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Doch keine Schulgewalt in Potsdam?: Gewaltvorwürfe an der Steuben-Schule

Der anonyme Brandbrief über die Zustände in der Steuben-Gesamtschule wird kontrovers diskutiert – der Kreiselternrat stellt sich dabei hinter die Schule. Auch die Kommunalpolitik reagiert, es ist ein Krisentreffen geplant.

Kirchsteigfeld - Nach einem anonymen Brandbrief über Gewalt an der Steuben-Gesamtschule ist nun ein Krisentreffen geplant. Unter anderem die Leitung des Hauses, Elternvertreter, die Schulaufsicht und die Stadt würden Anfang Juni zusammenkommen, über die Lage vor Ort sprechen und mögliche Unterstützungsangebote beraten, sagte ein Sprecher des Landesbildungsministeriums am Mittwoch auf PNN-Anfrage.

Zugleich werden die Vorwürfe kontrovers debattiert. Die PNN erreichten diverse Zuschriften zu dem Thema, mehrere dutzend Reaktionen gab es in den sozialen Netzwerken. Etwa drei Viertel der Meldungen pflichteten den Schilderungen des vergangene Woche in den PNN publik gewordenen Schreibens bei. Darin hieß es unter anderem, Übergriffe zwischen Schülern – gerade in unteren Klassenstufen – und gegen Lehrer seien an der Tagesordnung und es gelinge nicht, diese aggressive Spirale zu durchbrechen. Die Rede war zudem von Bedrohungen und Beleidigungen. „Deswegen haben wir unser Kind da nach einem Jahr runtergenommen“, berichtete eine Mutter. Doch bisher seien die Zustände unter den Tisch gekehrt worden, meinte eine andere.

So gravierend seien die Schwierigkeiten an der Schule nicht

Ein Viertel der Kommentare nahm die Schule allerdings auch in Schutz. Tenor: So gravierend seien die Schwierigkeiten an der Schule längst nicht – oder auch anderswo gäbe es Probleme. Verwundert über die Vorwürfe zeigte sich allerdings auch der der Kreiselternrat. Dessen Vorsitzender Markus Kobler sagte den PNN, von Eltern und Schülern, die er kenne, könne keiner derartige Zustände bestätigen. Dort herrsche zwar manchmal ein ruppiger Ton, der sich allerdings nicht weiter von anderen Einrichtungen unterscheide – dieses Phänomen müsse man daher stadtweit angehen. Zugleich lobte Kobler, dass Bildungsdezernentin Noosha Aubel (parteilos) die Pläne zur Erweiterung der Schule von fünf auf sieben Klassenzüge mit Hilfe von Unterrichtscontainern inzwischen gestoppt hat. „Das würde derzeit den Rahmen sprengen.“ So sei die Schule auch mit der Umsetzung der Inklusion in Brandenburg beschäftig, also mit der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

Auch Harald Bartke, Vorsitzender der Steuben-Schulkonferenz und zugleich Vize-Kreiselternrat, lobte auf Anfrage vor allem, dass die Schule gut auf das Erwachsenenleben vorbereitet, speziell in Sachen Berufsorientierung. „Jeder hat dort die Chance auf ein Abitur.“ Dass die Schule in den vergangenen Jahren nur mäßig als Wunschschule angeben wurde, sei auch auf die Lage ganz im Süden der Stadt zurückzuführen, ergänzte Kobler. So seien an der Schule auch viele zugewiesene Jugendliche, die andere Schulen eben nicht aufnahmen. Insofern seien auch die im Landesschnitt unterdurchschnittlichen Prüfungsergebnisse anders interpretierbar, machte Bartke deutlich – die Schüler kämen mit schlechteren Noten an die Schule und hätten am Ende zumindest bessere Abschlüsse. Und in seiner persönlichen Sprechstunde an der Steuben-Schule seien Probleme, wie in dem Brandbrief beschrieben, bisher nicht zur Sprache gekommen, sagte Bartke. Gleichwohl wolle er Schüler und Lehrer ermuntern, im Fall der Fälle solche Geschehnisse direkt zu melden.

„Hilferufe wie an der Steuben-Schule schreien nach neuen pädagogischen Rezepten.“

Auch die Kommunalpolitik ist aufmerksam geworden. Um die Situation vor Ort zu verbessern, bereitet etwa die Grünen- Fraktion einen Antrag für das Stadtparlament vor. Fraktionschefin und OB-Kandidatin Janny Armbruster twitterte: „Hilferufe wie an der Steuben-Schule schreien nach neuen pädagogischen Rezepten.“

Die AfD-Fraktion bemängelte wiederum, dass zum Thema Schulgewalt die Stadt keine Auskunft darüber geben könne, wie „viele Kinder mit Flüchtlingshintergrund an Potsdamer Schulen zurzeit gemeldet sind oder ob und in welchem Maße diese tätlich gegenüber Mitschülern oder Lehrern wurden“. Doch auch die Schulämter führten keine Statistiken über Verweise oder Gewaltvorfälle an den Potsdamer Schulen, teilte das Bildungsministerium auf Anfrage mit. Eine Zunahme solcher Vorfälle für die Region Potsdam könne man nicht bestätigen. Im Land insgesamt seien 2018 rund 1150 psychische und physische Gewaltdelikte an Schulen erfasst worden – das sind 18 Prozent mehr als noch 2013. Seitdem wuchsen die Zahlen kontinuierlich an. 

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HINTERGRUND: Neuer Verein für bessere Bildung

Ein neu gegründeter Verein „Potsdam bewegt Bildung“ will frischen Wind in die Bildungslandschaft der Stadt bringen. Dazu sollen unter anderem Filmabende, Workshops, Vorträge, Bildungsspaziergänge oder Symposien in Potsdam stattfinden, teilte der Verein jetzt mit. Zu den Begründern zählen die Grünen-Stadtverordnete Ingeborg Naundorf und die ehemalige Lehrerin Eva Wieczorek. Vereinsvorsitzende Nadine Arndt erklärte: „Es ist wenig hilfreich, das gegenwärtige Bildungssystem nur zu kritisieren – was es braucht, ist das Aufzeigen von pädagogischen Alternativen, um Behörden, Lehrern oder Eltern eine Wahlmöglichkeit zu geben.“ Ziel sei auch, über neue Erkenntnisse in der Bildungsforschung zu informieren, gerade im Bereich Reformpädagogik. Eine Internetseite ist unter www.potsdam-bildung.de in Arbeit. Ein erster Workshop findet am kommenden Samstag von 9.30 bis 12.30 Uhr im „Entfaltungsraum“ in Liefelds Grund 25 in der Waldstadt statt: Dabei geht es unter dem Motto „Begleitung in der Eigensinnentwicklung" um hilfreiche Strategien für den Umgang mit Kindern im sogenannten Trotzalter. Der Kurs kostet 20 Euro pro Person, anmelden kann man sich über katja@potsdam-bildung.de. 

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