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Diskussion nach Brandbrief: Wie sich die Steubenschule ändern soll

Gewalt, Drogen, Klima der Angst: In einem anonymen Brandbrief wurden schwere Vorwürfe gegen die Steubenschule erhoben. Nun greifen Stadt und Bildungsministerium mit einem Maßnahmenpaket ein.

Potsdam - Nach einem anonymen Brandbrief zum Schulalltag in der Steuben-Gesamtschule haben Bildungsministerium, Stadt und Vertreter der Einrichtung ein Maßnahmenpaket geschnürt, um die Atmosphäre an der Einrichtung zu verbessern. Das sagte der Bildungsministeriumssprecher Ralph Kotsch jetzt auf PNN-Anfrage.

Die einzelnen Punkte sind demnach bei einem Krisentreffen Anfang Juni auch im Beisein von Elternvertretern beschlossen worden. Notwendig sei es, die Kommunikation innerhalb der Schule, also zwischen Schülern, Lehrern und Leitung zu verbessern. Dafür wird Hilfe von außen geholt: etwa durch Fortbildung oder eigens ausgebildete Berater des Schulamts in Brandenburg an der Havel.

In dem Mitte Mai bekannt gewordenen Brandbrief war unter anderem von häufigen Übergriffen, Beleidigungen und Bedrohungen unter Schülern und gegen Lehrer – nicht zuletzt in den unteren Klassenstufen – die Rede. Manche Schüler würden von ihren Eltern sogar noch in ihren extremen Haltungen unterstützt. Kotsch kündigte an, dass „auch die mitunter schwierige Kommunikation und Zusammenarbeit“ mit einigen Eltern mittels eines Konzepts verbessert werden soll. „Das Ziel sollte es sein, Eltern zu helfen oder anzuleiten, ihre Kinder im schulischen Alltag besser zu unterstützen“, sagte der Sprecher. Die Stadt Potsdam prüfe weitere Unterstützungsmöglichkeiten durch das Jugendamt. Ferner befinde sich die Schule im Antragsverfahren als „Schule für Gemeinsames Lernen“ – also als Inklusionsschule, in der Kinder und Jugendliche mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf miteinander lernen. Der Beginn sei für das Schuljahr 2019/20 geplant.

Schulleitung unterstützt einzelne Lehrer durch Beratung, Hospitation und Fortbildung 

Das Ministerium und die Schule hatten nach Bekanntwerden der Vorwürfe zunächst von Einzelfällen gesprochen – allerdings auch elf Schulverweise allein in der Klassenstufe sieben innerhalb eines Jahres gezählt. Nun sagte Kotsch, dass die in dem Brief beschriebenen Probleme im Unterricht offenbar nur bei einzelnen Lehrkräften aufträten. Diese würden nun von der Schulleitung durch Beratung, Hospitation und Fortbildung unterstützt. Zudem solle für die Lehrerkollegen eine individuelle Supervision durch das Schulamt erfolgen, hieß es. In dem Brief hieß es wie berichtet, in vielen Klassen sei der Unterricht für die Lehrer eine „reine Qual“ – etwa wegen häufiger Pöbeleien von einigen „erziehungsresistenten Schülern“. Und selbst von antisemitischen und rassistischen Sprüchen war die Rede, desgleichen von Schlägereien.

Natürlich würden die Vorwürfe ernst genommen – allerdings seien sie „überzogen dargestellt“, sagte Kotsch. Insgesamt sei die Steuben-Schule, was die Schülerzahlen betrifft, nicht ausgelastet. Aufgrund der hohen Auslastung an anderen Schulen in Potsdam würden deshalb – dort abgelehnte – Kinder aus dem ganzen Stadtgebiet der Steuben-Schule zugewiesen. „Das ist eine besondere Herausforderung für die Schule“, so Kotsch. Die Stadt hatte wie berichtet die geplante zeitweise Erweiterung der bei wichtigen Prüfungsergebnissen unter dem Landesnotenschnitt liegenden Schule von fünf auf sieben Klassenzüge bereits abgesagt.

Weiterhin sei in der Krisenrunde verabredet worden, die Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern. Ziel sei es etwa, „die zweifelsfrei vorhandenen Stärken der Schule hervorzuheben“, so Kotsch.

„Disziplin unter den Schülern und und die Lerneinstellung extrem schlecht, teilweise grenzwertig“

Unterdessen haben die PNN diverse Briefe mit unterschiedlichen Sichten auf die Sachlage erreicht. So schrieb die Schülersprecherin der Schule, die Elftklässlerin Anique Belitz: „Ich finde es unfair, dass wir Schüler alle über einen Kamm geschert werden, denn es gibt nur eine sehr geringe Zahl dieser ,Problemschüler’ an unserer Schule, genauso wie an jeder anderen Schule auch.“ Schulleitung und Lehrer trügen zu einer „positiven Lern- und Wohlfühlatmosphäre“ bei, ein „offenes Ohr“ für Probleme sei vorhanden. Mit Projekten wie einem alljährlichen Spendentag für eine Partnerschule in Togo werde das Sozialverhalten der Schüler gefördert. Auch sei der Drogenkonsum an der Schule – anders als in dem Brandbrief dargestellt – nicht in besonderem Ausmaß vorhanden.

Hingegen schrieb eine Mutter, ihr Sohn habe in diesem Schuljahr häufig geschwänzt und mit anderen Schülern der Klassenstufe sieben einen großen Bogen um das Gebäude gemacht. Der Schule wirft sie vor, schlecht informiert und kaum Hilfe angeboten zu haben. Eine andere Mutter schrieb wiederum von einer „auf Kooperation und Offenheit“ ausgerichteten Kommunikation mit der Schule, in der „ein Klima des Vertrauens“ seitens der „engagierten Lehrer“ geschaffen werde, das bereichernd und entwicklungsfördernd für ihre Tochter wirke.

Allerdings meldete sich auch ein Vater einer Lehrkraft, die die Schule inzwischen auf eigenen Wunsch verlassen hat. Demnach sei „die Disziplin unter den Schülern und und die Lerneinstellung extrem schlecht, teilweise grenzwertig“ gewesen. Das habe zwar nicht die Mehrheit der Schüler betroffen – „aber einfach zu viele Einzelfälle“. Die Leitung habe aber nur „beschwichtigt“ oder Dinge „schöngeredet“. „Teilweise wurden die Lehrer mit grenzwertigen Situationen allein gelassen.“ Auch in sozialen Netzwerken hatten Nutzer mehrheitlich mit negativen Vorzeichen über die Schule debattiert.

Ministeriumssprecher Kotsch kündigte für Ende September ein Folgetreffen von Stadt, Land und Schule an.

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