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Landeshauptstadt: Durchbruch im Synagogenstreit?

Staatssekretär Gorholt spricht einmal mehr von einer Einigung. Die Gemeinden sind zurückhaltender

In der Debatte um die künftige Synagoge an der Potsdamer Schloßstraße macht das Land weiter Druck. Am Dienstag stellte Staatssekretär Martin Gorholt (SPD) ein Papier vor, in dem eine Einigung zwischen den drei jüdischen Gemeinden in Potsdam skizziert wurde. „Ich habe nicht vor, dass noch mal Jahre ins Land gehen“, sagte Gorholt. Er strebe eine verbindliche Vereinbarung über den Synagogenbau bis zum Beginn des kommenden Jahres an. Gorholts Vorstoß stieß bei den drei jüdischen Gemeinden auf ein geteiltes Echo: Während sich die Synagogengemeinde überwiegend positiv äußerte, gab es Kritik von der Jüdischen Gemeinde. Die Gesetzestreue Jüdische Gemeinde wollte sich zu dem Papier nicht äußern.

Das Land hält für den Bau der Synagoge rund 4,5 Millionen Euro bereit. Die alte Potsdamer Synagoge stand einst am Wilhelmplatz (heute Platz der Einheit). 1938 wurde sie von den Nationalsozialisten geschändet, während des Krieges durch Brandbomben zerstört. In der Schloßstraße sollen die Potsdamer Juden endlich wieder ein würdiges Gotteshaus bekommen.

Gorholt vertritt in der Sache das Land Brandenburg als Geldgeber für die Synagoge und bemüht sich seit Jahren um eine Einigung. Das von ihm vorgestellte Papier sei das Resultat zahlreicher Gespräche mit Vertretern der Gemeinden. Dies beinhalte unter anderem, dass weiter an dem Entwurf des Berliner Architekten Jost Haberland festgehalten werde, dieser aber erneut Änderungen vornehme – im Inneren sowie an der Fassade des Gebäudes, so Gorholt. Zum anderen einigten sich die Jüdische Gemeinde Potsdam, die Synagogengemeinde sowie die Gesetzestreue Jüdische Landesgemeinde darauf, gemeinsam eine Trägerstruktur zu bilden. Dies könne entweder eine Stiftung oder eine Körperschaft öffentlichen Rechts sein, sagte Gorholt. Spätestens im Dezember sollen die Verhandlungen darüber sowie mit Haberland abgeschlossen und Anfang 2014 vertraglich festgehalten werden. Im Februar könne dann mit der Bauplanung begonnen werden, sagte Gorholt. Wenn alles so läuft, wie von Gorholt gedacht, könnte die Synagoge Ende 2016 fertig sein.

Das Papier sei eine Verständigung auf einen Zwischenschritt. Damit sie man viel weiter, als er selbst vor einem Jahr gedacht habe, erklärte Gorholt. Es gebe jedoch nach wie vor Stolpersteine. Gorholt sieht Konflikte vor allem bei der Frage der Raumaufteilung in dem schmalen Gebäude. Zwischen den jüdischen Gemeinden gab es Streit um die Anordnung von Veranstaltungsraum, Synagogenraum und Büros. Tatsächlich wird das Gorholt-Papier in dieser Frage von den Gemeinden unterschiedlich gesehen. Die Synagogengemeinde, die den Haberland-Entwurf einst abgelehnt hatte, hält eine Einigung auf dessen Basis nun für möglich, sagte ihr Vorsitzender Ud Joffe den PNN. Wichtig sei, dass bei der Gestaltung der Fassade die sakrale und jüdische Identität des Gebäudes erkennbar sei. Außerdem müsse der Entwurf so überarbeitet werden, dass der eigentliche Synagogenraum größer werde und nicht höher als in der ersten Etage liege. „Wir gehen davon aus, dass der Architekt ein breites Repertoire hat“, so Joffe.

Gerade die Raumaufteilung sorgt bei der Jüdischen Gemeinde für Verwunderung: „Wir sind überrascht“, sagt ihr stellvertretender Vorsitzender Mykhaylo Tkach den PNN. Über die Fassade könne man reden, jedoch werde die Gemeinde in Fragen der Raumaufteilung am ursprünglichen Entwurf festhalten. Schließlich handele es sich um den Siegerentwurf eines Architekturwettbewerbs. Man sei weiter bereit, an einer Einigung zu arbeiten, so Tkach. Diese sei aber bei Weitem noch nicht erreicht.

Seit dem Beginn des Streits um den Synagogenbau in der Schloßstraße gab es zahlreiche Vermittlungsversuche zwischen den Gemeinden, auch eine Mediation wurde 2012 durchgeführt. In den nächsten Wochen soll es nun weitere Gespräche geben. (mit wik)

CHRONIK

Eigentlich sollte in der Schloßstraße längst die neue Synagoge stehen, doch weil innerhalb der jüdischen Gemeinden ein Streit über die moderne Architektur des Gebäudes entbrannte, wurde im Juni 2011 ein Baustopp verhängt und die Baugrube sich selbst überlassen. Der schlicht-moderne Entwurf des Berliner Architekten Haberland, der 2010 die Ausschreibung gewonnen hatte, war vor zwei Jahren der Auslöser für den Zwist in der Stadt: Einigen Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde Potsdam war der Entwurf zu wenig sakral, auch an der Raumaufteilung im Inneren gab es Kritik. Aus Protest traten sie 2010 aus und gründeten eine neue Gemeinde, die Synagogengemeinde. Heute zählt diese dem Ministerium zufolge 149 Mitglieder, die Jüdische Gemeinde 374. Die offiziellen Angaben zufolge 256 Mitglieder zählende Gesetzestreue Jüdische Gemeinde Potsdam hielt sich zunächst demonstrativ raus. Seit sie mitredet, ist neue Bewegung in die Diskussion gekommen. (PNN)

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