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Solche Silvestermüllreste dürften nach diesem Silvester kaum zu sehen sein

© Manfred Thomas

Die Corona-Lage in Potsdam am Donnerstag: Stadtweites Böllerverbot und fast leere Kirchen

Potsdam nähert sich jetzt der Corona-Inzidenz von 200. Oberbürgermeister Schubert plant daher weitere drastische Maßnahmen. Selbst auf das Schließen der Kitas bereitet sich die Stadt vor

Die auf neue Höchstwerte steigenden Corona-Infektionszahlen in Potsdam machen aus Sicht von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) neue Verschärfungen notwendig. Zu Silvester soll nun das bisher geplante Böllerverbot für einzelne belebte Straßen und Plätze auf den gesamten öffentlichen Raum des Stadtgebiets ausgeweitet werden. Das bestätigte ein Rathaussprecher am Donnerstagabend auf PNN-Anfrage. In der Sitzung des Corona-Krisenstabs solle am heutigen Freitag final dazu entschieden werden.

Böllerverbot im ganzen Stadtgebiet

Laut der aktuell gültigen Corona-Verordnung des Landes müssen Kommunen „die Untersagung der Verwendung von pyrotechnischen Gegenständen“ zu Silvester anordnen – und zwar auf denjenigen öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen, „auf denen der Mindestabstand von 1,5 Metern durch einen erheblichen Teil der anwesenden Personen nicht eingehalten wird oder aufgrund der räumlichen Verhältnisse oder der Anzahl der anwesenden Personen nicht eingehalten werden kann“. Die Stadtspitze will mit dem allgemeinen Verbot dafür sorgen, dass größere feiernde Gruppen nicht einfach auf Nebenstraßen ausweichen. Mit dem Verbot sollen bundesweit nicht nur Infektionen verhindert, sondern auch weitere, durch Böllerexplosionen schwerverletzte Personen in den ohnehin überlasteten Krankenhäusern vermieden werden.

Corona-Inzidenz bei fast 200

Donnerstagmorgen hatte die Stadt 77 weitere Infektionen mit dem Coronavirus gemeldet. Das entspricht nun einer Sieben-Tage-Inzidenz von 193,5 Infizierten auf 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche. In den Tagen zuvor lag dieser Wert bei rund 170. Mit den steigenden Zahlen nähert sich Potsdam schnell dem Inzidenzwert von 200, bei Kommunen laut Eindämmungsverordnung des Landes weitere „gezielte Schutzmaßnahmen“ ergreifen müssen. Dabei sind die Werte nur bedingt aktuell: Auf Testergebnisse wartete man zum Beispiel im Testzentrum Metropolishalle derzeit bis zu 72 Stunden, wie dort ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin-Brandenburg bestätigte. Knapp 1200 Potsdamer sind in Quarantäne.

Rathaus plant weitere Maßnahmen

Auf das Erreichen der 200er-Inzidenz will Schubert nicht ohne Gegenmaßnahmen warten, wie er den PNN am Donnerstagabend sagte. So prüfe er – dem Beispiel von Cottbus folgend – ob ein sogenanntes Großschadensereignis ausgerufen werden müsse. Dann könnten zum Beispiel Katastrophenschutzkräfte besser eingesetzt werden, und auch der Zugriff auf Klinikbetten sei einfacher. Man dürfe nicht auf die völlige Überlastung des hiesigen Kliniksystems warten, so Schubert. Auch über die Ausrufung des Großschadensereignisses soll heute im Corona-Krisenstab – der auch zwischen Weihnachten und Silvester tagen wird – entschieden werden.

Stille Nacht. Die Gottesdienste in Potsdams Kirchen – hier St. Peter und Paul – dürften zu Weihnachten sehr klein ausfallen.
Stille Nacht. Die Gottesdienste in Potsdams Kirchen – hier St. Peter und Paul – dürften zu Weihnachten sehr klein ausfallen.

