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Die Hälfte ist geschafft. Die ersten Wohnungen der in den 1930er-Jahren erbauten Heidesiedlung sind fast fertig. Im Sommer soll mit dem zweiten Abschnitt begonnen werden.

© Klaer

Die Heidesiedlung in Babelsberg: Wohnen im Musterbeispiel

Eigentlich sollte die Heidesiedlung in Babelsberg verkauft werden. Die Mieter verhinderten das aber. Nun wird die Sanierung des Karrees sogar zu einem Modellprojekt.

Von Peer Straube

Babelsberg - Im Ringen um die sozialverträgliche Sanierung von fast 400 teils maroden Wohnungen hat die Pro Potsdam das erste Etappenziel erreicht. Am Mittwoch feierte die städtische Bauholding die nahende Fertigstellung des ersten Bauabschnitts der Heidesiedlung an der Großbeeren- und Pestalozzistraße. Insgesamt werden dort knapp 90 Altbauwohnungen denkmalgerecht und mithilfe von Fördermitteln saniert, sodass die Miete für die Bewohner vergleichsweise niedrig gehalten werden kann: WBS-Inhaber zahlen 5,50 Euro pro Quadratmeter Nettokaltmiete, die anderen Bestandsmieter 6,50 Euro. Im Juli sollen die ersten Bewohner einziehen können, danach wird bis Ende 2017 die andere Hälfte des Wohnkarrees saniert.

Die Stadtpolitik stoppte den Verkauf

Um die Zukunft der Heidesiedlung war lange gerungen worden. Vor sechs Jahren hatte die Pro Potsdam das Ensemble zusammen mit drei anderen Karrees – an der Gutenberg-/Behlertstraße, an der Großbeeren/Grünstraße und an der Einsteinstraße am Brauhausberg – zugesprochen bekommen, nachdem die Gerichte Rückübertragungsansprüche abgewiesen hatten. Eigentlich hatte die Pro Potsdam den größten Teil der Wohnungen verkaufen wollen, um damit die Sanierung und den Neubau anderer Wohnungen finanzieren zu können. Die Mieter der Heidesiedlung gingen gegen diese Pläne auf die Barrikaden – mit Erfolg. Die Stadtpolitik schloss sich den Forderungen der Mieter an und stoppte den Verkauf. Es folgten zähe Verhandlungen, an denen auch Brandenburgs Infrastrukturministerium beteiligt war. Dessen Förderzusage gab schließlich den Ausschlag dafür, dass ein Kompromiss zustande kam, mit dem alle Beteiligten leben können. Eine nicht unwesentliche Rolle spielte dabei der Fakt, dass das Areal am Findling zum Sanierungsgebiet erklärt wurde. Für die Beseitigung städtebaulicher Missstände in solchen Gebieten fließt Fördergeld in der Regel leichter und üppiger.

Von den acht Millionen Euro, die die Sanierung der Heidesiedlung kostet, muss die Pro Potsdam selbst nur 1,2 Millionen Euro aufbringen. Die Hälfte der Gesamtsumme kommt als Wohnraumförderung von der Landesförderbank ILB, das Infrastrukturministerium steuert rund eine Million aus der Städtebauförderung bei. 1,6 Millionen Euro reicht die Förderbank KfW als Darlehen aus. Nicht in diesem Paket enthalten ist die Sanierung des sogenannten Heidehauses, das als Einzelgebäude auf dem Platz vor der Siedlung steht. Die Instandsetzung kostet knapp eine halbe Million Euro, die zu 80 Prozent das Land und zu 20 Prozent die Stadt bezahlen. Der Clou: Nach dem Umbau soll das denkmalgeschützte Haus eine Begegnungsstätte nicht nur für die Bewohner der Heidesiedlung, sondern für alle Babelsberger werden. Eine entsprechende Vereinbarung wurde gestern von Stadt, Land, Pro Potsdam und dem künftigen Trägerverein Interlog e.V. unterzeichnet – ein Verein, der sich speziell für die Belange der Babelsberger engagiert. Dessen Chef Thomas Geisler versprach, aus dem Heidehaus einen Ort zu machen, an dem man sich „zu Hause fühlen könne“, einen Ort für jedermann aus dem Stadtteil. Geisler rief alle Babelsberger dazu auf, ihre Ideen für die Begegnungsstätte einzubringen. Auf der Basis dieser Vorschläge werde dann das Konzept erarbeitet. Die Sanierung des Heidehauses beginnt allerdings erst, wenn die Modernisierung der Wohnungen abgeschlossen ist, also Ende 2017, ein Jahr später soll das Begegnungshaus eröffnet werden.

Verhandelt wird derzeit noch über die Finanzierung der Instandsetzung der Infrastruktur – also der Straßen im Sanierungsgebiet, aber auch des Platzes rund um das Heidehaus. Knapp zwei Millionen Euro sind dafür nötig, 1,4 Millionen wolle das Land beisteuern, sagte Jürgen Schweinberger vom Infrastrukturministerium – und mahnte zugleich Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), rasch für eine entsprechende Kofinanzierung zu sorgen.

Die Wohnungen seien "total schön" geworden

Jakobs lobte gestern ausdrücklich die Kompromissbereitschaft aller Beteiligten. Man habe sich in einem Dilemma befunden: Aus kaufmännischer Sicht seien die Verkaufspläne der Pro Potsdam vernünftig gewesen. Auf der anderen Seite hätten die angestammten Mieter sich in einem solchen Fall die Mieten nicht mehr leisten können, weil die Sanierung von Denkmalen teuer sei.

Auch Katharina Tietz, Sprecherin der Mieterinitiative, ist mit dem Ergebnis zufrieden. Die Wohnungen seien „total schön“ geworden, sagte sie und lobte die „konstruktiven Gespräche“ mit der Pro Potsdam. Probleme gebe es dennoch, weil sich auch die 6,50 Euro Kaltmiete nicht alle alten Bewohner leisten könnten. Sie hoffe, dass auch dafür noch eine gute Lösung gefunden werde, so Tietz.

Jakobs wertete das Modell Heidesiedlung als „Musterbeispiel und Blaupause“ auch für die anderen drei ehemaligen Restitutionsquartiere. Auch dort laufen zum Teil schon Sanierungsarbeiten. Fast fertig sind die ersten 30 Wohnungen des Karrees in der Behlertstraße, die im Rahmen eines Modellprojekts mit minimalem Aufwand saniert wurden, um die Mieten auch dort bei 6,50 Euro deckeln zu können. Für dieses Quartier gibt es keine Fördermittel. Ob die restlichen 100 Wohnungen auch nach diesem Muster instandgesetzt werden können, werde nach Auswertung des Modellprojekts entschieden, sagte Pro-Potsdam-Geschäftsführer Jörn-Michael Westphal den PNN.

In den Karrees in der Einsteinstraße und in der Großbeeren-/Grünstraße soll hingegen nach demselben Muster wie in der Heidesiedlung verfahren werden. Für das erstere Projekt, das 145 Wohnungen umfasst und fast 18 Millionen Euro kostet, seien bereits Fördermittel beantragt, so Westphal. Für das andere, mit 52 Wohnungen erheblich kleinere Vorhaben, rechne man ebenfalls mit einem Landeszuschuss. Die Kosten liegen bei 5,7 Millionen Euro.

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