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Im Klinikum „Ernst von Bergmann“ wurden die Rückkehrer aus Südtirol auf das Coronavirus getestet.

© Sebastian Gabsch

Die Lage in Potsdam: Erster Corona-Patient im Klinikum

Ein 64-Jähriger aus Teltow-Fläming wird auf der Infektionsstation behandelt. Die 93 Potsdamer Rückkehrer aus Südtirol sind negativ auf Corona getestet worden.

Im Potsdamer Klinikum „Ernst von Bergmann“ wird seit Sonntag erstmals ein mit dem Coronavirus infizierter Patient stationär behandelt. Das teilte das Klinikum am Sonntagabend mit. Dabei handele es sich um einen 64-jährigen Mann aus dem Landkreis Teltow-Fläming. Er war bereits zuvor als zweiter Corona-Fall in Brandenburg gemeldet worden. Der Mann habe sich mutmaßlich im Ski-Urlaub in Südtirol angesteckt. Das brandenburgische Gesundheitsministerium hatte Sonntagmittag noch mitgeteilt, der 64-Jährige befinde sich auf Anordnung des zuständigen Gesundheitsamtes in häuslicher Isolation. Offenbar hat sich sein Gesundheitszustand verändert. Weitere Angaben dazu wollte das Klinikum nicht machen.

Isoliert auf Infektionsstation

Der Mann werde auf der Infektionsstation in einem Zimmer isoliert, es bestehe keine Ansteckungsgefahr für andere Patienten und Besucher des Potsdamer Klinikums, hieß es. Der Klinikbetrieb laufe daher ohne Einschränkung weiter. Auskünfte zum Gesundheitszustand des Mannes könne das Klinikum wegen der Ärztlichen Schweigepflicht und der Wahrung der Privatsphäre nicht geben.

„Es war zu erwarten, dass wir im Klinikum auch Patienten mit einer Coronainfektion behandeln werden und wir sind sehr gut vorbereitet", sagte Thomas Weinke, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Infektiologie am Klinikum. „Unsere erfahrenen Pflegekräfte und Ärzte haben mit der Behandlung und Pflege von Patienten mit Infektionserkrankungen seit vielen Jahren Routine.“

Unterdessen hat für 93 Potsdamer Schüler, Lehrer und Betreuer das Warten auf die Ergebnisse der Corona-Tests begonnen. Samstagmorgen war die Reisegruppe unmittelbar nach ihrer Ankunft von der Südtirol-Skireise Südtirol vom Gesundheitsamt im Klinikum auf eine Infektion getestet worden. Die Tests seien per Kurier nach Berlin an das Referenzlabor der Charité geschickt worden, sagte Amtsärztin Kristina Böhm bei einer improvisierten Pressekonferenz am Samstagvormittag. Die Ergebnisse sollten spätestens am Mittwoch vorliegen. Die Reisegruppe war gegen 6.45 Uhr mit zwei Bussen angekommen, die Tests erfolgten in einem Gebäude auf dem Gelände des Klinikums. Die Räume wurden später desinfiziert.

Fieber hatte am Samstag niemand

In Südtirol waren Schüler und Betreuer der Klassenstufen 11 bis 13 der Voltaire-Gesamtschule, des Leibniz-Gymnasiums und der privaten Alfred-Nobel-Schule. „Wir haben innerhalb von zweieinhalb Stunden alle untersucht“, sagte Amtsärztin Böhm. Niemand habe stationär aufgenommen werden müssen. Trotz Übermüdung nach der langen Fahrt gehe es allen den Umständen entsprechend gut. Anzeichen für Erkältungen, beispielsweise Schnupfen, gebe es bei rund der Hälfte der Gruppe durchaus, so Böhm. Fieber hatte am Samstag aber niemand. Daher sei man optimistisch, dass keine Infektion mit Corona vorliege. Während der Fahrt waren zeitweise mindestens 14 Schüler erkrankt, auch von Fieber war die Rede. Einige seien mit Erkältung angereist, hieß es von der Amtsärztin.

Das Areal am Klinikum wurde zur Ankunft der Reisegruppe weiträumig abgesperrt.
Das Areal am Klinikum wurde zur Ankunft der Reisegruppe weiträumig abgesperrt.

© Sebastian Gabsch

Die Erkrankungen waren zuvor von den PNN bekannt gemacht worden, da hatte das Rathaus aber noch einen kompletten Test der Reisegruppe abgelehnt. Das änderte sich erst am Donnerstag. Am Freitag wurde Südtirol offiziell zum Corona-Risikogebiet erklärt.

Die Potsdamer Schüler und die anderen Betroffenen befinden sich derzeit in der vom Gesundheitsamt angeordneten häuslichen Isolation. Das bedeutet laut Amtsärztin Böhm, dass Familienmitglieder beispielsweise mindestens einen Abstand von zwei Metern einhalten müssen. Generell geht es laut Robert-Koch-Institut auch um eine zeitliche Trennung, so sollen Mahlzeiten nicht gemeinsam eingenommen werden. Empfohlen wird, sich nicht in gleichen Räumen aufzuhalten, Pflicht ist das häufige Händewaschen und die Einhaltung der Nies- und Hustenetikette.

