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Diskussion um Garnisonkirche: Verharmlosung des Holocaust?

Der Streit um die Garnisonkirche ist während eines Vortrages am Donnerstagabend im soziokulturellen Zentrum Freiland eskaliert.

Der Streit um den Wiederaufbau der Garnisonkirche erreicht eine neue Eskalationsstufe. Die Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche wirft dem Theologischen Vorstand der Garnisonkirchenstiftung, Martin Vogel, vor, den Holocaust zu verharmlosen. Bei einer Diskussionsveranstaltung im alternativen Kultur- und Jugendzentrum „Freiland“ am Donnerstagabend soll er laut einer Mitteilung der Bürgerinitiative den Völkermord des NS-Regimes an den Juden indirekt mit den Unrechtstaten des SED-Regimes verglichen und zugleich Drittes Reich und DDR gleichgesetzt haben.

Vogel wies den Vorwürfe auf PNN-Anfrage am Freitagabend zurück. Er habe sich bei der Diskussion mit dem Juristen Thomas Heinrichs vom Humanistischen Verband Deutschland (HVD) zu Wort gemeldet, aber keinesfalls den Holocaust verharmlosen oder NS-Herrschaft und SED-Regime gleichsetzen wollen. „Mir ging es um die Motive, warum die Stadt in der Stiftung für den Wiederaufbau der Garnisonkirche mitwirkt.“ Heinrichs hatte im Auftrag der „Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche“ eine Expertise erarbeitet. Er wirft der Stadt Potsdam vor, mit ihrem Engagement in der Stiftung für den Wiederaufbau der Garnisonkirche gegen das Verfassungsgebot der Trennung von Staat und Kirchen zu verstoßen.

Bei der Debatte über die Ergebnisse seiner Untersuchung am Donnerstagabend im Freiland ist nach Darstellung von Heinrich, Vogel und anderen Augenzeugen die Frage aufgeworfen worden, ob die Förderung des Landes für den Wiederaufbau einer Synagoge in Potsdam nicht auch gegen die Trennung von Staat und Kirche verstoße. Heinrich sagte nach eigenen Angaben, auch wenn ein aufbauendes Fördern von Religionsgemeinschaften durch den Staat nicht zulässig sei, sei dies im Falle jüdischer Gemeinden aufgrund des Holocaust und der historischen Schuld durchaus angemessen für die Förderung von Bauten.

Vogel hat dann nach Darstellung von Heinrich und eines  Augenzeugen seine Frage damit eingeleitet, dass er sich auf dünnes Eis begebe und nichts vergleichen wolle. Vogel selbst fragte dann nach eigenen Angaben: Wenn die kirchenfeindliche Politik der SED zum rechtswidrigen Akt der Sprengung der Garnisonkirche geführt habe, ob dann nicht das Engagement der Stadt Potsdam in der Stiftung als Wiedergutmachung von Unrecht zu verstehen sei. Heinrich empfand die Frage, ob nicht angesichts der Lage und der Benachteiligung der evangelischen Kirche in der DDR – wie bei der jüdischen Gemeinde eine überdurchschnittliche staatliche Förderung als Ausgleich zulässig sei, als einen Vergleich, den er gegenüber den PNN als „sehr schwierig und daneben“ bezeichnete. Er glaube aber nicht, dass Vogel den Holocaust verharmlosen wollte, „der Vergleich ergab sich wohl aus der Diskussion“, so Heinrichs. Die Darstellung der Garnisonkirchengegner, die Vogel die Verharmlosung des Holocaust vorwerfen, sei „etwas skandalisierend“.

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