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Bei Lars Dittrich nicht in schlechten Händen: Die Villa Louis Hagen in der Bertinistraße.

© Andreas Klaer

DIE VILLA LOUIS HAGEN: Abrisserlaubnis für Villa Louis Hagen Avantgardistische Architektur

Stadt erteilte bereits Genehmigung / Eigentümer Lars Dittrich spricht von einer „gefühlten Sanierung“

Nauener Vorstadt - Potsdam steht vor dem Verlust eines der raren Originale des Neuen Bauens in der Stadt: Die Villa Louis Hagen in der Bertinistraße 23 soll abgerissen werden. Dies bestätigte gestern Stadtsprecherin Regina Haack auf PNN-Anfrage. Bereits am 30. Juni hatte die Stadt auf eine Anfrage der Stadtfraktion FDP/Familienpartei erklärt, der neue Besitzer der einzigen direkt am Ufer des Jungfernsees gelegenen Villa habe einen Abrissantrag gestellt. Die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt als auch das Landesamt für Denkmalschutz hätten dem Antrag zugestimmt. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten sei informiert. Für die Einbeziehung der Unesco habe die Stadt „keine Veranlassung“ gesehen. Auf PNN-Anfrage wird sich nun Guilio Marano, Sprecher der deutschen Wächtergruppe von Icomos (Internationaler Rat für Denkmalpflege), mit der Villa Louis Hagen befassen. Die Bertinistraße liegt in der künftigen Pufferzone um das Potsdamer Unesco-Welterbe, stellte Marano fest. Das Zustandekommen der Pufferzonen-Vereinbarung mit dem Landeskulturministerium scheiterte bis dato an der Stadt Potsdam.

Der Investor Dirk Onnen hatte die Villa Louis Hagen an den Gründer der dug-Handyshop-Kette, Lars Dittrich, verkauft. Dittrich erklärte den PNN gestern, der Abriss erfolge „nicht gleich morgen“. Er habe die Absicht, anstelle des Bestandshauses „mit großem Respekt vor historischer Architektur“ einen Neubau zu errichten, bei dem „viele Elemente“ des Vorgängerbaus übernommen werden. Es werde eine „gefühlte Sanierung“ sein und kein Renditeobjekt. Dittrich: „Ich bin ein verrückter Liebhaber. Ich zahle drauf.“ Eine Sanierung des Originals wäre jedoch „ein Millionengrab“ und wirtschaftlich nicht möglich. Seinem Engagement für die Villa Louis Hagen liege die „Idee eines Privathauses“ zugrunde. Dittrich: „Bei mir ist die Villa nicht in schlechten Händen.“ Dem Vernehmen nach hat Dittrich die dug-Handyshop-Kette für einen sehr hohen Millionen-Betrag an die debitel AG verkauft.

Die Stadt begründet ihre Abrissgenehmigung so: Infolge des Leerstandes sei ein Schadensumfang an der Villa entstanden, der eine Sanierung „im herkömmlichen Sinn“ nicht möglich mache. Die Holzteile und auch das Mauerwerk seien „vom echten Hausschwamm befallen“. Für die Schäden sowohl an der Eisenskelett-Konstruktion als auch an der Holzkonstruktion lägen Gutachten vor. Im Falle der Sanierung hätte die Konstruktion zunächst vollständig auseinander genommen werden müssen, damit die Eisenkonstruktion saniert und statisch verstärkt werden kann, um sie dann wieder zusammenzusetzen, heißt es in der Begründung der Stadt. Fast alle Holzelemente müssten erneuert werden. Die Mauerwerksteile könnten dagegen saniert werden. Resümierend heißt es: „Die Sanierung wäre ein höchst aufwendiges Verfahren mit entsprechendem Kostenaufwand.“ Eine Rekonstruktion des Gebäudes könne denkmalrechtlich nicht gefordert werden. Denkmalrechtlich zustimmungsfähig wäre dagegen der Neubau eines Gebäudes mit identischer Kubatur. Das Gebäude sei „nur“ in seiner äußeren Hülle geschützt, da es sich im Denkmalbereich der Berlin-Potsdamer Kulturlandschaft befindet. Als Einzeldenkmal sei es nicht in die Denkmalliste des Landes Brandenburg eingetragen. Vom Landesamt für Denkmalpflege „bestand und besteht auch nicht die Absicht, das Gebäude einzutragen“, teilte die Stadt auf die Anfrage weiter mit.

Die Villa Louis Hagen an der Bertinistraße 23 ist die einzige Villa, die direkt am Ufer des Jungfernsees liegt. Das Grundstück wurde 1897 mit einem Sommerhaus im Stil eines norwegischen Blockhauses nach Entwürfen des Architekten Hagbarth Schytte Berg bebaut. Nach 1911 erfolgte der Umbau in eine Art Märchenschloss, danach von 1927 bis 1928 in eine Villa im Bauhausstil. Eigentümer war der jüdische Bankier Louis Hagen, der in den 30er Jahren der Naziverfolgung entkam. Die avantgardistische Architektur entsprach der modernen Lebensauffassung Louis Hagens. Filmgeschichte wurde in der Villa ab 1923 geschrieben, als in deren Gartenhaus-Garage der erste abendfüllende Animationsfilm „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“ produziert wurde. Zu DDR-Zeiten war in der Villa ein Rechenzentrum untergebracht. gb

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