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Die Maskenpflicht ist in Potsdam wieder ausgeweitet worden

© Ottmar Winter

Die Corona-Lage in Potsdam am Dienstag: Was der Oster-Lockdown für Potsdam bedeutet

Krankenhäuser, Gottesdienste und Modellversuche: So geht Brandenburgs Landeshauptstadt mit dem Bund-Länder-Beschluss um.

Potsdam - Welche Folgen hat der Beschluss der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz mit der Bundeskanzlerin für Potsdam? Die PNN beantworten in einem Überblick wichtige Fragen.

Wann werden in Potsdam die seit zwei Wochen geltenden Lockerungen zurückgenommen?

Das hängt an der lokalen Inzidenz. Mit am Dienstagmorgen gemeldeten 23 Neuinfektionen hat Potsdam die kritische Inzidenzmarke von 100 fast erreicht – der Wert beträgt nun 98,2. Für Brandenburgs Kreise und kreisfreie Städte gilt seit Montag eine verschärfte Festlegung zur Eindämmung der Corona-Pandemie: Sobald dort der Sieben-Tage-Inzidenzwert von 100 an drei aufeinanderfolgenden Tagen überschritten wird, müssen regional Einschränkungen für mindestens 14 Tage vorgenommen werden. Das würde zum Beispiel Museen und Läden betreffen. 

Der Inzidenztrend zeigt dabei nach oben. Zur Erinnerung: Am Dienstag vor einer Woche lag die Inzidenz bei 59,3. Der Anstieg seitdem beträgt also rund 66 Prozent, hier dürften bereits die zuvor erfolgten Lockerungen – etwa bei Schulen – in die Zahlen hereinspielen. Und zum Vergleich: Zwischen dem 9. März und dem 16. März stieg die Inzidenz von 41,6 auf 59,3, dies war ein Anstieg von knapp 43 Prozent. In die Klinikbelegungen schlagen die steigenden Zahlen noch nicht signifikant durch: 22 Covid-Patienten liegen dort derzeit, neun davon auf der Intensivstation.

Bekommen Krankenhäuser mehr Geld?

Potsdamer Krankenhäuser hatten zuletzt mehrfach erhebliche finanzielle Belastungen im Zuge der Krise beklagt – so war zum Beispiel das Bergmann-Klinikum aus dem Rettungsschirm des Bundes gefallen, weil die Inzidenz in der Stadt unter 70 gefallen war. Im neuen Bund-Länder-Beschluss heißt es nun, man wolle unter anderem die Zahl der für Ausgleichszahlungen anspruchsberechtigten Krankenhäuser durch Absenkung des besagten Inzidenzwertes ausweiten – voraussichtlich auf 50. In einer ersten Reaktion zeigte sich Klinik-Geschäftsführer Tim Steckel zurückhaltend: „Dieses erste Nachsteuern des Rettungsschirms ist natürlich besser als keine Anpassung.“ 

Doch sei der bisher gezahlte Ausgleichswert eben „an sich nicht auskömmlich“, um die Vorhaltekosten eines Zentralversorgers wie dem Bergmann-Klinikum zu decken – gerade mit Blick auf nötige Schutz-, Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen. Zudem bemesse sich der Krankenhaus-Rettungsschirm weiter an der lokalen Inzidenzlage – obwohl man ein viel größeres Einzugsgebiet versorge. Ein Sprecher des St. Josefs-Krankenhauses sagte, bei erster Betrachtung begrüße man den Beschlussansatz: Allerdings gebe es noch keine rechtsverbindlichen Entscheidungen.

Das Pianistenduo „Tastdem“ nutzte am Dienstag die Stadt als Bühne. Es musizierte auf seinem fahrbaren Piano im Zentrum - ein musikalisches Zeichen gegen die Pandemie
Das Pianistenduo „Tastdem“ nutzte am Dienstag die Stadt als Bühne. Es musizierte auf seinem fahrbaren Piano im Zentrum - ein musikalisches Zeichen gegen die Pandemie

© Ottmar Winter

Finden Ostergottesdienste statt?

In Potsdam ist noch unklar, wie Kirchenvertreter mit der Bitte aus dem Bund-Länder-Beschluss umgehen, an Ostern auf Präsenzgottesdienste zu verzichten und diese online stattfinden zu lassen. So sagte die evangelische Superintendentin Angelika Zädow den PNN, mit Erstaunen habe sie „diese Bitte zur Kenntnis genommen“. Zur Zeit sei die Landeskirche dabei, wohl bis Donnerstag eine Orientierung zu erarbeiten. In Potsdam sind für Ostern bereits etliche Gottesdienste geplant, auch von den evangelischen Gemeinden der Stadt. 

