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In den nächsten Jahren soll der Wissenschaftsstandort Golm zu einem lebendigen Hightech-Stadtteil wachsen. Einige prägende Bauten wie die Universitätsbibliothek sind bereits entstanden.

© PNN / Ottmar Winter

Ein neuer Ortsteil entsteht: Ambitionierte Pläne für den Wissenschaftspark Golm

Seit einem Jahr ist Agnes von Matuschka Standortmanagerin für den Wissenschaftspark Golm. Es gibt jede Menge zu tun - und ein Name wird auch noch gesucht.

Potsdam - Das Büro von Agnes von Matuschka liegt im Herzen des Wissenschaftsparks Golm: Vom obersten Stockwerk des Gründerzentrums Go:In aus überblickt man den südwestlichen Teil des Forschungsstandortes – also vor allem Wiesen und Brachen. Ein Zustand, den Matuschka in den nächsten Jahren ändern will. Was sieht die Leiterin des Standortsmanagements für den Wissenschaftspark, wenn sie aus dem Fenster schaut?

„Ich sehe einen grünen Park mit Laboren, Büros und Gewerbegebäuden, wo es keine Zäune und viele Durchwegungen gibt, so dass man überall spazieren gehen kann. Ich sehe eine gute Verkehrsanbindung nach Berlin und eine neue Golmer Mitte mit einem Marktplatz“, sagt Matuschka. „Zurzeit wirkt das ganze noch sehr wie ein Industriegebiet, aber wir sollten daran denken, dass wir hier einen neuen Ortsteil schaffen.“

Positives Fazit fürs erste Jahr

Seit rund einem Jahr ist die 53-jährige Biologin Chefin des Standortmanagements, das die Entwicklung des Wissenschaftsparks vorantreiben soll – wirtschaftlich, infrastrukturell, sozial. 1000 Arbeitsplätze sollen bis 2027 dort entstehen. 2018 hat sich das zehnköpfige Team des Standortsmanagements vor allem in die Materie eingearbeitet, Kontakte zu Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Investoren geknüpft, Projekte angeschoben. Jährlich rund 750.000 Euro hat das Standortmanagement durch EU-Förderung zur Verfügung.

Matuschka zieht ein positives Fazit für ihr erstes Jahr: „Die Zusammenarbeit mit den Instituten, der Universität und den Unternehmen ist unheimlich kooperativ: Es herrscht ein sehr gutes Klima und alle arbeiten daran, den Standort bekannter zu machen.“ Ausdrücklich lobt Matuschka die Arbeit ihres Vorgängers Friedrich Winskowski, der das Standortmanagement seit 2008 geleitet hatte: „Herr Winskowski hat hier Unglaubliches geleistet, wir haben eine sehr gute Grundlage vorgefunden.“

Nun kann losgelegt werden

Durch von Matuschkas südliches Bürofenster sieht man eine Baustelle mit Kran, direkt gegenüber vom Go:In entsteht ein Büro- und Laborgebäude mit 5700 Quadratmetern Fläche durch die Project Immobilien Gewerbe AG aus Berlin. Das Gebäude soll ab Ende 2020 Unternehmen und Startups eine Heimat bieten, ebenso wie das Go:In 2, das gleich nebenan erbaut werden soll. Die Ausschreibung läuft derzeit, 2020 soll das 15,2 Millionen Euro teure Gründerzentrum fertig sein. Beide Projekte werden zum „Lab Campus" gehören, so Matuschka: Auf der vier Hektar großen Fläche links und rechts der Straße Am Mühlenberg sollen sich vor allem Unternehmen aus den Bereichen Chemie, Biotechnologie und Optik ansiedeln. Die Grundstücke sind bereits an vier Investoren verkauft worden, darunter ein Biotechnologie-Unternehmen, das dort seinen Firmenhauptsitz errichten will. Ein anderes Unternehmen beispielsweise hat Berlin-Dahlem den Rücken gekehrt, nachdem es ihm dort zu eng geworden sei: „Berlin ist voll und es gibt kaum noch Gewerbeflächen“, sagt Matuschka. „Ich bekomme viele Anfragen von Berliner Unternehmen, denen ihre Büros zu eng werden oder die neue Laborräume suchen. Wegen Leerstands mache ich mir im Wissenschaftspark keine Sorgen.“

Noch größer als der „Lab Campus“ wird der „Technology Campus“ auf der anderen Seite der Bahntrasse: Auf der zehn Hektar großen Brachfläche nördlich des Rewe-Supermarktes sollen Gewerbe- und Produktionsstandorte von Unternehmen aus den Bereichen Medizintechnik, Biotechnologie, pharmazeutische Technologie oder Kosmetik entstehen. Drei Hektar sind bereits verkauft, hier wird das Institut für Informatik der Uni Potsdam ab 2020 sein neues Zuhause erhalten, derzeit befindet es sich noch am Campus Griebnitzsee.

