zum Hauptinhalt
Das Innere der Pfingstkirche, nunmehr wieder mit historischer Ausmalung mit floralen und geometrischen Elementen. 

© PNN / Ottmar Winter

Dreitägiges Programm: Die Pfingstkirche feiert ihr 125-jähriges Bestehen

Die Potsdamer Pfingstkirche war eine der Lieblingskirchen von Kaiserin Auguste Victoria. Nun wird das Jubiläum des versteckten Backsteinbaus mit einem Fest begangen.

Man nannte sie „Kirchenjuste“. Ihre drei Hofstaatsdamen wurden zuweilen als „Halleluja-Tanten“ bezeichnet. Kaiserin Auguste Victoria muss eine sehr fromme Frau gewesen sein. Den Bau gleich mehrerer Dutzend Kirchen in der Region Berlin hat die 1858 geborene Gattin Kaiser Wilhelms II. gefördert. Doch eine eher kleine märkische Backsteinkirche im Potsdamer Norden war der Kaiserin besonders ans Herz gewachsen: In die Pfingstkirche unweit des Neuen Gartens, am Fuße des Pfingstbergs gelegen, kam sie des Öfteren. Am 20. November 1918, also eine Woche, bevor sie ihrem Mann ins niederländische Exil folgte, besuchte Auguste Victoria zuletzt einen Gottesdienst in der Potsdamer Pfingstkirche. Als die Monarchie 1918 abdankte, war der etwas versteckte Sakralbau erst 24 Jahre alt.

Mittlerweile sind seit der am 15. Oktober 1894 erfolgten Weihe der Pfingstkirche 125 Jahre vergangen. Grund für die heutige Evangelische Pfingstgemeinde, dieses Jubiläum ihres Gotteshauses vom morgigen Freitag an mit einem dreitägigen Fest zu feiern (siehe unten). 

Pünktlich zu den Feierlichkeiten hat der Autor Rudolf Reinhold – selbst Mitglied der Pfingstgemeinde – eine Chronik verfasst. Unter dem Titel „Zwischen Pfingstberg und Neuem Garten - Aus der Geschichte der Evangelischen Pfingstkirche Potsdam und ihrer Gemeinde“ (168 Seiten, Verlag tredition, Paperback 14,99 Euro, Hardcover 19,99 Euro) widmet sich Reinhold vor allem den Menschen, die an diesem Ort in Christi Namen wirkten. Die Lebenswege zahlreicher Pfarrer und Vikare, die hier tätig waren, hat Reinhold nachgezeichnet. Manche von den heute noch Lebenden haben in der Publikation selbst Auskunft über ihre Vita gegeben. Auch Kirchenmusiker und Menschen aus dem Gemeindebüro finden in der Chronik Erwähnung.

Die neue Orgel ist endlich fertig

Mit dem Fest zum 125. Jahrestag der Kirchweihe begeht die Gemeinde in diesen Tagen zugleich ein anderes freudiges Ereignis: Die seit rund zehn Jahren in mehreren Bauabschnitten gefertigte Orgel der Firma Schuke ist nun vollendet. Als „eine sehr sangesfreudige Gemeinde“ bezeichnet der derzeitige Pfarrer Stephan Krüger die ihm anvertrauten Seelen – jedenfalls jene, die den Gottesdienst besuchen. Die neue Orgel kann nun den Gemeindegesang kräftig unterstützen. 

Krügers Angaben zufolge gibt es rund 2200 Gemeindemitglieder. Das Gemeindegebiet reicht bis ins Bornstedter Feld und auch nach Sacrow, wo es bekanntlich direkt am Wasser ebenfalls eine Kirche gibt. Zu einem normalen Gottesdienst außerhalb kirchlicher Feiertage besuchen etwa 50 bis 60 Menschen die Pfingstkirche, schätzt der Pfarrer. „Eher so mittleres Alter“, sagt Krüger über die Altersstruktur seiner Gottesdienstgemeinde. Und natürlich freut es den Geistlichen, dass die Gemeinde wächst. Dies hänge mit dem stetigen Zuzug zusammen. Das Bornstedter Feld wächst – und mit ihm auch die Zahl der zur Pfingstgemeinde gehörenden Menschen.

