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Auch Mitarbeiter des katholischen St. Josefs-Krankenhauses wünschen sich eine Corona-Prämie der Stadt.

© Ottmar Winter

Die Lage am Mittwoch in Potsdam: St. Josefs-Krankenhaus völlig überlastet

Das Haus der Alexianer nimmt wegen akuter Personalnot keine Corona-Patienten mehr auf seine Intensivstation auf. Zwei weitere Menschen in Potsdam sind gestorben, weil sie mit dem Coronavirus infiziert waren.

Potsdam - Die Corona-Lage in der Landeshauptstadt spitzt sich dramatisch zu: Infolge des Aufnahmestopps am kommunalen Klinikum „Ernst von Bergmann“ (EvB) nach einem dortigen Corona-Ausbruch ist das zweite, deutlich kleinere Krankenhaus der Stadt nun völlig überlastet und muss Konsequenzen ziehen: Covid19-Patienten, die intensivmedizinisch versorgt werden müssen, können im St. Josefs-Krankenhaus vorerst nicht mehr aufgenommen werden, wie das Krankenhaus am Mittwoch mitteilte. Die PNN geben einen Überblick über die wichtigsten Entwicklungen in Potsdam.

Wie ist die Lage am St. Josefs-Krankenhaus?

Das Haus in Trägerschaft der Alexianer mit 244 Planbetten ist derzeit völlig überlastet. Am Mittwoch bestätigte das Krankenhaus entsprechende PNN-Informationen vom Dienstagabend, wonach das Krankenhaus nach dem Aufnahmestopp am EvB Personal an seine Grenzen geraten ist und zumindest in Teilen die Versorgung der Patienten nicht mehr absichern kann.

Am Mittwochnachmittag wurde die weitere Aufnahme intensivpflichtiger Corona-Patienten gestoppt, wie das Krankenhaus auf PNN-Anfrage mitteilte. Das Brandenburger Gesundheitsministerium und die Leitstelle Potsdam seien über diesen Schritt informiert worden. Alle Patienten, die beatmet werden müssen, werden ab sofort an das Versorgungscluster Corona Westbrandenburg (VCC West) weitergeleitet, einer Kooperation von Kliniken aus Brandenburg an der Havel, Potsdam-Mittelmark und dem Havelland. Federführend ist das Städtische Klinikum Brandenburg. 40 Corona-Patienten werden derzeit und auch weiterhin behandelt, 39 auf den Covid-Normalstationen und einer beatmet auf der Intensivstation, erklärte Sprecher Benjamin Stengl. Die Notaufnahme des St. Josefs-Krankenhauses arbeite im Regelbetrieb rund um die Uhr weiter. Sämtliche akute Notfälle, wie Schlaganfälle, Herzinfarkte oder Unfallopfer werden versorgt und nicht abgewiesen.

Engpässe besonders bei der Intensivpflege

„Die Menschen der Stadt erwarten von uns zu Recht, dass wir mit ganzer Kraft daran arbeiten, die medizinische Versorgung aller Patienten sicherzustellen. Zugunsten der adäquaten Notfallversorgung der Landeshauptstadt Potsdam müssen wir Verantwortung übernehmen. Ohne weitere personelle Unterstützung können wir nicht mehr zuverlässig arbeiten“, sagt Regionalgeschäftsführer Oliver Pommerenke. Diese enorme Verantwortung beansprucht die personellen Ressourcen immens. Insbesondere in der Intensivpflege seien die Engpässe inzwischen so enorm, dass eine adäquate Versorgung von vital bedrohten Corona-Patienten nicht mehr gewährleistet werden kann.

Mit dem durch das Robert-Koch-Institut erfolgten Aufnahmestopp des Bergmann-Klinikums als Schwerpunktversorger am 1. April sei die verantwortungsvolle Aufgabe der stationären Gesundheitsversorgung der Potsdamerinnen und Potsdamer zu großen Teilen auf das St. Josefs-Krankenhaus im Verbund mit seinen Schwesterkliniken, Evangelisches Zentrum für Altersmedizin und Oberlinklinik übergegangen, so Pommerenke. So können seit dem 9. April auf der Low Care Covid-19 Station des Evangelischen Zentrums für Altersmedizin Patienten mit leichteren klinischen Verläufen, aber auch Palliativpatienten aus dem St. Josefs-Krankenhaus zur Entlastung versorgt werden. 

Regionalgeschäftsführer Oliver Pommerenke.
Regionalgeschäftsführer Oliver Pommerenke.

© Ottmar Winter

Auch Mitarbeiter des St. Josefs sind infiziert

„Keiner von uns hat damit gerechnet, dass das Bergmann-Klinikum als Schwerpunktversorger auf unabsehbare Zeit ausfällt“, so Pommerenke, der sich bei einer Pressekonferenz, auf der Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) den Aufnahmestopp verkündet hatte, noch optimistisch gezeigt hatte, die Lage bewältigen zu können. „Für uns hat dies neben der bereits auf Hochtouren laufenden Covid-19-Patientenbehandlung auch spürbare Auswirkungen, zum Beispiel eine Verdreifachung der Inanspruchnahme unserer Notaufnahme“, sagt er nun. „Als relativ kleines Krankenhaus halten wir seit nunmehr fast zwei Wochen die reguläre Notfallversorgung der Potsdamer Bevölkerung am Laufen“, so Pommerenke.