Wohnungen für Studenten

Parallel dazu entsteht neuer Wohnraum für Studierende: Im April werden die rund 460 Apartments des privaten Mondial Campus bezugsfertig sein, der sich östlich vom geplanten „Technology Campus“ befindet. Auf dem Uni-Campus entsteht derweil ein neues Wohnheim mit rund 300 Plätzen durch das Studentenwerk, das Ende 2019 fertig sein soll. Noch nicht begonnen, aber seit langem in Planung ist zudem ein Boardinghaus, ein Langzeithotel für Gastwissenschaftler.

All das und noch mehr muss Matuschka, die zuvor mehrere Jahre im Bereich der Industriepolitik in der Europäischen Kommission arbeitete und dann unter anderem das Centre for Entrepreneurship der Technischen Universität Berlin leitete und so rund hundert Startups in ihrer Anfangsphase begleitete, als Standortmanagerin im Blick haben: „Es ist eine sehr vielseitige Aufgabe, ich werde ständig mit neuen Themen überrascht – zum Beispiel, dass ich mich mit dem Bau von Kabelschächten und deren Verlauf auseinandersetzen muss. Wir beschäftigen uns intensiv auch mit Stadtplanung und kooperieren mit den Kollegen in der Stadtverwaltung.“ Matuschka legt Wert auf eine organische Entwicklung des Wissenschaftsparks zusammen mit dem Ort Golm – das Scharnier soll die „Neue Mitte“ werden: Zwischen Bahnhof und dem Rewe-Supermarkt sollen künftig ein Marktplatz sowie eine Ladenstraße mit Geschäften, Kiosken und Cafés entstehen, um den Ort zu beleben. „Uns ist die Neue Mitte in Golm sehr wichtig“, sagt Matuschka.

Ein englischer Name wird gesucht

Belebt und lebenswerter soll auch der Wissenschaftspark selbst werden: Weg von getrennten Campi und Brachflächen hin zu einem zusammenhängenden Park mit grünen Wegen. „Wenn internationale Gastwissenschaftler am Bahnhof ankommen und erst mal über unbefestigte Sandwege gehen müssen, fühlen sie sich nicht unbedingt wie in einem Wissenschaftspark“, sagt Matuschka. „Es fehlt auch noch ein Leitsystem, durch das man sich vor Ort zurechtfindet und das klar macht: Hier fängt der Wissenschaftspark an.“

Der Standort soll an Attraktivität gewinnen, damit Wissenschaftler, Unternehmen und Forschungseinrichtungen in den Wissenschaftspark kommen und möglichst bleiben. Dazu soll der Internetauftritt erneuert und ein neuer, englischer Name für den Wissenschaftspark gefunden werden. Das Ziel: Aus dem Standort eine Marke machen. „Die Ausschreibung für ein neues Corporate Design läuft derzeit“, sagt Matuschka. Und weiter: „Was mir dagegen noch fehlt, ist eine Gesamtvision von Seiten der Politik.“ Der Wissenschaftspark, die Uni und der Ort Golm müssten noch stärker ganzheitlich betrachtet werden, Planungen von Infrastruktur, Grünflächen, Gewerbe und Verkehr in einer Gesamtstrategie vernetzt werden. Nun hat die Stadtpolitik am 30. Januar entschieden, eine vorbereitende Untersuchung zur Ausweitung von Flächen in Golm-Nord einzuleiten. „Das ist ein sehr positives Signal für die weitere Entwicklung des Wissenschaftsparks“, so Matuschka. Die Standortmanagerin ist optimistisch – immerhin ist Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) ja selbst Golmer und kenne die Situation vor Ort sehr gut.

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