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Landeshauptstadt: Die vergessene Märchenburg

Schüler des Babelsberger Filmgymnasiums reisten auf den Spuren des Filmklassikers „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ zur Burg vihov in Tschechien

Dass einst Aschenbrödel hier gewohnt hat, daran erinnert in der Burg vihov nahe der tschechischen Stadt Plzen heute kaum mehr etwas. Und es ist ja auch nur die halbe Wahrheit: Die Wasserburg aus dem 14. Jahrhundert war zwar seinerzeit Kulisse für den Märchenfilmklassiker „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Die Innenräume jedoch wurden mehr als 550 Kilometer entfernt in den Babelsberger Studios gebaut. Schüler des Babelsberger Filmgymnasiums machten sich jetzt auf die Spur des vielleicht beliebtesten Winterfilmmärchens und reisten nach Tschechien, um dort eine Dokumentation über die Dreharbeiten aufzunehmen – und mit Regisseur Václav Vorlícek zu sprechen.

Der fertige Film soll ab November in einer neuen Aschenbrödel-Ausstellung auf Schloss Moritzburg bei Dresden gezeigt werden, sagte Projektkoordinator Uwe Fleischer vom Filmgymnasium den PNN. Aber anders als bei dem Barockschloss nahe Dresden, das den Aschenbrödel-Kult mittlerweile als Publikumsmagnet für sich entdeckt hat und mit immer neuen Ausstellungen erfolgreich vermarktet, ist es auf vihov still geworden um die Dreharbeiten vor nunmehr 40 Jahren. Das erfuhren die Schüler im Gespräch mit dem Kastellan Lukas Bojcuk, der den Gästen aus Potsdam die Burg zeigte. „Tschechische Touristen wissen nichts davon, höchstens deutsche Besucher fragen danach“, erzählt Uwe Fleischer.

Für die 19-jährige Marie Philipp, die als Moderatorin des Films mit auf den dreitägigen Ausflug nach Tschechien fuhr, macht das gerade die Faszination aus: „Die Burg hat etwas Geheimnisvolles“, findet die Abiturientin aus Langerwisch. Sie verbindet mit dem Aschenbrödel-Film gemütliche Nachmittage mit der Familie bei Spekulatius: „Der Film ist einer meiner Lieblingsfilme zu Weihnachten“, sagt sie.

Mit Spannung und etwas Aufregung habe sie deshalb auch das Treffen mit Vorlícek erwartet. „Das war ein total lieber Mensch, sehr witzig“, erzählt sie. Der Regisseur – mittlerweile 82 Jahre alt – zeigte sich immer noch über den außergewöhnlichen Erfolg seines Films verwundert. „Er spricht ein paar Brocken deutsch“, berichtet Marie Philipp, die sich nach bestandenem Abitur jetzt erstmal ein Jahr Auszeit – vielleicht im Ausland – gönnt, ehe sie ihr Glück als Schauspielerin versuchen will.

Die größte Überraschung für das Potsdamer Filmteam, dem neben Uwe Fleischer und Marie Philipp auch der Elftklässler Pablo Can Sahin an der Kamera, der 13-jährige Maximilian Bosch für Kamera und Ton und Sprachmittlerin Therese Hoy angehörten: Die im Film gezeigten Gebäude, in denen Aschenbrödel mit ihrer Stiefmutter und den beiden Stiefschwestern wohnt, gehören gar nicht zur Burg selbst, sondern zur Vorburg. „Der Eingang zur Wohnung wurde an der Burgmauer praktisch angebaut“, erklärt Uwe Fleischer: „Das war nur eine blinde Tür an einem Gerüst, dahinter war Mauerwerk.“ Fotos davon bekamen die Potsdamer von der Frau des früheren Kastellans zu sehen: „Da versteht man dann, wie das funktioniert hat“, sagt Uwe Fleischer.

Seine Frau Marion Fleischer, eine Filmtrick-Spezialistin, will die Burg nun im Modell nachbauen – ebenfalls für die Ausstellung in Moritzburg. Und auch auf vihov zeigt man Interesse an der Arbeit der Babelsberger Schüler, die bereits mehrere Kurzdokumentationen zu dem Märchenfilmklassiker drehten: „Der Kastellan möchte gerne, dass unser Film dort auch läuft“, berichtet Uwe Fleischer. Geplant ist eine zweisprachige Version – mit dem Arbeitstitel „Wo Aschenbrödel wohnte“: Nach dem Schnitt im August soll der Film in Prag mit tschechischen Untertiteln versehen werden, sagt Koordinator Fleischer. Und auch das nächste Aschenbrödel-Projekt ist schon in Planung: Eine Dokumentation über den Dreh speziell für Kinder.

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