zum Hauptinhalt

Die Wasserschutzpolizei in Potsdam: Eine Frage der Prioritäten

Auf den Gewässern rund um Potsdam wird es immer voller. Für die Wasserschutzpolizei könnte das zum Problem werden.

Von Matthias Matern

Potsdam - Noch ziehen nur ein paar Sportruderer auf der Havel einsam ihre Runden, hier und da tuckert ein kleines Motorboot an der Anlegestelle der Wasserschutzpolizei an der Pirschheide vorbei. Doch bald werden sich wieder vor allem an den Wochenenden Tausende Segler, Kanuten, und Motorbootsführer auf den Gewässern rund um Potsdam tummeln – und von Jahr zu Jahr werden es mehr. Ein Umstand, der die Tourismuswirtschaft freut, Joachim Pötschke, Leiter der Wasserschutzpolizei der zuständigen Direktion West, und seine schwindende Zahl von Kollegen aber vor eine immer größere Herausforderung stellt. Weil die Zahl der Stellen nach der Polizeireform des Landes gegenüber dem Stand von vor drei Jahren bis 2020 von 55 auf schließlich 40 Stellen sinken soll, fehlt für immer mehr Aufgaben das Personal. „Die Reform zeigt bereits ihre Wirkung“, so Pötschke.

Derzeit gibt es bei der Wasserschutzpolizei der Direktion West noch 44 Stellen. Zuständig sind die Beamten mit ihren insgesamt acht Booten für rund 300 Kilometer Wasserstraße von Rathenow im Havelland bis zur Schleuse Kleinmachnow (Potsdam-Mittelmark) – eines der bedeutendsten Wassersportreviere der Region, aber auch eine der wichtigsten Routen für die Berufsschifffahrt in Brandenburg. Wie eng es mittlerweile auf dem Wasser geworden ist, belegen die Zahlen der Schleusendurchfahrten etwa an der Schleuse Kleinmachnow. Laut Angaben des Wasser- und Schifffahrtsamtes Brandenburg stieg die Zahl der Durchfahrten von Berufsschiffern dort von 3166 im Jahr 2013 auf 3613 im vergangenen Jahr. Bei der Sport- und Freizeitschifffahrt in denselben Jahren von 6792 auf 7663 Durchfahrten.

Mehr Boote, mehr Kontrollen

Mit der steigenden Zahl der Schiffe und Boote wächst auch der Bedarf an Kontrollen. Im Bereich der Berufsschifffahrt aber sind sie zuletzt zurückgegangenen. Wurden 2013 laut Polizei noch 431 Güterschiffe kontrolliert, waren es im vergangenen Jahr nur noch 316. Die Polizei nennt das „priorisierte Aufgabenwahrnehmung“. Dabei scheinen die Kontrollen durchaus sinnvoll. Immerhin gebe es bei jeder zweiten bis dritten Kontrolle etwas zu beanstanden, sagt der Leiter der Wasserschutzpolizei West. Mal sei die Ausrüstung veraltet und marode, mal seien die Güterschiffe unterbesetzt oder es fehlten sogar Besatzungsmitglieder mit vorgeschriebenen Qualifikationen.

Dem Boom im Wassertourismus geschuldet müssen sich die Beamten vor allem auf die Freizeitkapitäne konzentrieren. Und da haben sie genug zu tun. Insgesamt 81 Schiffsunfälle verzeichnete die Polizei im vergangenen Jahr im Bereich der Direktion West. 44 Prozent aller Unfälle wurden laut Pötschke von Charterfahrzeugen verursacht, also von Booten, die zuvor für einen Ausflug ausgeliehen wurden. Mit immerhin bis zu 15 PS darf man seit 2012 auch ohne Führerschein auf Brandenburgs Gewässern fahren.

Verstöße meistens wegen Unkenntnis der Bootsführer

Das Problem dabei ist, dass die Bootsführer häufig kaum oder gar keine Erfahrung im Umgang mit Motorbooten haben. Immer wieder etwa werden Vorfahrtsregeln missachtet, wird trotz Verbots überall vor Anker gegangen oder der nötige Sicherheitsabstand an Fähren nicht eingehalten. Wie berichtet hatte erst Anfang vergangenen Jahres ein Berliner Hobbyskipper die Fähre des Potsdamer Verkehrsbetriebs (ViP) zwischen Hermannswerder und Auf dem Kiewitt für dreieinhalb Stunden lahmgelegt. Der 53-Jährige hatte sich im Seil der Fähre verfangen. „Die meisten Verstöße sind auf die Unkenntnis der Bootsführer zurückzuführen“, bestätigt auch Pötschke.

Der „priorisierten Aufgabenwahrnehmung“ geschuldet hat die Wasserschutzpolizei auch ihre nächtlichen Streifenfahrten eingestellt. Dies sei personell nicht mehr abzudecken, sagt Direktionssprecher Heiko Schmidt. Allerdings sei ab Sonnenuntergang ohnehin nicht mehr viel los auf dem Wasser und die Hauptaufgabe der Wasserschutzpolizei sei es nun einmal, den Schiffsverkehr zu überwachen.

Personelle und technische Grenzen

Nicht nur personell, sondern auch technisch an ihre Grenzen stoßen die Beamten bei der Ahndung von Verstößen gegen die sogenannte Wassermotorrad-Verordnung. Eigentlich dürfen Wassermotorrad- oder Jetski-Fahrer in Brandenburg laut Pötschke bis auf ein extra ausgewiesenes Revier in der Lausitz mit maximal neun Stundenkilometern auf einem „klar erkennbaren Geradeauskurs“ fahren. Nur hält sich kaum einer daran. Viele würden mit bis zu 120 Stundenkilometern und im Zickzackkurs über die Gewässer rasen, dabei nicht nur erheblichen Krach machen, sondern auch Schwimmer gefährden. „Das hat deutlich zugenommen und wir gehen davon aus, dass die Fahrer die Rechtslage kennen“, sagt der Leiter der Wasserschutzpolizei. Dagegen machen kann er kaum etwas. Sein schnellstes Boot fährt maximal 50 Stundenkilometer. „Wenn wir kommen, ergreifen die die Flucht.“

Noch sieht Pötschkes Vorgesetzter, Michael Scharf, stellvertretender Leiter der Direktion West, trotz allem seine Wasserschutzpolizei insgesamt gut aufgestellt. Sollte sich die Lage weiter zuspitzen, hofft er, was die Zielzahl von 40 Stellen angeht auf die Einsicht der Politik. „Ich gehe davon aus, dass bei einer entsprechenden Lageänderung die Zahl nicht in Stein gemeißelt ist“, so Scharf.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false