Die historische Ausmalung wurde freigelegt

In den vergangenen Jahren hat man die Pfingstkirche im Innern einer optischen Verwandlung unterzogen. In weiten Teilen konnte die historische Ausmalung mit floralen und geometrischen Elementen wiederhergestellt werden. In den Jahren 1956 und 1979 hatte man die Ausmalung weiß überstrichen. Nun also wieder der alte Glanz. Auch dies ein Anlass für die Gemeinde, in diesen Tagen zu feiern. Ganz fertig ist die Rückverwandlung des Gotteshauses indes noch nicht. Unter anderem fehlt die Ausmalung der Apsis. Dazu bedarf es zunächst einer Sanierung des Sockels, wie Krüger berichtet. Wann alles fertig sein wird, kann der Pfarrer momentan nicht sagen. Und noch etwas steht auf der Agenda: „In nächster Zeit soll der Kirchvorplatz neu gestaltet werden.“

Die Kirche selbst steht mitten auf einem campusartigen Gelände. Unter anderem findet sich hier eines der beiden Hauptgebäude der Evangelischen Grundschule. Mit dieser Bildungseinrichtung steht das heutige Kirchengelände gewissermaßen in einer langen Tradition, hatte man doch dort im 19. Jahrhundert im alten sogenannten Pfingsthaus Jungen unterrichtet, die dort auch wohnten. Am 12. November 1851 hatte das „Rettungshaus zur Erziehung und Besserung sittlich verwahrloster Knaben“ seine Arbeit aufgenommen. In der neuen Chronik von Rudolf Reinhold ist auch dies nachzulesen. Demnach wurden in der Regel Jungen im Alter von acht bis zwölf Jahren in diese Erziehungsanstalt aufgenommen. Im „Rettungshaus“ blieben sie bis zu ihrer Konfirmation. Im Anschluss daran sollten sie zumeist einen handwerklichen Beruf erlernen.

Die Prinzessin selbst übernahm einst das Protektorat

Nach einigen Jahrzehnten wurde das Pfingsthaus sanierungsbedürftig. Man erkannte, dass es modernen Ansprüchen nicht mehr genügte. Das Kuratorium des Pfingsthauses wandte sich daraufhin an Auguste Victoria und bat um Unterstützung. Als Prinzessin übernahm sie 1884 das Protektorat über das Pfingsthaus. Es folgte eine rege Bautätigkeit. Im Zuge des Ausbaus der Nauener Vorstadt erwies sich auch der Bau einer Kirche als notwendig. So entstand 1894 schließlich nach Plänen Ludwig von Tiedemanns die Pfingstkirche. Das Gebiet gehörte zu dieser Zeit noch zur Gemeinde der Friedenskirche. Erst 1913 wurde die Pfingstgemeinde gegründet.

Die Höhen und Tiefen des 20. Jahrhunderts spiegeln sich indes auch im Personal der Gemeinde wider. So wirkte hier von 1937 bis 1948 Pfarrer Friedrich von der Heydt, der zu den nationalsozialistisch eingestellten Deutschen Christen gehörte. Aber auch Günther Brandt, der sich für verfolgte Juden einsetzte und heute in Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt wird, war im Jahre 1939 als Hilfsprediger in der Gemeinde tätig.

DAS FESTPROGRAMM

Die dreitägigen Feierlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen der Pfingstkirche werden am morgigen Freitag um 17.30 Uhr auf dem Gelände der Evangelischen Pfingstgemeinde in der Großen Weinmeisterstraße 49a eröffnet. Ab 18 Uhr spielt die Brandenburger Band Patchwork.

Am Samstag ab 15 Uhr können die Besucher zwischen den Ständen des Erntedank- und des Flohmarkts wandeln. Ab 15.30 Uhr wird die von Rudolf Reinhold verfasste neue Chronik „Zwischen Pfingstberg und Neuem Garten - Aus der Geschichte der Evangelischen Pfingstkirche und ihrer Gemeinde“ vorgestellt. Um 17.30 Uhr gibt es eine Kirchenführung und Orgelspiel. Um 19 Uhr tritt das Potsdamer Gesangsensemble Acapense auf.

Am Sonntag, dem 29. September, werden die Feierlichkeiten um 11 Uhr mit einem Festgottesdienst fortgesetzt. Die Predigt wird Generalsuperintendentin Heilgard Asmus halten. Ab 12.30 Uhr soll am Sonntag auf dem Kirchengelände buntes Markttreiben herrschen. In einem Vortrag von Thomas Parent wird es ab 14 Uhr um Auguste Victoria gehen – als Frau und Mutter, Landesmutter und Kaiserin. Ab 15 Uhr gibt es für Interessierte nochmals eine Kirchenführung und Orgelspiel. Und um 16 Uhr wird unter der Leitung der Popkantorin Christina Schütz das Musiktheater Petrus von Michael Schütz aufgeführt. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false