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Landeshauptstadt: Ein Direktor besucht „sein“ Haus

Siegfried Grube arbeitete von 1954 bis 1985 im Warenhaus – ein Karstadt-Besuch in die Vergangenheit

Siegfried Grube arbeitete von 1954 bis 1985 im Warenhaus – ein Karstadt-Besuch in die Vergangenheit Von Kay Grimmer Innenstadt - Die ersten Erinnerungen kommen, da ist Siegfried Grube noch nicht einmal über die Schwelle des Karstadt-Kaufhauses in der Brandenburger Straße getreten. „Richtig stolz waren wir, als 1979 die große Leuchtreklame an die Fassade kam.“ Grube, ein Einzelhändler-Urgestein in Potsdam, kennt den Kaufhausstandort wie seine Westentasche. 1954 begann er dort den Händlerberuf von der Pieke auf zu erlernen. Als er 1985 von „Bord“ ging, war er lange Jahre stellvertretender Kaufhaus-Leiter. „Tach, Herr Direktor!“, schallt es über die Straße. Viele ehemalige Kollegen kommen, wollen sich die Wiedereröffnung des einstigen Arbeitsplatzes nicht entgehen lassen. Waltraud Zimmer kommt auf Grube zu. Sie arbeitete im Konsument-Warenhaus anfangs in der Schneiderei. „Ich weiß gar nicht mehr, wo sich unser Raum befand“, gesteht sie Siegfried Grube. „Erste Etage, ganz rechts, das letzte Fenster“, antwortet der „Herr Direktor“ wie aus der Pistole geschossen. Grube kennt „sein“ Haus. Auf die Veränderungen ist er vor allem gespannt. Er steht auf dem roten Eingangsflor: „Es ist wie damals, 1954 – mein erster Lehrtag. Ich bin voller Erwartung und Spannung! Was wird kommen?“, fragt er sich. Wieder ein Kollege. Peter Behrendt, einst Kaufhaus-Abteilungsleiter, heute Bürgermeister von Friesack. Beide starten den Entdeckungszug durch Karstadt – und die Reise in die Vergangenheit. Der Lichthof! Siegfried Grube sorgte zu DDR-Zeiten dafür, dass das Kleinod geschützt wird, Ende der 70er Jahre „lieh“ er sich ein Gerüst und strich mit Mitarbeitern in einer Nacht- und Nebelaktion die Ornamente am Rand. Behrendt hingegen erinnert sich an akrobatische Leistungen, als Mitarbeiter in schwindelnden Höhen Saisondekorationen befestigten. In der ersten Etage entdeckt Peter Behrendt sofort: „Die Decken sind heute niedriger.“ Wobei auch zu Konsument-Zeiten die Decken abgehängt waren. Was eines Tages zur Folge hatte, dass eine Verkäuferin – damals war Grube schon stellvertretender Kaufhaus-Leiter – in sein Büro kam und sagte: „Die Decke kommt runter!“ Die Begutachtung des Malheurs ergab, dass sämtliche Drähte, welche die Platten hielten, durchgerostet waren. Natürlich wurde repariert – ohne zu schließen. Die schwarzen Füße von einst, die Verkäuferinnen in Sandalen sich holten, weil das alte Parkett regelmäßig geölt werden musste, sind Vergangenheit. Grube ist Karstadt dankbar: „Dass die soviel Geld ausgegeben haben, um die Stadt zu beleben“, freut er sich. Und darüber, dass die Potsdamer den traditionsreichen Handelsstandort, an dem auch er gewirkt hat, wieder annehmen. Die Kaufhaus-Zeit ist für den heutigen Inhaber zweier Rewe-Märkte abgeschlossen, ein wenig Wehmut schwingt aber schon mit. „Wenn ich sehe, welche räumlichen Gestaltungsmöglichkeiten das Haus geboten hat Na, es war damals eine andere Zeit“, rafft er sich aus seinen Gedanken auf. „Jeder Mitarbeiter haben immer sein Bestes gegeben und alles getan, was möglich war“, lobt Grube. Und schließlich sei es ein schöner Tag für die Innenstadt. „Auch für mich selbst“, ergänzt er. Doch letztlich weiß er auch: Nie werde er durchs Haus gehen können, ohne sich an bestimmte Mitarbeiter oder Ereignisse zu erinnern. Es war schließlich mal „sein“ Kaufhaus.

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