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Potsdams Amtsärztin Kristina Böhm.

© Ottmar Winter

Die Lage am Mittwoch in Potsdam: Mit „Schlagkraft“ gegen das Virus

Potsdams Amtsärztin Kristina Böhm war lange bei der Bundeswehr. Jetzt kämpft sie gegen Corona – auch mit Hilfe einstiger Kameraden.

Von Katharina Wiechers

Potsdam - Endlich kann Potsdams Amtsärztin Kristina Böhm wieder ein wenig durchatmen. Zwar ist die Landeshauptstadt immer noch Hotspot in Brandenburg, hat die mit Abstand meisten Fälle im Land. 

Doch die Zahl der Neuinfizierten wächst in Potsdam weiter moderat an. Am Mittwoch wurden lediglich sechs neue Infektionen gemeldet, damit haben sich seit Beginn der Pandemie 613 Potsdamer nachweislich mit dem Coronavirus angesteckt. 286 von ihnen gelten als genesen. Auch in den Kliniken der Stadt entspannt sich die Situation weiter. Nur noch vier Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert sind, müssen aktuell auf der Intensivstation im Klinikum „Ernst von Bergmann“ betreut werden, im St. Josefs-Krankenhaus liegt derzeit kein Covid-19-Intesivpatient. Insgesamt werden 38 Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert sind, in den Kliniken „Ernst von Bergmann“ (18) und St. Josefs (20) behandelt. Mit Stand Mittwoch befinden sich 473 Potsdamer als Kontaktpersonen der Kategorie 1 in Quarantäne. Insgesamt 46 mit dem Coronavirus infizierte Potsdamerinnen und Potsdamer sind seit Februar gestorben

Stadt bastelte eine neue Datenbank

Mittlerweile hat die 43-jährige Böhm die Krise – wie es bisher scheint – im Griff: die Zahl der Neuinfektionen ist zurückgegangen, das Bergmann-Klinikum, von dem ein großer Teil der Ansteckungen ausging, neu organisiert, und ihr Gesundheitsamt personell aufgestockt.

Am Mittwoch hatte Böhm ins Gesundheitsamt geladen, um Journalisten über die aktuelle Situation ihrer Behörde zu informieren. Im Gesundheitsamt werden alle Infektionen erfasst und nachverfolgt, Quarantänen erlassen und wieder aufgehoben, Erkrankte anhand teils aufwändiger Recherche ausfindig gemacht und angerufen – Corona hat hier seit Wochen alles fest im Griff. Eigentlich waren ursprünglich nur zwölf Personen mit dem Infektionsschutz befasst, so Böhm. Die Mitarbeiter wurden auf 57 aufgestockt, zusätzlich wurden 30 Mitarbeiter aus anderen Bereichen der Stadtverwaltung ins Gesundheitsamt entsendet. Die IT-Abteilung der Stadt bastelte außerdem eine neue Datenbank, da die Excel-Listen angesichts der Masse an erfassten Corona-Infizierten nicht mehr ausreichten.

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Yvonne Buckow ist Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes.
Yvonne Buckow ist Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes.

© Ottmar Winter

Soldaten seien eine große Hilfe

Und schließlich kamen vor rund zwei Wochen noch 20 Soldaten aus dem Logistikbataillon in Beelitz dazu – was Böhm als ehemalige Bundeswehr-Medizinerin besonders freut. „Mit den Kameraden läuft es ausgesprochen gut“, so Böhm. Fünf der Männer sind am neuen Hauptstandort des Gesundheitsamts auf dem Gelände des Bergmann-Klinikums eingesetzt und dort unter anderem für die Bearbeitung von Bescheiden zuständig. Die übrigen 15 sind im wieder reaktivierten Haus 2 auf dem Rathauscampus eingesetzt – von dort werden alle Potsdamer, die offiziell in Quarantäne sind, täglich angerufen und zu ihrem Gesundheitszustand befragt.

Die Soldaten seien eine große Hilfe und hätten zu ihrer Freude die Männerquote im Amt deutlich gesteigert, so Böhm. Sie selbst war bereits als junge Frau bei der Bundeswehr, hat dort Medizin studiert und war unter anderem für den Infektionsschutz in den Kasernen zuständig. Seit 2016 ist sie Amtsärztin der Stadt Potsdam. Sie sei „21 Jahre bundeswehrsozialsiert“. Das hört man manchmal noch raus, wenn sie zum Beispiel von einer „besseren Schlagkraft“ spricht, die das Amt durch die Personalaufstockung hat.

Jetzt hofft Böhm, dass ihr Haus auch bald wieder die anderen gesetzlichen Aufgaben erfüllen kann. Zum Beispiel die Schuleingangsuntersuchungen, die wegen der Pandemie gestoppt werden mussten. Rund 200 Untersuchungen stünden noch aus, so Böhm. Sie gehe davon aus, dass diese vor dem Beginn des Schuljahres durchgeführt werden könnten. Und auch die Wasserqualität der Potsdamer Badestellen gehöre zu den Aufgaben, die bislang liegengeblieben sind. „Die Badesaison startet dieses Jahr ja später als sonst. Aber sie wird irgendwann starten.“

Lockerungen steht Böhm positiv gegenüber

Den Lockerungen, die nun nach und nach beschlossen werden – etwa in der Gastronomie, steht Böhm trotz des Risikos positiv gegenüber. Die Restaurantbetreiber in Potsdam seien schon vor dem Lockdown sehr vorbildlich mit den Abstandsregeln umgegangen, so Böhm. Ihr sei es lieber, wenn sie wieder öffneten, als wenn sich vor den Lokalen lange Schlangen für Take-Away-Essen bildeten.

Sie geht davon aus, dass alle die „Regeln trainiert“ und sich an die Abstandsregeln und die Maskenpflicht gewöhnt hätten. Das Osterfest mit strahlendem Sonnenschein habe gezeigt, wie diszipliniert die Potsdamer Bevölkerung sei. „Wir haben keinen Ostereffekt gesehen.“

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