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Das Haus E des Potsdamer Klinikums "Ernst von Bergmann", in dem die Covid-Station untergebracht ist. 

© Ottmar Winter

Die Corona-Lage in Potsdam am Dienstag: Warum Potsdams Krankenhäuser mit Sorge auf Weihnachten blicken

Die steigenden Corona-Infektionszahlen in Potsdam werden in den Krankenhäusern genau verfolgt - weil sich besonders betroffene Patienten erst mit tagelanger Verzögerung einliefern lassen, steht die wirkliche Belastungsprobe noch bevor

Potsdam - Das Coronavirus breitet sich in der Stadt aus, die Krankenhäuser müssen ihre Kapazitäten erweitern: Vor dem Beginn des bundesweiten Lockdowns am heutigen Mittwoch ist die Lage in Potsdam angespannt. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz stieg am Dienstag auf einen neuen Rekordwert von 171,9. Damit wurde nach Tagen einer scheinbar leichten Entspannung der bisherige vom Montag vor einer Woche - 170,8 - knapp überboten.

82 neue Infektionen

So meldete die Stadt 82 neue Infektionen. Darunter befanden sich allerdings noch 30 Nachmeldungen vom Wochenende, die bisher statistisch nicht erfasst wurden. Das Infektionsgeschehen sei weiter diffus, hieß es aus dem Rathaus. Mehr als 1100 Potsdamer sind in Quarantäne. Angesichts der Ansteckungswelle müssen immer mehr Potsdamer behandelt werden. Daher muss nun das städtische Klinikum „Ernst von Bergmann“ seine Kapazitäten für schwer kranke Covid-Patienten weiter hochfahren. Schon am Montagabend waren auf der Corona-Station 41 der 42 verfügbaren Betten für die Normalversorgung und alle 16 verfügbaren Intensivbetten belegt, sagte Klinikum-Geschäftsführer Hans-Ulrich Schmidt den PNN. Nun habe man um sechs Betten auf der Normalstation erweitert und bereite eine weitere Aufstockung vor. Maximal seien 128 Betten möglich.

Das Klinikum muss aufstocken

Denn Schmidt rechnet damit, dass trotz des beginnenden Lockdowns die Zahl der Covid-Patienten noch steigen wird. „Zu Weihnachten und Silvester werden wir mehr Covid-Patienten haben als jetzt, denn wir rechnen mit ein bis zwei Wochen sogenanntem Nachlauf nach den Inzidenzen.“
 Das bedeutet: Die jetzt stark ansteigende Zahl der Infizierten macht sich erst rund zehn bis 14 Tage und auch noch drei Wochen später in den Kliniken bemerkbar – im Verlauf der Infektion erkranken viele Patienten nach einer solchen Zeit schwer. Mitte Januar „werden wir wissen, wo wir stehen“, meinte der Klinikum-Chef. Derzeit sei man aber „immer noch vor der Lage“.

Ein Mitarbeiter bereitet einen Beatmungsautomat auf der Covid-Station im Bergmann-Klinikum für die Behandlung vor.
Ein Mitarbeiter bereitet einen Beatmungsautomat auf der Covid-Station im Bergmann-Klinikum für die Behandlung vor.

© Andreas Klaer

Damit dies so bleibe, habe man sich im Krankenhausverbund, dem Versorgungscluster Corona (VCC) West-Brandenburg, verständigt, kurzfristig um 56 Covid-Betten aufzustocken. Zum VCC-West gehören 18 Krankenhäuser, das Bergmann-Klinikum ist als regionaler Schwerpunktversorger mit unter normalen Umständen rund 1000 Betten federführend. Es gebe eine „hohe Solidarität“ unter den Häusern, das VCC-West sei „elementar wichtig“ für die medizinische Versorgungssicherheit in der Pandemie, sagte Bergmann-Chef, so Schmidt.

Covid-Patienten aus Südbrandenburg wohl bald in Potsdam

Doch künftig könnten die Covid-Patienten nicht nur innerhalb der regionalen Krankenhaus-Verbünde verteilt werden, sondern landesweit. Dabei scheint die Richtung klar: Die Krankenhäuser im schwer von der Pandemie betroffenen Süden – die Sieben-Tage-Inzidenz in Oberspreewald-Lausitz liegt bei 575 – ächzen unter der Last der Versorgung so vieler schwer kranker Menschen. Verlegungen in den Norden und auch nach Potsdam könnten bald regelmäßig nötig sein. Wichtigster Punkt bei der medizinischen Versorgung der Infizierten ist die Personallage. In allen Krankenhäusern seien immer mehr Mitarbeitende selbst infiziert, in Quarantäne oder andersweitig erkrankt. Und jetzt kommt auch noch die unklare Lage bei Kitas und Schulen dazu - Eltern sollen ihre Kinder bekanntlich zuhause lassen, eine echte Notbetreuung für Eltern in systemrelevanten Berufen gibt es jedoch wiederum noch nicht. Man suche daher aktuell auch nicht-medizinische Helfer – und habe schon elf neue Mitarbeiter kurzfristig finden können, so Schmidt. Dabei ist die Betreuung von Covid-Patienten besonders personalintensiv; auch deshalb fahren die Krankenhäuser alle anderen nicht absolut nötigen Behandlungen und Eingriffe drastisch zurück. Die Akut- und Notfallmedizin in allen Fachgebieten bleibe in Potsdam aber erhalten. "Weiße", also nicht infizierte Patienten beispielsweise aus der Geriatrie sollen nun in Reha-Kliniken verlegt werden, um Ressourcen frei zu machen.

"Vollauslastung" im St. Josefs

An der Grenze ist bereits das kleinere St. Josefs-Krankenhaus mit 15 Normal- und zwei Corona-Intensivpatienten. „Damit fahren wir in Vollauslastung unserer Covid-Behandlungskapazitäten“, sagte ein Sprecher den PNN. Wie das Bergmann müsse man sich auch weiter um Patienten mit Schlaganfällen, Herzinfarkten oder Krebs kümmern. Daher würden nun nur Operationen durchgeführt, „deren Verschieben nicht vertretbar ist“. Gleichwohl werde man diese Woche eine Chirurgie-Station vom Netz nehmen, um zusätzliche Covid-Kapazitäten zu schaffen – das bedeute eine Bettenreduzierung von 244 auf 154.

Kampf gegen Corona in Seniorenheim

Zugleich kämpft der St. Josefs-Träger, die katholische Alexianer GmbH, mit einem Ausbruch im St. Franziskus-Pflegeheim im Bornstedter Feld, wo 62 der 130 Bewohner infiziert sind. Bei fünf Bewohnern sei der Krankheitsverlauf inzwischen schwerer – auch wegen ihres Allgemeinzustandes und vieler Vorerkrankungen, sagte er. Für das Haus besteht ein Besuchsverbot, der Kontakt mit den Angehörigen wird telefonisch gehalten.

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