrem Laden zu kaufen gibt. Auch Sonderwünsche dürfen geäußert werden, und es komme vor, so Ingelore Weber, dass sie sich dafür wieder an die Nähmaschine setzt.

In diesem Frühjahr und Sommer sind besonders luftige, transparente Stoffe angesagt. Alles, was leicht fällt. Auch Batik und Fotodrucke sind nach wie vor in. Was sie nicht haben? Die Frauen schauen ratlos. „Wir führen auch große Größen, sehr gern sogar, aber wir haben keine Zelte“, sagt Ingelore Weber plötzlich. Sie ist überzeugt: Auch etwas fülligere Frauen können sich formschön kleiden.

Rudolf-Breitscheid-Str. 27, Tel. (0331) 70493410. www. fashionista-potsdam.de

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