© Ottmar Winter

Weihnachtsgottesdienste müssen noch einmal kleiner ausfallen

Mit den steigenden Corona-Zahlen werden auch die bisherigen Planungen für Behelfsgottesdienste am Weihnachtsabend noch einmal durcheinander gewirbelt. „Wir müssen wohl alles noch einmal über den Haufen werfen“, sagte Potsdams Superintendentin Angelika Zädow den PNN. Bisher plant der Kirchenkreis Potsdam mehr als 30 Veranstaltungen am Weihnachtsabend. Für den Montag kündigte Zädow nun eine Mitteilung an, was noch möglich sei – das müssten auch jeweils die Gemeindekirchenräte beschließen. „Wir müssen in dieser Lage Verantwortung übernehmen“, sagte sie mit Blick auch auf mögliche Digital-Gottesdienste. In den Corona-Richtlinien der Evangelischen Landeskirche heißt es, ab einer Inzidenz von 200 dürften Gottesdienste maximal 40 statt 60 Minuten dauern, auch Gemeindegesang wäre nicht möglich.

Rathauschef Schubert hat sich in der Frage schon positioniert. Er will von der Kirche beantragte Sondernutzungen auf öffentlichen Plätzen nicht genehmigen, sagte er und bestätigte einen Bericht der „Märkischen Allgemeinen“. Er bitte darum, auf bisher vorgesehene Outdoor-Gottesdienste für bis zu 700 Menschen zu verzichten. Auch Chöre könne man nicht zulassen. In der Eindämmungsverordnung des Landes wird die Zahl der Teilnehmer von Gottesdiensten nicht klar geregelt – dort ist aber eine Maskenpflicht vorgesehen, auch soll die Zahl der Teilnehmer bei „besonderen Infektionslagen“ reduziert werden; wie sehr, ist in der Verordnung nicht ausgeführt.

Immer mehr Patienten in den Kliniken

In den beiden Kliniken der Stadt müssen immer mehr Covid-Patienten behandelt werden. Am Donnerstagmorgen waren dort 79 Corona-Patienten untergebracht – fünf mehr als 24 Stunden zuvor und 20 mehr als noch vor einer Woche. Im Krankenhausverband West-Brandenburg (VCC) waren nach PNN-Informationen am Donnerstagabend nur noch zwei Covid-Normalbetten frei, allerdings mit der Option auf Erweiterungen – wenn andere Stationen dafür schließen. Die Intensivbetten waren zu 73 Prozent belegt.

Bürgerservice eingeschränkt, Notbetreuung wird vorbereitet

Auch vor diesem Hintergrund schaltet die Stadt sichtbar in den Krisenmodus. So wird der Bürgerservice eingeschränkt, teilte das Rathaus mit. Ab Montag gilt dort ein Notbetrieb, alle vereinbarten Termine vom 21. Dezember bis 8. Januar 2021 werden bis auf Eheschließungen storniert. Es würden nur unaufschiebbare Fälle bearbeitet, Termine müssen zuvor telefonisch vereinbart werden, hieß es.

Zugleich bereitet die Stadt die ab dem 4. Januar geplante Notbetreuung für Grundschulkinder vor, deren Eltern nicht den dann verpflichtenden Heimunterricht absichern können, weil sie zum Beispiel im Krankenhaus arbeiten. Dafür stünden laut Rathaus nun ab sofort unter www.potsdam.de entsprechende Anträge zur Verfügung, die auch vom jeweiligen Arbeitgeber bestätigt werden müssen. Diese sollen Eltern nun schon ausfüllen – mit der Einschränkung, dass das Landesbildungsministerium bisher noch nicht definiert hat, welche Berufsgruppen Anspruch auf Notbetreuung haben. Vorsorglich hat das Rathaus auch einen weiteren Antrag online gestellt, falls das Land wegen der Krise doch ab 4. Januar die Kitas schließen sollte. Hier war Brandenburg vom Bund-Länder-Beschluss zum Lockdown abgewichen und hatte es bei Appellen belassen, die Kinder zu Hause zu betreuen.

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