Der Propst der katholischen St. Peter und Paul-Gemeinde, Arnd Franke, sagte: „Wir werden rechtzeitig Anweisungen durch den Generalvikar des Erzbistums Berlin erhalten.“ Bundesweit hatten Kirchenvertreter reserviert reagiert, denn eigentlich wolle man an Ostern Präsenzgottesdienste unter Einhaltung der Corona-Regeln abhalten. Der Imam des Vereins der Muslime in Potsdam, Kamal Mohamad Abdallah, sagte den PNN, man sei damit beschäftigt, eine möglichst optimale Lösung zu finden, wie man das umsetzen könne.

Wie reagiert die lokale Wirtschaft?

Die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB) hat die Beschlüsse des Corona-Gipfels scharf kritisiert. „Verbieten, bremsen, schließen – viel mehr fällt der Politik offenbar nicht ein. Dem Ende der Pandemie wird uns das nicht näher bringen“, teilte UVB-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck mit. „Mit dem nochmaligen verschärften Lockdown riskiert die Politik, dass noch mehr Unternehmen und Arbeitsplätze verloren gehen“, so Amsinck. 

Schon vor dem Gipfel hatte der Chef der Potsdamer Industrie- und Handelskammer, Peter Heydenbluth, sich gegen eine Testpflicht in der Wirtschaft ausgesprochen: „Es darf kein neues bürokratisches Gebilde entstehen, denn kein Arbeitgeber dürfte seine Belegschaft zu Tests zwingen und über private Tests, die über den Einzelhandel verkauft werden, gibt es gar keine Nachweise.“ Wichtig sei der Wirtschaft, dass zügig und in großen Mengen geimpft wird. „Das muss die Politik jetzt organisieren und sich dazu jegliche Hilfe holen.“ Viele Fragen seien auch zum Oster-Lockdown offen, hieß es aus der IHK – etwa ob für die geplanten Ruhetage und mögliche Feiertagszuschläge nun der Staat oder die Unternehmen aufkommen müssten.

Testcenter wie in der Birnbaum-Apotheke im Bornstedter Feld werden derzeit stark nachgefragt
Testcenter wie in der Birnbaum-Apotheke im Bornstedter Feld werden derzeit stark nachgefragt

© Sabine Schicketanz

Doch eine Modellkommune Potsdam?

Die Landeshauptstadt Potsdam kann sich wieder Hoffnung machen, dass hier ein Modellversuch wie in der Stadt Tübingen in Baden-Württemberg erlaubt wird, wo man mit Hilfe von Schnelltests erprobt, wie sich zum Beispiel auch die Gastronomie wieder sicher öffnen lässt. Denn im aktuellen Bund-Länder-Beschluss von der vergangenen Nacht ist eindeutig festgehalten, dass „zeitlich befristete Modellprojekte“ möglich sind, mit denen die Bundesländer „in einigen ausgewählten Regionen, mit strengen Schutzmaßnahmen und einem Testkonzept einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens öffnen“ können - „um die Umsetzbarkeit von Öffnungsschritten unter Nutzung eines konsequenten Testregimes zu untersuchen“. 

Zentrale Bedingungen dabei sind unter anderem „lückenlose negative Testergebnisse als Zugangskriterium“, „IT-gestützte Prozesse zur Kontaktverfolgung und ggf. auch zum Testnachweis“ und „klare Abbruchkriterien im Misserfolgsfalle“. Noch am vergangenen Freitag hatte das brandenburgische Gesundheitsministerium Potsdams Werben für so einen Modellversuch vorerst zurückgewiesen – nun soll zumindest die Umsetzung von Modellprojekten in die neue Eindämmungsverordnung aufgenommen werden, hieß es aus der Staatskanzlei. 

Regierungssprecher Florian Engels sagte den PNN: „Die damit zusammenhängenden Fragen müssen noch im Detail geklärt werden.“ Entscheidend werde auch die örtliche Inzidenz sein, sagte er. Potsdam hat für ein solches Modell wie berichtet bereits einen Vertrag mit den Entwicklern der Luca-App abgeschlossen. Die App dient der Kontaktnachverfolgung von Infizierten. Gleichwohl sind zuletzt auch im Vorbildlandkreis Tübingen die Corona-Werte über die 50er Inzidenz auf 70 gestiegen.

