zum Hauptinhalt
Selbstlose Hilfe. Frank Watzke, hier mit seiner Frau Karin Watzke, gehört zu den Potsdamer Blutspendern, die ausgezeichnet wurden.

© Johanna Bergmann

Ehrung für Potsdamer Blutspender: Botschafter der Mitmenschlichkeit

Selbstlose Hilfe: Bei einer Ehrenveranstaltung wurden nun langjährige Blutspender aus Potsdam für ihr Engagement gewürdigt.

Potsdam - Den ersten Piekser in den Arm ließ Ralf Becker über sich ergehen, als er 30 Jahre alt war. 25 Jahre ist das her. Seitdem hat der Potsdamer es ganze 100 Mal – also im Schnitt viermal im Jahr – ausgehalten, sich mit der Nadel stechen zu lassen, um beim Deutschen Roten Kreuz sein Blut für Menschen in Not zu spenden. „Aber so schlimm ist das mit dem Stechen nun wirklich nicht“, winkt er bescheiden ab. Dennoch freut er sich, dafür am Samstag in die Schinkelhalle eingeladen worden zu sein, um mit rund 150 weiteren Blutspendern vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) geehrt zu werden. Gekommen waren Menschen aus Potsdam und Umgebung, die ihre 100., 125. oder 150. unentgeltliche Blut-, Plasma- oder Blutplättchenspende in mindestens 25 Jahren geleistet haben. Manche haben sogar mehr als 150-mal Blut gespendet. Eine Urkunde und eine Ehrennadel gab es für jeden, dazu ein Menü, musikalische Unterhaltung und einen Dank der Landesregierung, überbracht von Ministerpräsident Dietmar Woidke.

„Auch, wenn Sie Ihren Beitrag als gering empfinden – es gibt keinen größeren als den, Leben zu retten“, sagte der Präsident des DRK-Landesverbands Brandenburg, Frank W. Hülsenbeck, in seiner Begrüßungsrede an die Anwesenden. Blutspender seien Botschafter der Mitmenschlichkeit, weil es ihnen egal sei, welchen ethischen, religiösen, nationalen oder sozialen Hintergrund jemand habe, der Hilfe brauche. Das, was die Spendenden geben, sei ein selbstloser Akt der Nächstenliebe. Zwei Stunden nahm sich der Präsident im Anschluss seiner Rede Zeit, um nach und nach die Ehrennadeln und Urkunden zu überreichen und mit persönlichen Worten zu verbinden. Von der Veranstaltung und der Rede Hülsenbecks sei er durchaus bewegt, sagt Ralf Becker. Am glücklichsten sei er aber darüber, seit 25 Jahren gesund genug zu sein, um spenden zu können.

Nicht alle, die wollen, dürfen auch Blut spenden

Das sei auch die Grundvoraussetzung für das Blutspenden – das Gesundsein, erklärt Rainhard Heller, der als Gruppenleiter für das DRK in Potsdam und Berlin tätig ist: „Immerhin etwa sieben bis zehn Prozent derjenigen, die gerne Blut spenden möchten, müssen wir leider abweisen“, sagt er. Das habe ganz unterschiedliche Gründe, manchmal habe jemand zum Beispiel einfach nur Eisenmangel oder eine Erkältung.

Für Menschen, die eine Blutspende benötigen, können jedoch Viren, die für Gesunde harmlos sind, gefährlich werden. Denn Bedürftige seien nicht ausschließlich Unfallopfer, wie oft geglaubt werde. Roland Karl, Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin in Potsdam, macht deutlich: „Es sind vor allem die chronisch Kranken, die auf Spenden von Blut, Plasma oder Thrombozyten, also Blutplättchen, angewiesen sind.“ Dazu gehören etwa Menschen mit Blutkrebs oder der Bluterkrankheit. Und wenn viele Operationen wegen einer Erkrankung anstehen und der Körper es nicht schafft, sich zu regenerieren, werden Blutkonserven gebraucht. Unfallopfer stünden zwar, wenn sie eine Blutspende bräuchten, zeitlich an erster Stelle, andere Menschen wären aber auf regelmäßige Hilfe angewiesen, so der Mediziner. Theoretisch könne jeder im Alter von 18 bis 73 Jahren Blut spenden, Frauen bis zu viermal, Männer bis zu sechsmal im Jahr. Bundesweit benötigt das DRK täglich rund 15 000 Blutspenden, um diese Patientenversorgung zu gewährleisten, in Berlin und Brandenburg sind es etwa 650 Blutspenden pro Tag.

Frank Watzke: "Mein Beitrag für die Gesellschaft"

Auch die Tochter des Ehepaars Frank und Karin Watzke aus Geltow war im Alter von zehn Jahren aufgrund einer schweren Erkrankung auf eine dieser Blutspenden angewiesen. „Das war der ausschlaggebende Grund, warum ich mit dem Spenden angefangen habe“, erzählt Frank Watzke. Dass seine Tochter wieder gesund wurde, habe ihn nachhaltig motiviert. Insgesamt hat er seit seiner ersten Spende 225 Mal Plasma und Blut gespendet, bis zu achtmal im Jahr lässt er sich dafür in die Arme stechen. „Das ist mein Beitrag für die Gesellschaft“, sagt er. Seine Tochter, die mit fremdem Blut gerettet werden konnte, spende im Übrigen auch. Und er würde sich wünschen, dass noch viel mehr junge Leute es ihr nachahmen würden, denn es sei offensichtlich, dass mehr ältere als junge Menschen zu den Blutspendeterminen erscheinen würden. Rainhard Heller bestätigt diese Annahme: „Der demografische Wandel ist spürbar. Wir brauchen mehr junge Menschen, die bereit sind, die Älteren zu unterstützen.“ Warum die Jungen weniger spenden, weiß Heller auch nicht genau. Vielleicht, weil man sich zwei Stunden Zeit dafür nehmen muss, vermutet er.

Die Angst vor dem Piekser beziehungsweise einem Unwohlsein nach der Blutentnahme sei jedenfalls unbegründet, meint auch Helmut Protz, der für 100 Blutspenden vom DRK geehrt wurde. Die Einschränkungen seien minimal, erklärt er, „und außerdem hat es den Vorteil, dass man selbst regelmäßig einen kostenlosen Gesundheitscheck erhält“. Eine gute Voraussetzung, selbst lange fit zu bleiben, findet er.

Lesen Sie weiter:

Sie wollen auch Blut spenden? Hier finden Sie die nächsten Blutspendetermine >>

Andrea Lütkewitz

Zur Startseite