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Vor dem Schlag gegen die Bestie. Die „Kämpfende Amazone“ aus Zinkguss ist mit einem Exemplar identisch, das der Schlösserstiftung verlorenging.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Die Schwester der Königs-Amazone

Fachhochschulstudenten retteten für die Schlösserstiftung eine Plastik, deren Original verschollen ist

Von Peer Straube

Der Anblick wirkt geradezu martialisch. Ein Pferd, im Schmerz aufgebäumt. Ein Panther hat sich in seinem Fell festgekrallt und an der Flanke eine tiefe Wunde geschlagen. Auf dem Ross sitzt eine Amazone, den Arm mit dem Speer zum Wurf auf die Bestie ausgestreckt.

Auch, wenn vom Speer bis auf ein Stück Schaft nichts mehr übrig ist und dem Pferd der rechte Vorderhuf fehlt, ist die Plastik „Kämpfende Amazone“ doch noch immer von beeindruckender Intensität. Das Original schuf der Berliner Bildhauer August Kiss im Jahre 1837, eine große Ausführung in Bronze ziert seit 1843 die Treppe des Alten Museums in Berlin. Doch bereits ab 1839 wurden in der Berliner Zinkgießerei von Moritz Geiß verkleinerte Abgüsse hergestellt – einen davon sicherte sich Friedrich Wilhelm IV. und schmückte damit eine hohe Säule, die er westlich vom Eingang des Schlosses Charlottenhof im Park Sanssouci aufstellen ließ.

Weder die Säule noch die Skulptur existieren wohl noch – beide galten nach dem Zweiten Weltkrieg als verschollen. Umso wertvoller ist für die Schlösserstiftung nun die Entdeckung einer Figur, die der verlorenen auch in der Größe aufs Haar gleicht. Noch bis 2008 stand die Plastik auf einem privaten Grundstück in Berlin-Karlshorst. Die Besitzer wandten sich aufgrund des maroden Zustands des Kunstwerks an die Metallrestauratoren der Potsdamer Fachhochschule. Der Leiter des Studienbereichs Metallkonservierung, Jörg Freitag, wiederum war es, der die Aufmerksamkeit der Stiftung auf die Figur lenkte – Skulpturenkustodin Saskia Hüneke gelang es, die Besitzer zum Verkauf zu überreden, für einen „fünfstelligen Betrag“.

Drei Jahre lang haben Studenten des Studienbereichs Metallkonservierung die Skulptur vor dem endgültigen Zerbröseln bewahrt. Am Dienstag bekam Hüneke die Plastik zurück. Korrosion hatte dem ohnehin anfälligen Material schwer zugesetzt, die Figur war instabil geworden. Lange habe man überlegt, wie das Problem behoben werden könne, erklärte Freitag. Am liebsten wäre es den Metallrestauratoren gewesen, man hätte die Plastik von innen heraus stützen können. Allerdings habe der Körper des Pferdes nirgends ein Loch, das groß genug sei, um stabilisierendes Material in den Rumpf zu bringen. Aus diesem Grund haben sich die Studenten letzten Endes für eine äußerliche Stütze entschieden – den Pferdetorso tragen jetzt zwei Streben aus grauem Metall, in der gleichen Farbe wie die Plastik selbst. „Eine geniale Lösung“, lobte Hüneke. Zudem wurde das angegriffene Metall gründlich gereinigt.

Die „Kämpfende Amazone“ wird allerdings nicht den Platz ihrer Vorgängerin am Schloss Charlottenhof einnehmen, zu fragil ist ihr Zustand. Dennoch fülle die Skulptur eine „ganz wichtige Lücke in unserer Sammlung“, erklärte Hüneke. Denn obwohl es reichlich Abgüsse der „Kämpfenden Amazone“ gegeben habe, sei doch diese spezielle Größe von 1,22 Metern Höhe und 1,52 Metern Länge „außerordentlich selten“. Sie wurden laut Hüneke nur für das Königshaus und die Privatgärten einiger wohlhabender Familien angefertigt. Aufgrund des empfindlichen Materials seien viele im Laufe der Jahrzehnte verlorengegangen.

Das in seinem Zustand gesicherte Exemplar wurde noch am Dienstag ins Depot der Schlösserstiftung transportiert. Dort soll es nun, bei niedriger Luftfeuchtigkeit und vor Erschütterungen geschützt, zunächst aufbewahrt werden – bis die Stiftung eines Tages das lange geplante, aber aus Geldmangel immer wieder verschobene Projekt eines Ausstellungsgebäudes für ihre Depot-Skulpturen verwirklicht hat. Ziel sei es in jedem Fall, die „Kämpfende Amazone“ wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. „Vielleicht hat einer meiner Nachfolger ja mal genug Geld, um einen Abguss anzufertigen“, sagte Hüneke. Die könnte dann wieder am Schloss Charlottenhof aufgestellt werden.

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