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Welche anderen Folgen gibt es?

Im Sport ist die Enttäuschung groß – beispielsweise schwindet beim Nordostdeutschen Fußball-Verband die Hoffnung auf eine Fortsetzung der Regionalliga, in der auch der SV Babelsberg 03 spielt. „Die Konzeptlosigkeit der gesamten Politik lässt unsere Regionalliga-Pläne in weite Ferne Rücken“, sagte NOFV-Präsident Hermann Winkler. „Es muss alles auf den Prüfstand. Ich kann einen Abbruch nicht mehr ausschließen.“

Mehr Tests an Schulen

Wegen fehlender Schnelltests an Schulen greift die Stadt Potsdam dem Bildungsministerium unter die Arme – und liefert bis Mittwoch 6000 Test-Kits an die derzeit von Corona-Ausbrüchen besonders betroffenen weiterführenden Schulen. Das teilte das Rathaus am Dienstag mit. „Unter diesen Bedingungen kann der Schulbetrieb im Wechselmodell bis zu den Osterferien aufrechterhalten werden“, hieß es. Das Ministerium soll die Tests dann der Stadt, wenn es selbst wieder Testkits angeliefert bekommt, zurückerstatten. 

Wie berichtet hatte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) gedroht, die Schulen ohne Tests zu schließen. Insgesamt gebe es derzeit 26 infizierte Schüler und zwei betroffene Lehrer, hieß es. Dazu sind fast 300 Schüler in Quarantäne. Eine Testpflicht, wie sie die Stadt Cottbus für Kitas und Schulen eingeführt hat, ist in Potsdam nach PNN-Informationen bisher nicht vorgesehen. In der Lausitzstadt dürfen Kinder die Einrichtungen nur noch mit negativem Testergebnis betreten.

Mehr Tests für Bürger

Zugleich arbeitet die Stadtverwaltung an einer Erweiterung der Testmöglichkeiten für Bürger, erklärte eine Stadtsprecherin den PNN auf Anfrage. Details nannte sie noch nicht. Wie berichtet hat die Stadt eine kommunale Schnellteststrategie aufgelegt, die über Bundesregelungen hinausgeht – demnach kann sich jeder Potsdamer auf Kosten der Stadt pro Woche zwei- statt einmal kostenlos testen lassen. Dies kann an derzeit 17 Partnerapotheken und Testzentren geschehen. 

Zuletzt waren Forderungen aus der CDU und vom Ortsbeirat Groß Glienicke laut geworden, dass gerade in den nördlichen Ortsteilen noch Teststationen fehlen. Auch in Babelsberg gibt es noch keine Möglichkeit. Auffällig: Bei jenen Teststationen, an denen man sich mittels Online-Termin testen lassen kann, sind diese zum Teil bereits bis in die nächste Woche ausgebucht. Eine Übersicht dazu findet sich unter www.potsdam.de.

Ein aktuelles Graffiti vom Schlaatz
Ein aktuelles Graffiti vom Schlaatz

© Ottmar Winter

Warum ist ein Aufsichtsrat in Quarantäne?

Der Aufsichtsrat der Energie und Wasser Potsdam (EWP) ist in Corona-Quarantäne versetzt worden. Nach PNN-Informationen hat dies das Gesundheitsamt der Stadt verfügt. Davon betroffen ist unter anderem ein Teil der Geschäftsführung der kommunalen Stadtwerke und ihrer Tochter EWP, aber auch der Chef des Gremiums, Potsdams Kämmerer Burkhard Exner (SPD). 

Auch mehrere Stadtverordnete verschiedener Fraktionen gehören dem Gremium an, dass sich am vergangenen Donnerstag zu einer Präsenzsitzung getroffen hatte – am Montag war nach einem PCR-Test eine Corona-Infektion bei einem Teilnehmer festgestellt worden. Eine Stadtsprecherin erklärte dazu auf Anfrage, zu Beginn der Sitzung hätten sich eigentlich alle 17 Teilnehmer einem Schnelltest unterzogen, der auch in allen Fällen negativ ausgefallen sei. Die Quarantäne gelte laut Gesundheitsamt für alle Teilnehmer, hieß es. 

Die Nachricht dürfte auch die Diskussion über Vor-Ort-Treffen der Stadtpolitik in Corona-Zeiten anheizen. So will sich am Mittwoch der Hauptausschuss der Stadtverordneten zu einer Sitzung im Treffpunkt Freizeit treffen, laut Tagesordnung sind stundenlange Debatten zu erwarten.

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