Auch innerhalb der Mitarbeiterschaft gibt es Infizierte, die aufgrund der häuslichen Quarantäne mindestens 14 Tage nicht einsetzbar sind. Seit Anfang März bis Stand heute gebe es 40 Mitarbeitende, die sich in der häuslichen Quarantäne befinden, so Sprecher Benjamin Stengl auf Nachfrage.

Im St. Josefs-Krankenhaus seien schon frühzeitig nötige persönliche Schutzmaßnahmen eingeführt worden. Dazu zählen die Pflicht zum Tragen des Mund-Nase-Schutzes für Mitarbeiter und Patienten und die strikte Trennung von Personal in Covid- und non-Covid-Bereiche. Diese Trennung habe natürlich zur Folge, dass Personal zur Kompensation von Ausfällen nicht mehr innerhalb des Krankenhauses rotieren kann.

Auf mehr Personal angewiesen

In den kommenden Tagen werde nun versucht, zusätzliches Pflegepersonal aus den Reihen des Alexianer-Verbundes zu rekrutieren, so Pommerenke. Ziel ist es, so schnell wie möglich die komplette Aufnahmefähigkeit wiederherzustellen.

Die bei der damaligen Pressekonferenz am 1. April zugesagte personelle Unterstützung durch das EvB reicht ganz offensichtlich nicht aus, um das Krankenhaus im vollen Umfang am Laufen zu halten. Nach Angaben von Sprecher Benjamin Stengl sind vom 11. bis 15. April vier Ärzte aus dem EvB zur Unterstützung der Notaufnahme am St. Josefs-Krankenhaus übersandt worden. Seit dem 14. April unterstützen drei Pflegemitarbeitende das St. Josefs. Die Mitarbeitenden werden auf den normalen Stationen, also non-Covid eingesetzt, so Stengl. Alle entsandten Mitarbeitenden haben einen zwei Mal negativen Abstrich vorgelegt.

Im Bergmann-Klinikum gab es am Mittwoch 16 Corona-Intensivpatienten. Neue Fälle müssen nun außerhalb Potsdams versorgt werden.
Im Bergmann-Klinikum gab es am Mittwoch 16 Corona-Intensivpatienten. Neue Fälle müssen nun außerhalb Potsdams versorgt werden.

© Fabian Sommer/dpa

Wie ist die Lage am Bergmann-Klinikum?

Die meisten der Potsdamer Covid-19-Patienten sind im städtischen Bergmann-Klinikum in Behandlung. 79 von ihnen waren dort nach Angaben der Stadtverwaltung am Mittwoch stationär untergebracht, davon 63 auf der Covid-Normalstation und 16 auf der Intensivstation. Zwölf Corona-Patienten mussten beatmet werden.

Zwei Wochen nach Beginn des weitgehenden Aufnahmestopps am Bergman-Klinikum wegen eines Corona-Ausbruchs wird das Krisenmanagement immer mehr zum Thema für die Stadtpolitik. Am Mittwoch gab es nach PNN-Information einen Informationsaustausch zwischen Oberbürgermeister Mike Schubert und den Spitzen der Fraktionen. Dabei soll es auch mögliche personelle Konsequenzen gegangen sein. Demnach herrschte Unzufriedenheit über von der Stadt angeforderte Informationen zum Infektionsgeschehen in Brandenburgs zweitgrößtem Krankenhaus. Eine dazu angekündigte Pressemitteilung lag bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht vor.

Unterdessen ist die Aufteilung des Klinikums in einen Covid-freien und einen Covid-Bereich noch nicht abgeschlossen. Wie das Klinikum auf PNN-Anfrage mitteilte, sollen die Umzüge noch in dieser Woche abgeschlossen sein. „Medizintechnik, die in diese Umzüge eingeschlossen ist, wird nach den bestehenden Hygieneanforderungen gereinigt“, so Sprecherin Damaris Hunsmann. Das Personal der Poliklinik sei nach Abschluss der Umzüge auch räumlich vollständig von dem Personal des Klinikum Ernst von Bergmann getrennt. Dort hatte es nach PNN-Informationen Befürchtungen gegeben, dass Personal und Geräte mit Coronakontakt in die Poliklinik verschoben werden solle.

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Wie ist die Lage in Potsdam insgesamt?

Von Dienstagnachmittag bis Mittwochnachmittag sind zwei weitere Menschen in Potsdamer Kliniken verstorben, die mit dem Coronavirus infiziert waren. Das teilte das Rathaus am Mittwoch mit, eine ursprünglich anberaumte Pressekonferenz wurde kurzfristig abgesagt. Im Klinikum Ernst von Bergmann sei ein 81-jähriger Patient aus Berlin mit schweren Vorerkrankungen gestorben, im Alexianer St. Josefs-Krankenhaus eine 81-jährige Frau aus dem Potsdamer Umland. Auch sie sei vorerkrankt gewesen. Damit steigt die Zahl der in Potsdam gestorbenen Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert waren, auf 46, 31 davon starben im Bergmann-Klinikum. 28 der Todesopfer haben in Potsdam gelebt.

Die Zahl der seit Februar nachweislich mit dem Coronavirus infizierten Potsdamer lag am Mittwochnachmittag bei 480. Das waren 16 mehr als einen Tag zuvor und entspricht einer Zunahme um 3,5 Prozent. In den Potsdamer Kliniken werden derzeit 119 Menschen stationär behandelt. Insgesamt 900 Menschen befinden sich in häuslicher Quarantäne, weil sie persönlichen Kontakt zu einem Infizierten hatten. Das sind 40 Menschen mehr als am Dienstag.

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