Landeshauptstadt: Eine Spitzenjuristin kehrt heim

Warmer Empfang für Ellen Chwolik-Lanfermann: Vor rund 150 Gästen wurde die 63-jährige Richterin am Freitag in der Industrie- und Handelskammer Potsdam in ihr neues Amt als Präsidentin des Landgerichtes Potsdam eingeführt. „Es ist ein bisschen wie eine Heimkehr nach Hause nach einer langen und interessanten Reise“, sagte Chwolik-Lanfermann, die bereits 1997 als Richterin an das Landgericht Potsdam kam und damit ihre 20-jährige juristische Karriere in Brandenburg startete.

Chwolik-Lanfermann, die sich selbst als „begeisterte Potsdamerin“ beschreibt, war nämlich nicht nur in der Landeshauptstadt tätig: Vier Jahre lang war sie im brandenburgischen Justizministerium unter anderem für die Organisation der Gerichte und Staatsanwaltschaften zuständig, 2002 wurde sie zur Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht ernannt. Mit ihrer Wiederkehr nach Potsdam löst sie den langjährigen Landgerichtspräsidenten Dirk Ehlert ab, der in den Ruhestand geht. „Frau Chwolik-Lanfermann ist eine hochqualifizierte Richterin, die die besten Vorrausetzungen für das Amt mitbringt“, betonte Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig (Linke) in einem Grußwort.

Mit der Ernennung von Chwolik-Lanfermann verfügt das Landgericht Potsdam über ein Alleinstellungsmerkmal in Brandenburg: Alle leitenden Positionen – Präsidentin, Vize-Präsidentin, Geschäftsleiterin, Vorsitzende des Richterrats und des Personalrats – sind weiblich besetzt.

Geboren wurde Chwolik-Lanfermann in Oberhausen im Ruhrgebiet, kam allerdings nicht aus einer Juristen-Familie, wie sie erzählt: „Mein Vater war Fahrsteiger im Bergbau.“ 1971 begann sie, Rechtswissenschaften an der Universität Bonn zu studieren. „Ich fand die Vorstellung immer faszinierend, an der Herbeiführung von Gerechtigkeit mitzuwirken“, sagt Chwolik-Lanfermann.

1982 wurde sie Richterin am Landgericht Duisburg, 1985 wechselte sie an das Justizministerium von Nordrhein-Westfalen. In den darauffolgenden Jahren war Chwolik-Lanfermann auch als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht tätig, ab 1991 arbeitete sie zwei Jahre lang im Bundesjustizministerium. „Das war eine sehr interessante Zeit, unter anderem bin ich als Teil der deutschen Delegation zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gefahren.“

1997 habe sie sich bewusst entschieden, vom Oberlandesgericht Düsseldorf nach Potsdam zu gehen: „Ich wollte etwas Neues machen, näher an den Menschen dran sein“, sagt Chwolik-Lanfermann. „Es gab drei große Entscheidungen in meinem Leben, die richtig waren: Erstens, meinen Mann zu heiraten, zweitens, den Richterberuf zu ergreifen, und drittens, in die Justiz des Landes Brandenburg zu wechseln.“ Verheiratet ist sie mit Heinz Lanfermann, dem Brandenburger FDP-Landeschef.

Neben ihren juristischen Tätigkeiten engagiert sich Chwolik-Lanfermann auch ehrenamtlich in Potsdam: Sie ist Vorsitzende des Bürgervereins „Freies Tor“, Mitglied im Förderverein der Stadt- und Landesbibliothek und im Sozialwerk Potsdam.

Am Landgericht Potsdam erwarten Chwolik-Lanfermann viele Herausforderungen: Das Personal ist überaltert, durch Pensionierungen in den kommenden Jahren wird sich der schon bestehende Personalmangel noch verschärfen. „Wir brauchen eine Personalausstattung, die tatsächlich auskömmlich ist, nicht nur auf dem Papier“, sagt Chwolik-Lanfermann. Auch wenn der Großteil der Verfahren zügig erledigt würde, gebe es doch immer wieder Fälle, die sich stark in die Länge zögen: „Da gibt es zum Beispiel ein Verfahren der Wirtschaftsstrafkammer, bei dem allein die Hauptakte 20 000 Seiten stark ist. Ein anderer Fall, bei dem es um einen Steuerschaden von 40 Millionen Euro geht, hat inzwischen 55 Hauptverhandlungstage.“ Auch Heinrich Junker, Leitender Oberstaatsanwalt in Potsdam, äußerte sich ähnlich: „Vor allem mit Wirtschaftsstrafverfahren ist das Landgericht total überlastet.“