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Volle Kitas. In Potsdam sind die Betreuer derzeit für mehr Kinder zuständig, als sie sein sollten. Schuld daran sind überdurchschnittlich lange Betreuungszeiten. Mit dem Land soll nun über mehr Geld verhandelt werden, um das Kita-Personal aufstocken zu können. Das zumindest hoffen die Stadtverordneten.

© Rolf Vennenbernd / dpa

Die Schlüssel-Kosten: Kita-Debatte: Potsdam erhöht den Druck

Tausende Potsdamer forderten mit einer Online-Petition eine bessere Kita-Betreuung in der Landeshauptstadt. Jetzt reagiert die Politik: Die Stadt soll ausrechnen, wie viel eine bessere Betreuung kosten würde, um auch Druck auf das Land auszuüben.

Potsdam - Nach der von Tausenden Potsdamern unterschriebenen Internet-Petition für bessere Betreuung in Potsdamer Krippen und Kitas reagiert die Politik. Die Linke als größte Oppositionsfraktion hat sich mit den Partnern der Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW und Grünen auf einen gemeinsamen Antrag verständigt – um Druck auf das für die Finanzierung von zusätzlichem Personal eigentlich verantwortliche Land auszuüben, aber auch, um überhaupt die Kosten zu errechnen, die durch mehr Betreuer entstehen würden. Zudem soll ein neues Gremium für mehr Mitsprache von Eltern sorgen. Das alles sollen die Stadtverordneten am 14. September beschließen, die Mehrheit dafür gilt als sicher.

Die Petition für mehr Personal in den Kitas hatten mehr als 6300 Potsdamer unterschrieben, hinzu kamen mehr als 1400 Unterstützer aus anderen Kommunen des Landes. Eine Kernforderung ist, dass die Stadt Vertretungen im Falle einer Erkrankung finanziert. Hintergrund sind Erhebungen der Bertelsmann-Stiftung, wonach der schlechte Betreuungsschlüssel an Potsdamer Kitas vor allem dadurch zustande kommt, weil das Land bei der Finanzierung die in Potsdam überdurchschnittliche nötige Betreuungszeit nicht berücksichtigt. Bisher hatte die Stadt das Land in der Pflicht gesehen, für eine Besserung zu sorgen – weitere Verbesserungen beim Personalschlüssel sind dort aber nicht geplant.

Bertelsmann-Experten prognostizieren einen Bedarf von 3,5 Millionen Euro für Potsdam

Nach dem Willen der Stadtverordneten soll die Stadt nun zumindest insofern in Vorleistung gehen, als dass das Rathaus nun ausrechnen soll, was es kosten würde, den vom Kita-Gesetz vorgesehenen Personalschlüssel zu erreichen. Das bedeutet, dass für die 0- bis 3-Jährigen in jeder Gruppe zu jeder Zeit mindestens ein Erzieher pro fünf Kinder zur Verfügung stünde – die Bertelsmann-Studie hatte für diesen Bereich einen Schnitt von einem Erzieher für 7,1 Kinder errechnet. Die Bertelsmann-Experten hatten demnach für Potsdam einen Bedarf von 3,5 Millionen Euro prognostiziert, um zusätzlich nötiges Personal zu bezahlen (PNN berichteten). Ebenso soll die Verwaltung nach dem Willen der Stadtverordneten ausrechnen, was ein Vertretungsfonds kosten würde, um erkrankte oder in Fortbildung befindliche Kita-Erzieher auch kurzfristig zu ersetzen.

Bis November sollen die Berechnungen vorliegen – eine der ersten Aufgaben des neuen Sozialdezernenten Mike Schubert (SPD), der bereits ankündigt hat, Möglichkeiten für eine bessere Betreuung ausloten zu wollen. Denn auf der Basis der Berechnungen soll Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) laut dem fraktionsübergreifenden Antrag konkrete Gespräche mit dem Land zur Erhöhung der Finanzierung führen. Das zuständige und auch SPD-geführte Landesbildungsministerium hatte dagegen keinen weiteren Änderungsbedarf ausgemacht.

Doch bei der Landes-SPD ist das letzte Wort in Kita-Fragen längst nicht gesprochen. Mit Spannung wird am Mittwoch eine Klausurtagung von Fraktion und Parteivorstand der Sozialdemokraten erwartet – bei der es etwa um den Vorstoß der SPD Havelland für mindestens ein beitragsfreies Kita-Vorschuljahr nach dem Vorbild Berlins geht. Ein Modell, das die Brandenburger SPD bisher ablehnte. Nach PNN-Informationen soll aber auch Schubert selbst sich bei seinen Parteifreunden auf Landesebene hinter den Kulissen dafür einsetzen, etwa über zusätzliche Gelder die nötige Freistellung für pädagogische Leitungsarbeit in den Einrichtungen besser zu ermöglichen.

Kita-Elternbeirat soll eingerichtet werden

Fernab dieser Debatten sollen Potsdamer Eltern von Kita-Kindern ihre Interessen künftig besser artikulieren können. Daher wird in dem Antrag auch die Einrichtung eines Kita-Elternbeirats angekündigt, der sich noch im letzten Quartal dieses Jahres konstituieren und dann mit beratender Stimme am Jugendhilfeausschuss der Stadtverordneten und freien Träger teilnehmen soll. Ein ähnliches Modell gibt es in Potsdam bereits mit dem gewählten Kreiselternrat für Schulen. Ebenso hatten die Initiatoren der Kita-Petition so einen Beirat gefordert. Die Initiative will bei der Stadtverordnetensitzung ihre Unterschriften übergeben und vor dem Stadthaus ab 16.30 Uhr noch einmal für ihre Anliegen demonstrieren. Zunächst sei man sehr zufrieden, dass die Politik das Thema mit einem fraktionsübergreifendem Antrag aufgenommen habe, sagte Initiatorin Wiebke Kahl den PNN.

Etwas entspannt hat sich offenbar die Situation bei den zur Verfügung stehenden Plätzen. Im Frühjahr hatte es einen erheblichen Engpass speziell im Krippen-Bereich gegeben. Aktuelle Zahlen konnte das Jugendamt am Montag zwar nicht vorlegen. Allerdings zeigt das Kitaplatzsuchportal der Stadt im Internet momentan noch freie Plätze, zum Beispiel in der Berliner Vorstadt, in der Innenstadt, in Drewitz, in der Waldstadt, am Schlaatz und im Kirchsteigfeld. Dazu kommen noch einzelne Tagespflegekräfte auch für den Potsdamer Norden, in dem Kita-Plätze erfahrungsgemäß schneller ausgebucht sind.

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