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Blick in die Geschwister-Scholl-Straße.

© PNN / Ottmar Winter

Ein Besuch im Westen Potsdams: Zwischen Brandenburger Tor und Wildpark

Zwischen dem Brandenburger Tor und dem Wildpark ist es schick geworden in den vergangenen Jahren – und sehr begehrt bei vielen Familien. Eine Wohnung zu finden ist hier wie ein Sechser im Lotto.

Potsdam - Am Mittwochmorgen radelt Andrea Herhold mit ihrem Sohn Ilai und dessen Freund in einer Kolonne auf dem Radweg an der Zeppelinstraße Richtung Luftschiffhafen. Dort veranstaltet der Landessportbund (LSB) eine „Talentiade“. 200 Drittklässler aus ganz Potsdam werden an Sportarten herangeführt, die sie noch nicht kennen – Segeln etwa, Fünfkampf, Handball. Viele kommen aus der Brandenburger Vorstadt, dem Areal zwischen Luisenplatz, Park Sanssouci, Kastanienallee und Zeppelinstraße. „Kein Wunder“, sagt Gerhard Wartenberg, Referent für Breitensport beim LSB. „Hier haben die Kinder kurze Wege zu den Sportstätten, die Auswahl ist groß.“ Ebenso die Motivation der Eltern, sie dorthin zu schicken. Und weil das Wohnen im Kiez so teuer geworden ist, finden sich dort viele gut situierte Eltern, die dem Nachwuchs Gutes angedeihen lassen wollen. Auch Sport.

Für Familien ist die Infrastruktur ideal

Andrea Herhold wohnt seit zehn Jahren dort. „Als wir herzogen, war mir gar nicht klar, wie gut hier die Infrastruktur speziell für Kinder ist.“ Vier Kitas finden sich in der Nachbarschaft der Carl-von-Ossietzky-Straße, eine Grundschule mit Hort, eine Oberschule, ein Gymnasium. Eine Musikschule eröffnet im März eine Dependance. Aber voll ist es geworden, sagt die Arbeitspsychologin. Und: „Seitdem die Zahl der Eigentümer zugenommen hat, ist die Stimmung nicht mehr so gut. Früher haben wir mehr gefeiert.“

Das hat auch Lehrerin Anja Zerbe beobachtet: „Die Häuser haben sich unterschiedlich entwickelt.“ Genossenschaftsbauten wurden nicht so teuer renoviert wie die Wertobjekte in Privatbesitz. Dennoch: eine Wohnung dort zu bekommen ist wie ein Sechser im Lotto. Wer eine hat, gibt sie nicht wieder auf.

Die Pizzeria Avanti ist eine Institution im Viertel

Zu jenen, die bleiben, gehört der Malteser, der sich Falco nennt. Kurz nach elf hat er die Rollläden seiner Pizzeria Avanti an der Haltestelle Bahnhof Charlottenhof hochgezogen. Seit 27 Jahren ist er hier. Vorher hat der 79-Jährige an der Filmhochschule studiert, am Hebbel-Theater gearbeitet. Aber er wollte selbständig sein. „Egal mit was.“ Jetzt macht er Pizza. „Kein Kunststück“, grinst er. „Nur Teig mit was drauf.“ Aber das ganze Viertel isst bei ihm. Seine Familie arbeitet mit: Sohn, Schwiegertochter, zwei Enkel. „Wo du dein Geld verdienst, da musst du kleben bleiben“, sagt er.

Ein paar Meter die Straße hinunter denkt die Studentin Lysann Weiner ähnlich. Im Dezember hat Jörg Elmer das Café „el cafecito“ an der Haltestelle Auf dem Kiewitt eröffnet. Der Gründer der Eismanufaktur „California Pops“ ist mit der Kinderspielecke in eine Marktlücke gestoßen. „Damit läuft der Laden“, lacht Lysann Weiner. Es kommen Eltern jeden Alters mit Kindern, Großeltern, Studenten. „Ich auch“, sagt Lysann Weiner. Sie schreibt auch hier ihren Bachelor. „ Zu Hause hat man so viel Ablenkung!“

Straßenverkauf: Falco liebt Potsdam - und die Deutschen: "Es ist schön hier!"
Straßenverkauf: Falco liebt Potsdam - und die Deutschen: "Es ist schön hier!"

© PNN / Ottmar Winter

Für die sorgt jetzt Schauspielerin Marie-Luise Arriens, die für ihr Ein-Frau-Stück „Meine gottverlassene Aufdringlichkeit“ auf dem Theaterschiff wirbt. Daneben legt sie die Ankündigung für den nächsten Flohmarkt im Erlöser-Kindergarten. Im Prinzip ein Kleiderkreisel „Wir freuen uns immer darauf!“

Gibt es nichts, was nicht läuft? „Doch!“, sagt ein Vater. „Der Verkehr auf der Zeppelinstraße ist eine straßenverkehrsordnungsfreie Zone!“ Die Stadt weigere sich, einzugreifen. Eine von ihm mitgegründete Bürgerinitiative „Pro StVO“ bemühe sich seit Jahren um Abhilfe.

Stefanie Schuster

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