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Denis Paute schaut sich täglich Stellenangebote an und findet dennoch keine Arbeit.

© Andreas Klaer

Einer von 1400 Langzeitarbeitslosen: Potsdamer Volkswirt ist seit Jahren ohne Job

In Potsdam suchen 1400 Langzeitarbeitslose nach Arbeit. Einer von ihnen ist Volkswirt Denis Peter. Obwohl er schon 300 Bewerbungen geschrieben hat.

Von Florian Kistler

Potsdam - Vor allem frustrierend und demütigend sei die Suche nach Arbeit, sagt Denis Peter. Er sitzt auf dem Sofa in seiner Wohnung in der Berliner Vorstadt. Der 46-Jährige ist seit drei Jahren auf der Suche nach einer Tätigkeit, er gilt damit als Langzeitarbeitsloser. „Ich schaue mir täglich die Stellenbörsen an und der Bedarf scheint ja in Potsdam da zu sein“, sagt Peter. Doch auf seine Bewerbungen würden nur selten positive Antworten kommen. „In vielleicht drei bis fünf Prozent werde ich zu Vorstellungsgesprächen eingeladen.“

Als gelernter Verwaltungsfachangestellter sowie Diplom-Volkswirt hätte er gedacht, dass es leichter sei, eine Arbeit in der Landeshauptstadt zu finden. 2003 schloss der gebürtige Potsdamer sein Studium an der Universität Potsdam ab. Danach sei er als Dozent tätig gewesen, berichtet er. Später habe er als Quereinsteiger an Schulen unterrichtet. „Die Arbeit als Lehrer war aber immer nur befristet, meistens auf ein Jahr“, sagt Peter, der sich mit dieser Tätigkeit „über Jahre durchgehangelt“ habe. 

Bewerbungsprozess oft ernüchternd

Auch sonst sei der Bewerbungsprozess oft ernüchternd. Siebenmal habe er sich innerhalb eines Jahres auf eine Stelle im Bildungsministerium beworben, sei dort auch immer beim Vorstellungsgespräch gewesen. Die ausgeschriebene Stelle bekam er aber nicht. „Das macht mir alles sehr zu schaffen“, sagt er. „Man weiß, dass man etwas drauf hat, kann es aber nicht zeigen.“

Denis Peter ist mit diesem Problem nicht allein. Zwar sinkt die Langzeitarbeitslosigkeit in Potsdam, wie Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen, die Ende Dezember veröffentlicht wurden. Jedoch suchen derzeit noch immer 1400 Menschen seit längerer Zeit nach einer Tätigkeit in der Landeshauptstadt. Das sind etwa ein Drittel der gesamten Arbeitslosen in Potsdam. 

Als Langzeitarbeitslose gelten Menschen, die seit mindestens einem Jahr auf der Suche sind. Die hätten es besonders schwer, wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, sagt Doreen Ließ, Sprecherin der Agentur für Arbeit Potsdam. Man könne jedoch beobachten, dass es seit 2016 immer weniger Langzeitarbeitslose gebe. Allein im vergangenen Jahr sank die Zahl von Menschen, die mehr als ein Jahr arbeitslos gemeldet waren, um 11,3 Prozent.

300 Bewerbungen verfasst

Peter verfasste seit seinem Uni-Abschluss etwa 300 Bewerbungen, sagt er. „Ich möchte arbeiten und einen täglichen Ablauf haben“, sagt der 46-Jährige. Es müsse auch kein akademischer Beruf sein, aber er würde gern in einem Bereich arbeiten, der seinen Qualifikationen entspricht. Von den Behörden und der Stadt wiederum fühle er sich alleingelassen: „Keiner interessiert sich für mich.“ Die Arbeitsagentur sei ebenfalls keine große Hilfe: „Ich sitze da und schaue Stellenanzeigen an einem Computer durch“, so Peter. „Das kann ich auch zu Hause machen.“ Aus Potsdam wegziehen und in einer anderen Stadt arbeiten möchte der 46-Jährige nicht: „Ich bin hier aufgewachsen, hier sind meine Freunde und meine Eltern.“

Potsdamer mit einem Universitätsabschluss haben es tatsächlich nicht unbedingt leicht, einen Job zu finden – das zeigt ein Blick auf die Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen mit akademischen Abschluss hat sich in Potsdam im Vergleich zum Jahr 2018 im vergangenen Jahr um 20 Prozent verringert. Allerdings bleibt ihr Anteil an allen Langzeitarbeitslosen hoch: Fast jeder Fünfte der Langzeitarbeitslosen hat ein Hochschulstudium abgeschlossen. 

Doreen Ließ, Sprecherin bei der Agentur für Arbeit Potsdam, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass von Langzeitarbeitslosigkeit vor allem Menschen mit niedrigem Bildungsgrad betroffen sind: „Wir beobachten, dass es Personen mit keinem Abschluss immer schwerer haben, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.“ Ein Blick in die Zahlen bestätigt diese Einschätzung. Von 2018 auf 2019 ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen ohne Abschluss um zehn Prozent auf derzeit 176 Menschen gestiegen.

„Teilhabechancengesetz“ soll Besserung bringen

Um den betroffenen Menschen zu helfen, gibt es seit 2019 das sogenannte „Teilhabechancengesetz“. Die Förderung richtet sich vor allem an Arbeitgeber, um zu erreichen, dass diese Langzeitarbeitslosen eine Arbeit verschaffen. Das „Teilhabechancengesetz“ umfasst zwei Fördermöglichkeiten. Bei der einen erhalten Arbeitgeber zwei Jahre lang einen Lohnkostenzuschuss für neue Mitarbeiter, die zuvor mindestens zwei Jahre lang arbeitslos waren. Bei der zweiten Variante erhalten Arbeitgeber für fünf Jahre einen Lohnkostenzuschuss, während der ersten beiden Jahre zu 100 Prozent.

Diese Variante ist für Arbeitslose gedacht, die in den vergangenen sieben Jahren sechs Jahre lang Arbeitslosengeld II erhalten haben und gleichzeitig älter als 25 Jahre sind. Das Jobcenter der Landeshauptstadt fördert dieses Programm. Im selben Zuge würden, sagt Sprecherin Ließ, unter anderem Coachings für Langzeitarbeitslose angeboten. Auch finanzielle Unterstützung bei Weiterbildungen sind in der Förderung vorgesehen. Ließ geht davon aus, dass über das „Teilhabechancengesetz“ knapp 80 Langzeitarbeitslose in Potsdam eine Beschäftigung gefunden haben. Vielleicht trifft das auch bald für Denis Peter zu.

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