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Manchen Händlern im Stern-Center ist der Aufwand der Testpflicht zu hoch - sie lassen ihre Läden zu. 

© Andreas Klaer

Die Corona-Lage in Potsdam am Donnerstag: Händler kritisieren Potsdamer Testpflicht

Zu aufwendig, zu wenig Kapazitäten: Aus dem Einzelhandel kommt Kritik an der Testpflicht ab Samstag. Die Inzidenz bleibt in Potsdam unter 100, dm öffnet zwei Testzentren. Die Lage am Donnerstag. 

Potsdam - Mit Verunsicherung und in vielen Fällen auch Ablehnung reagieren Potsdamer Händler auf die angekündigte Testpflicht für den Einzelhandel ab Samstag. „Dem Handel wird das Leben zusätzlich erschwert“, sagte der Manager des Stern-Centers, Frank Kosterka auf Anfrage. Nur mit Test zum Shoppen: Das sei kundenunfreundlich – er fürchtet, dass die Potsdamer stattdessen ins Umland oder nach Berlin zum Einkaufen fahren. Bedenken hat er auch aufgrund der Testkapazitäten. Derzeit kämen mehrere tausend Menschen täglich zum Shopping ins Stern-Center. 

Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hatte bei der Ankündigung der Maßnahme am Mittwochabend argumentiert, die Testpflicht sei die letzte Chance, um erneute Schließungen der Geschäfte zu vermeiden. Kosterka hält dem entgegen, die zusätzliche Hürde dämpfe die vermutlich letzten starken Verkaufstage vor dem nächsten Lockdown. „Das ist eine Katastrophe für die Händler“, so Kosterka. Einige Betreiber von Geschäften haben ihm gegenüber schon angekündigt, den Zusatzaufwand durch die Kontrolle der Tests am Eingang nicht leisten zu können – sie planen, die Läden ab Samstag lieber zu zulassen. 

Inzidenz bleibt unter 100

Wie berichtet müssen die Geschäfte laut aktueller Landeseindämmungsverordnung wieder schließen, wenn der Corona-Inzidenzwert drei Tage hintereinander über 100 liegt. Noch liegt der Wert knapp darunter und ist im Vergleich zum Vortag sogar gesunken. Am Donnerstag meldete die Stadt eine Inzidenz von 93,7 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Am Vortag waren es noch 99,8. 25 Positiv-Tests wurden neu gemeldet. Aktuell befinden sich nach Angaben der Stadt 1062 Kontaktpersonen in Quarantäne – rund 300 mehr als noch vor einer Woche. 

Neben einem Termin brauchen Kunden ab Samstag zum Einkaufsbummel einen negativen Coronatest. 
Neben einem Termin brauchen Kunden ab Samstag zum Einkaufsbummel einen negativen Coronatest. 

© Ottmar Winter PNN

Auch der Manager der Bahnhofspassagen, Carsten Paul, schaut ständig mit Sorge auf die Inzidenz. Er stimmt der Argumentation des Oberbürgermeisters zu: „Bevor wir komplett zu machen müssen, finde ich es gut, etwas Neues, Pragmatisches auszuprobieren.“ Zwar sei die Testpflicht eine neue Hürde. „Wir versuchen das und werden sehen, ob und wie die Kunden das annehmen.“

"Die Hürde ist zu hoch"

Daran haben viele Innenstadthändler Zweifel. „Ich fürchte, die Hürde ist zu hoch“, sagt Anke Laube, Inhaberin des Spielzeug- und Kinderkleidungsgeschäfts Kinderkram in der Dortustraße. Sie fürchtet, dass die Kunden ausbleiben, vor allem weil das Testen so unkompliziert nicht ist. „Ich selbst hätte bei einem Test kürzlich 45 Minuten warten müssen“, beschreibt sie. 

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Ähnlich schätzt auch eine Verkäuferin des Esprit-Shops in der Brandenburger Straße die Lage ein. „Prinzipiell ist das eine gute Sache für die Infektionssicherheit. Aber ich fürchte, dass viel weniger Kunden kommen“, sagt sie. Ein Blick in die Terminliste für das Click&Meet scheint das zu belegen: Freitag sei fast ausgebucht, Samstag noch kein einziger Termin vergeben, so die Verkäuferin. 

Auch Goldschmiedin Miriam Haedler, die ihr Geschäft in einem Hinterhof der Brandenburger Straße führt, ist pessimistisch: „Das bedeutet das absolute Aus.“ Auch sie hat die Schlangen an den Testzentren gesehen und glaubt nicht daran, dass die Potsdamer sich einreihen, um Einkaufen zu gehen. 

Forderung nach Ausnahmen

Kritik kam auch von der Handwerkskammer - ihr geht es insbesondere darum, dass die Testpflicht auch Baumärkte betrifft. "Handwerksbetriebe dürfen in Potsdam bei der Materialbeschaffung in Baufachmärkten nun nur noch mit aktuellem Testnachweis einkaufen. Das ist überzogen", Ralph Bührig, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Potsdam. Er forderte Ausnahmeregelungen für Gewerbetreibende. 

Die Nachfrage nach Testterminen ist jedenfalls hoch: Bei mehreren Apotheken, die die kostenlosen Schnelltests anbieten, sind die Termine bis Mitte kommender Woche ausgebucht. Beim Testcenter Kutschstallhof am Neuen Markt sind dagegen noch Termine verfügbar. Ebenfalls noch nicht ausgebucht sind zwei neue Teststellen: Seit dem gestrigen Donnerstag hat die Drogeriekette dm zwei Schnelltest-Zentren eröffnet. In der Filiale am Campus am Filmpark in der Marlene-Dietrich-Allee 15b sowie in der Potsdamer Straße 177 in Bornstedt können nun werktags von 9 bis 17 Uhr online Testtermine im Fünfminutentakt gebucht werden. 

Aus dem Ortsbeirat Groß Glienicke wird unterdessen für den Potsdamer Norden eine weitere Teststelle gefordert. Am Montag soll eine entsprechende Bitte an den Oberbürgermeister auf Antrag von Andreas Menzel (BVB/Freie Wähler) in einer Sondersitzung beschlossen werden.

Zumindest nach einigen Facebook-Kommentaren zu urteilen, haben so manche Potsdamer ihre Entscheidung für oder gegen Shopping mit Test schon getroffen: „Dann gehe ich doch lieber online einkaufen.“ 

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