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Landeshauptstadt: Dunkelster Winter seit 1893

Seit Anfang Dezember schien in Potsdam nur 87 Stunden lang die Sonne – normal sind 160 Stunden

Einen so trüben Winter hat die Stadt Potsdam noch nie erlebt: Wie Meteorologe Wolfgang Harno vom Deutschen Wetterdienst (DWD) auf PNN-Anfrage erklärte, habe vom 1. Dezember bis zum 28. Februar nur 87 Stunden lang die Sonne geschienen. „So wenig wurde noch nie gemessen“, sagte Harno. Selbst der bisherige Negativrekord aus dem Jahr 1966 – mit nur 87 Stunden und 42 Minuten Sonnenschein – sei noch unterboten worden. Die durchschnittliche Sonnenscheindauer für die Zeit von Anfang Dezember bis Ende Februar betrage eigentlich 160 Stunden und sechs Minuten, so Harno.

Für Potsdam gibt es dank der sogenannten Säkularstation auf dem Telegrafenberg, die das Wetter seit dem Jahr 1893 aufzeichnet, detaillierte Statistiken. Demnach lag in diesem Winter auch die Menge der Niederschläge leicht über den Durchschnittswerten. Bei der Temperatur war vor allem der Januar etwas zu warm, während sich der Februar kälter als gewöhnlich präsentierte.

Doch vor allem der Lichtmangel war prägend – allein im Dezember zeigte sich die Sonne acht aufeinanderfolgende Tage nicht, im Januar war es sogar neun Tage dauerhaft trübe. Auch vom vergangenen Samstag an schien bis zum gestrigen Freitag keine Sonne. All das hatte Folgen. So verändere zu wenig Licht das Zusammenspiel körpereigener Hormone, sagte DWD-Medizinmeteorologin Christina Koppe-Schaller. „Über das Auge regelt das Sonnenlicht die Hormon-Produktion.“ Nimmt das Auge wenig Licht auf, wird wenig Wach-Hormon Serotonin gebildet, Antriebslosigkeit ist die Folge. Das Schlaf-Hormon Melatonin dagegen braucht Licht, um abgebaut zu werden. Viele Menschen, vor allem in den skandinavischen Ländern, leiden unter Winterdepressionen, fühlen sich schlapp. Auch wenn das Wetter wenig Lust auf Spaziergänge mache, sei das ein Gegenmittel – Bewegung im Freien, selbst bei bedecktem Himmel, verschaffe genug Licht, um die Serotonin-Produktion anzukurbeln.

Die Wetterlage mit wenig Wind, vielen Wolken und kalten Temperaturen hatte für Potsdam auch andere Folgen – die Luftverschmutzung stieg. So sind seit Silvester die Grenzwerte für Feinstaub in der Zeppelinstraße schon an 14 Tagen überschritten worden, in der Großbeerenstraße schon zehnmal – erlaubt sind pro Jahr 35. Auch anderswo in Deutschland sind die Werte deutlich gestiegen.

Ähnlich ist es bei der Sonnenscheindauer: So meldete die Gemeinde Kahler Asten im Sauerland für die drei Monate nur 43 Stunden Sonne. Am meisten Sonne bekam Oberstdorf in Bayern mit 178 Stunden ab – aber auch das liegt ein Viertel unter dem Soll. Allgemein konstatierte der DWD die sonnenscheinärmste kalte Jahreszeit seit Beginn der flächendeckenden Wetteraufzeichnungen im Jahre 1951.

Allerdings: Ab spätestens Sonntag rechnet der DWD für Potsdam mit sonnigerem Wetter bei Temperaturen von bis zu sieben Grad. Für die Meteorologen ist der Winter schon seit Donnerstag zu Ende, nach dem Kalender beginnt der Frühling aber erst Ende März. HK/ dapd/ dpa

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