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Landeshauptstadt: Diener des Evangeliums: Horst Lahr

Einige Tage vor seinem Tod hat er mit einem Freund versucht, all die Abendlieder zu singen, die ihm wieder ins Gedächtnis kamen. Da lag er bereits auf dem Krankenbett.

Einige Tage vor seinem Tod hat er mit einem Freund versucht, all die Abendlieder zu singen, die ihm wieder ins Gedächtnis kamen. Da lag er bereits auf dem Krankenbett. Es war erstaunlich, dass ihm die meisten Texte und Melodien mit 94 Jahren nicht verloren gegangen waren, dass er sie speicherte und sie zu seiner Lebensbegleitung wurden. „Gott lass uns dein Heil schauen ...“ heißt es in dem berühmten Abendlied von Matthias Claudius. Dieses zu erfahren war für den Theologen Dr. Horst Lahr eine lebenslange Bitte. Am 26. Juni ist er verstorben.

Horst Lahr war einer der bekanntesten Pfarrer in Potsdam. Vor allem durch seine leitende Tätigkeit wurde er in allen Kirchengemeinden der Stadt und darüber hinaus populär. Er war Generalsuperintendent des Pfarrsprengels Potsdam von 1963 bis 1978. Aber die Popularität erwarb er nicht mit Äußerlichkeiten und lautem Auf-Sich-Lenken, sondern mit der Sensibilität eines wunderbaren Zuhörers, mit einem gründlichen Nachdenken des Gehörten und einer stillen und warmen Freundlichkeit. Trotz seiner schweren Kriegsverletzung, die sicherlich Grund zur Resignation hätte sein können, hat er den Mut und den Glauben an das Leben nie aufgegeben. Man schätzte ihn überall, wo er als Seelsorger tätig war, in den Kirchengemeinden Brumby bei Calbe/Saale und an der Pfingstkirche in Potsdam. Doch auch sein großes theologisches Wissen wurde geachtet. Und er gab es gern weiter, beispielsweise als Dozent und Rektor des Katechetischen Oberseminars Naumburg. In so manchen Gremien der Landeskirche und darüber hinaus waren sein Rat und seine Mitarbeit gefragt.

Horst Lahr war in einer Zeit Generalsuperintendent, als die DDR-Führung versuchte, der Kirche eine Überlebensfähigkeit abzusprechen und ihre Mitglieder zu diffamieren. Es war aber auch eine Zeit, in der kirchenleitende Mitglieder das Eiapopeia von der „Kirche im Sozialismus“ anstimmten und sich bessere Bedingungen in der DDR versprachen. Obwohl auf diese Weise manche Erleichterungen erreicht wurden, hat Horst Lahr der SED nie Möglichkeiten der Vereinnahmung geboten, sondern sich stets kritisch mit dem problematischen Staat-Kirche-Verhältnis auseinandergesetzt. Er stand Menschen bei, die politisch in Bedrängnis kamen. Doch er tat dies, ohne sich in den Vordergrund zu begeben. Horst Lahr wollte dienen, so wie das Evangelium es von ihm erwartete. Klaus Büstrin

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