Für die Eltern und Geschwister der Jugendlichen seien keine Einschränkungen notwendig, da von ihnen keine Gefährdung ausgeht, sagte Infektologe Schumacher. „Kein Arbeitgeber von Eltern der Jugendlichen muss Sorge haben, dass ein Mitarbeiter zu einer Übertragung beitragen könnte. Auch Geschwisterkinder können weiter Schulen oder Kitas besuchen.“

Warum keine Quarantäne?

Dies sorgte allerdings bei manchem für Verwunderung. So hat beispielsweise die Stadt Halle (Saale) Rückkehrer einer Schüler-Skireise und ihre Angehörigen trotz vorliegender negativer Corona-Tests in die 14-tägige Quarantäne geschickt. Die Begründung laut Bericht der „Mitteldeutschen Zeitung“: Die Stadt könne keine Entwarnung geben, denn „wenn die Erkrankung durch das Coronavirus noch nicht ausgebrochen ist, dann liefern die Tests keine verlässlichen Ergebnisse. Wir müssen also abwarten, ob Schüler nicht doch noch Symptome zeigen“, wird Amtsärztin Christine Gröger zitiert. Der Freistaat Bayern legte am Wochenende fest, dass Rückkehrer aus Südtirol für zwei Wochen nicht in die Schule beziehungsweise in den Kindergarten gehen dürfen.

Potsdam befolge die RKI-Vorgaben

In Potsdam wies die Stadt diese Darstellungen zurück. Man befolge die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts, sagte eine Stadtsprecherin auf PNN-Anfrage am Sonntag. Das Gesundheitsamt werde täglich bei den Familien erfragen, wie sich die gesundheitliche Situation entwickelt hat, sagte die Amtsärztin. Die Quarantäne werde nicht überwacht: „Es steht niemand bei den Schülern vor der Haustür.“ Auf Nachfrage von Journalisten sagte sie, sollte man mitbekommen, dass die Quarantäne bewusst nicht eingehalten werde, könne man ordnungsrechtliche Maßnahmen ergreifen – dann droht ein Bußgeld von bis zu 2500 Euro.

Rückkehrer aus Südtirol.
Rückkehrer aus Südtirol.

© Sebastian Gabsch

Wenn einer der 93 Tests positiv ausfalle, müsse man die Lage neu bewerten, sagte Amtsärztin Böhm. Dann gehe es darum, wer mit wem auf dem gleichen Zimmer war oder im Bus nebeneinander saß. Die Quarantäne könnte dann bis zum 21. März verlängert werden – ob für alle oder nur einzelne Schüler, sei offen. Generell wiesen die Tests eine Infektion erst drei bis fünf Tage nach Ansteckung nach. Die Schülergruppe war am vorvergangenen Wochenende zu der Reise aufgebrochen – die Inkubationszeit der Coronaviren liegt bei fünf bis sechs Tagen, manchmal weniger.

Rückgänge in der Wirtschaft

Auswirkungen hat die Sorge vor dem Coronavirus vor allem auf die bisher boomende Potsdamer Tourismusbranche. Das Kongresshotel Potsdam beziffert zum Beispiel die Stornierungen bei großen Tagungen inklusive Übernachtungen auf 30 Prozent, wie die „Märkische Allgemeine“ nun unter Berufung auf Direktorin Jutta Braun berichtete. Auch viele Potsdamer Restaurants in der Innenstadt wirkten am Freitag- und Samstagabend teils deutlich leerer als sonst. Anders als am vergangenen Wochenende schienen sich jedoch die Hamsterkäufe in Discountern an diesem Wochenende in Grenzen zu halten. Mehrere Veranstaltungen waren zuletzt abgesagt worden – am Montag wird über die Austragung des Tulpenfests entschieden. 


Die Vorbereitungen für den Umgang mit dem Coronavirus liegen bei einem täglich tagenden Krisenstab im Rathaus unter Leitung von Gesundheitsdezernentin Brigitte Meier (SPD). Sie hatte für diese Woche vor allem eine Lösung für die Probleme der Hausärzte angekündigt, denen seit Wochen vielfach die nötige Schutzausrüstung für Corona-Tests fehlt – was die Untersuchung von potenziellen Patienten nahezu unmöglich macht.
Der Corona-Stab lässt sich zudem ab sofort täglich die Krankenstände in der Verwaltung, im "Ernst von Bergmann"-Klinikum, bei den Potsdamer Stadtwerken und bei der Feuerwehr vorlegen. Dieses Monitoring sei wichtig, um die Arbeitsfähigkeit der Administration sowie der Versorgung der Stadt zu gewährleisten, sagte Meier. Sollten die Krankenstände in die Höhe schnellen, müssten Maßnahmen ergriffen werden. 

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